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Anandamid macht Patientin schmerzlos

Leafly: Alexandra Latour Autor:
Alexandra Latour

Wir sind im British Journal of Anaesthesia auf einen interessanten Bericht gestoßen: Eine genetische Funktionsstörung in einem bestimmten Enzym, dass das Endocannabinoid Anandamid abbaut, hat eine Patientin schmerzunempfindlich gemacht.

Anandamid macht Patientin schmerzlos

Schmerzlos dank hoher Anandamid-Konzentration im Körper? Ja, von einem solch einem Fall wird jetzt berichtet. Eine 67-jährige Frau aus Schottland erhielt eine Hüftendoprothese und ein Jahr später musste sie sich einer schmerzhaften Trapezektomie unterziehen. Den Ärzten fiel auf, dass die ältere Dame ohne Schmerzmittel auskam. Außerdem sei die Patientin ungewöhnlich gut gelaunt gewesen.

Die Ärzte untersuchten die Patientin und entdeckten bei der körperlichen Untersuchung viele Narben auf der Rückseite der Hände sowie auf den Armen. Bei der Befragung gab die Patientin an, dass sie sich öfter verletze und dass sie Verbrennungen meist erst dann merke, wenn es schon zu spät sei, bzw. wenn sie den Geruch des verbrannten Fleisches wahrnehme. Weiter berichtete sie, dass diese Verletzungen sie nicht weiter stören und dass diese schnell abheilen würden. Zudem gab sie an, scharfe Gewürze zu lieben. So würden selbst Scotch-Bonnet-Chilis, eine der schärfsten Pepper-Sorten, bei ihr ein angenehmes „Glühen“ im Mund verursachen, was sie als angenehm empfinde.

Schmerzunempfindlichkeit und ein heiteres Gemüt

Den behandelnden Ärzten fiel auch auf, dass die ältere Dame stets gut gelaunt und sehr gesprächig war. Laut dem Bericht erzielte die Patientin in den Fragebögen General Anxiety Disorder 7 (GAD-7 – Fragen zu Angststörungen) und Patient Health Questionnaire 9 (PHQ-9 – Fragen zu Depressionen) die besten Ergebnisse. Hierzu gab die Patientin an, dass sie ein Optimist sei. Auch bei einem Autounfall, den sie vor kurzem miterlebte, geriet sie trotz der gefährlichen Situation nicht in Panik.

Jedoch berichtete die Patientin auch, dass sie öfter Gedächtnisprobleme habe. So verlege sie ständig ihre Schlüssel und manchmal vergesse sie mitten im Satz die Worte.

Schmerzunempfindlichkeit dank hoher Anandamid-Konzentration

Die Ärzte überwiesen die ältere Dame an die Molecular Nociception Group am University College London. Hier ließ man die Exome der Patienten, ihrer beiden Kinder und ihrer Mutter sequenzieren. Auf dem Chromosom 1, das in der Nähe des FAAH-Gens liegt, fanden die Forscher dann zwei genetische Veränderungen.

Die Fettsäureamid-Hydrolase (FAAH; synonym: Anandmid Amidohydrolase) ist ein Enzym aus dem Fettstoffwechsel, das am Endocannabinoidsystem beteiligt ist. Unter anderem spaltet die FAAH das Endocannabinoid Anandamid in Arachidonsäure (ungesättigte Fettsäure) und Ethanolamin. Gebildet wird die FAAH vor allem im Gehirn, in der Bauchspeicheldrüse, in der Niere sowie in der Skelettmuskulatur. Kommt es zu einer Stresssituation, wird die FAAH in der Amygdala (Teil des limbischen Systems im Gehirn) aktiviert. Infolge dessen nimmt die Anandamid-Konzentration ab. Deshalb ist die FAAH unter anderem an der Regulation von Angstzuständen beteiligt.

Da bei der Patientin im FAAH-Gen eine genetische Veränderung festgestellt wurde, wird das Anandamid nicht ausreichend abgebaut, was dazu führt, dass sie kaum Schmerzen empfindet und stets gut gelaunt ist. Doch das Ganze hat auch eine Kehrseite, denn sowohl Schmerz als auch Angst sind wichtige „Signale“, die eine Schutzfunktion haben.

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