Die Apotheke LUX 99 in Hürth bei Köln liefert täglich Medikamente an Patienten in Hürth, im gesamten Rhein-Erft-Kreis und in Köln aus. Der Inhaber Tobias Loder erklärte in einem Interview, dass er bereits seit dem Jahr 2014 Patienten mit Medizinalhanf versorge. Auf die Frage, wie es dazu kam, erklärte er:
„Per Gerichtsurteil. Aber nicht ich habe geklagt, sondern ein Akut-Schmerzpatient. Die Richter gaben ihm recht, dass er Cannabis nehmen darf. Er musste daraufhin dem Gericht eine Liefer-Apotheke benennen und da kam er zu mir und hat mich gefragt, ob ich sein Apotheker sein will. So bin ich überhaupt erst dazu gekommen“, so Loder.
Des Weiteren wurde Loder gefragt, wie denn der normale Weg aussehe, wenn ein Patient der Meinung sei, dass ihm Cannabis helfen könne. Hierauf erklärte Loder zunächst die aktuelle Rechtslage und führte zudem an, dass sich die meisten Ärzte nicht mit Cannabis auskennen.
„Woher auch? Das Wissen ist seit 1941, als es Cannabis zuletzt in den Apotheken gab, schlicht verloren gegangen. Es existieren über hundert Pflanzensorten, die Wirkungen können kombiniert werden oder über den Tag unterschiedlich verteilt. Zum Beispiel morgens etwas zur Muskelentspannung und abends zum Einschlafen ein Mittel zur Schmerzlinderung. Aber das muss man ausprobieren, da muss man mit dem Patienten gemeinsam Erfahrungen sammeln,“ erklärte Loder.
Patienten kennen sich besser aus mit Cannabis als Ärzte
Weiter erklärte Loder, dass die Patienten weit mehr über Cannabis wissen als Ärzte oder Apotheker. Entweder deswegen, weil sie es selbst seit Jahren nehmen oder weil sie irgendwo etwas über Medizinalhanf gelesen haben.
„Mit dieser Situation, sich etwas sagen zu lassen, kommen manche Ärzte nicht gut klar und lassen lieber ganz die Finger davon. Zumal es für den Arzt schwierig ist, auf das Rezept zu schreiben, wie Produkt und Hersteller heißen, so wie wir es in Deutschland eben von herkömmlichen Medikamenten gewöhnt sind,“ erklärte Loder.
Hier sieht Loder eine klassische Aufgabe für alle Apotheker. Denn wenn nicht in einer Apotheke, wo sollen die Patienten denn sonst beraten werden? Dies sei eine große Herausforderung, das in Deutschland zu regeln, so Loder. Weiter erklärte er, dass sich die kanadischen Apotheken diesem Prozess verweigert hätten, sodass alles über die Cannabisproduzenten laufe (Leafly berichtete). In Deutschland sei dies seines Erachtens verboten.
Kein Medizinalhanf in der Apotheke vorrätig
In dem Interview wurde Loder gefragt, ob man das Medizinalhanf jederzeit vorrätig habe. Hierauf antwortete er:
„Nein, wir können nicht alles auf Lager legen, die Ware ist nur begrenzt haltbar. Der Patient muss vorher anfragen, ob das gewünschte Medikament auch vorrätig ist. Ein BtM-Rezept ist nur sieben Tage gültig.“
Webseite mit live Verfügbarkeitsdaten
Dann erklärte Loder, dass er nun eine eigene Webseite habe, auf der sich Ärzte und Patienten über den tagesaktuellen Bestand informieren können. Diese Seite werde regelmäßig aktualisiert und gibt Auskunft über die Cannabissorten, Packungsgrößen und Lieferfristen. Die ersten Reaktionen auf das Angebot der Apotheke seien sehr positiv gewesen.
Krankenkassen zahlen etwa für zwei Drittel der Fälle
Loder wird auch darauf angesprochen, ob die Krankenkassen die Kosten für Medizinalhanf anstandslos übernehmen. Hierauf antwortete er:
„Anstandslos schon mal nicht. Es gab viele Klagen, nachdem zunächst fast alle Anträge abgelehnt wurden. Inzwischen zahlen die Krankenkassen etwa für zwei Drittel der Fälle. Wenn man bedenkt, dass dafür andere Medikamente wegfallen, die erhebliche Nebenwirkungen haben und auch teuer sind, ist das gut. Daraus erklärt sich aber auch, warum Cannabis mächtige Feinde hat. Die Pharmalobby will der Rückkehr dieser uralten Kulturpflanze nicht widerstandslos zusehen.“