Was läuft gut und wo gibt es bei pharmazeutischem Cannabis aus der Apotheke noch Verbesserungsbedarf? Bei einem Kleingruppen-Workshop des kanadischen Cannabis-Herstellers Wayland in München diskutierten fünf Apotheker, die erfahren sind in Sachen Cannabis als Medizin. Wichtige Themen für die Pharmazeuten sind weiterhin die unsichere Liefersituation und der große Arbeitsaufwand.
Mit im Diskussionspanel saßen:
- Ulrich Koczian, Vizepräsident der Bayerischen Landesapothekerkammer
- Florian Heimann, Filialleiter Lux-Apotheke in Hürth
- Dr. Christian Pacher, Inhaber der Süd-Apotheke in Ingolstadt
- Dominik Bauer, Marien Apotheke in Marktredwitz
- Dr. Bernd Grünberg, Inhaber der Eber-Apotheke in Ebersberg
Therapie mit Cannabisblüten
Die Behandlung mit Cannabisblüten hat für die beim Workshop diskutierenden Apotheker ihre Berechtigung: Beim „richtigen“ Patienten kann der Einsatz von Cannabisblüten zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität führen. Allerdings ist es für Patienten schwieriger, einen Naturstoff wie Blüten zu dosieren, als herkömmliche Darreichungsformen wie Tropfen oder Kapseln.
Eine Besonderheit der Cannabisblüten sei allerdings, dass diese nicht wie andere Arzneimittel ein Zulassungsverfahren durchlaufen haben. „Mit der Regelung im SGB V wurde ein Präzedenzfall geschaffen. Ich bin gespannt, wie sich das auf künftige Zulassungen auswirken wird“, erklärt Ulrich Koczian.
Preise von Cannabisblüten aus der Apotheke
Die Therapie mit Cannabisblüten gilt als teuer. Apotheker müssen sich teilweise für ihre Rezepturaufschläge, die auch auf politischer Ebene diskutiert werden, rechtfertigen. Seit Monaten laufen Preisverhandlungen zwischen dem Deutschen Apothekerverband und dem GKV-Spitzenverband. Bisher führten diese Verhandlungen aber zu keinem Ergebnis.
Der Apothekenzuschlag für pharmazeutisches Cannabis berechnet sich nach der Arzneimittelpreisverordnung (AmPreisV) und beträgt für das Handling der Blüten 100 Prozent. Die Teilnehmer des Workshops vermuten, dass es zu einer Einigung in der Preisfrage kommen wird, die nicht vorteilhaft für die Apotheken sein wird:
„Es besteht die Gefahr, dass in den nächsten Jahren für Cannabis Festbeträge festgelegt werden und dann die Belieferung von diesen Rezepten, unter Berücksichtigung des damit verbundenen Aufwandes, unter Umständen nicht mehr lohnend sein wird“, so Ulrich Koczian.
Die Apotheker beim Workshop kritisierten, dass sich nicht alle Kollegen an die Arzneimittelpreisverordnung halten und manche mit günstigen Preisen locken würden:
„Der jetzige Aufschlag ist gerechtfertigt. Jede Dose muss geöffnet und geprüft werden“, betont Dominik Bauer.
Apotheker sehen hohen Beratungsaufwand bei Cannabispatienten
Die Beratung von Cannabispatienten in der Apotheke ist zeitaufwendig, denn die Patienten haben viele Fragen auf dem Herzen:
„Die Betreuung von Cannabispatienten ist mit besonders viel Kommunikation verbunden“, berichtet der Apotheker Heimann.
Die Beratungsintensität hänge unter anderem von den bisherigen Erfahrungen des Patienten ab. So kennen einige Patienten die Wirkung von Cannabis bereits aus der Freizeitanwendung oder der Selbsttherapie. Für andere Betroffene wiederum ist das erste Cannabis-Rezept gleichzeitig der erste Kontakt mit der Cannabispflanze.
Lieferengpässe bei Medizinalhanf
Eine der am häufigsten von Cannabispatienten gestellten Fragen ist, ob die verordnete Blütensorte lieferbar sei. Und diese Sorge ist berechtigt, denn die Versorgungslage ist nach wie vor instabil – wie auch die Pharmazeuten beim Workshop monierten. So wurde kurz nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung viel Cannabis aus den Niederlanden importiert, wo die Kapazitäten jedoch rasch erschöpft waren. Einige Importeure kündigten an, mit Lieferungen aus Kanada die Medizinalhanf-Versorgung zu verbessern. Diese Versprechen konnten jedoch nur teilweise eingehalten werden – zum Leidwesen von Patienten und Apothekerinnen und Apothekern.
„Die permanente Unsicherheit, ob eine Blütensorte verfügbar ist, macht uns Apothekern das Leben schwer“, bilanziert Dr. Christian Pacher.
Und auch aufgrund der Cannabis-Legalisierung in Kanada sind laut Apotheker Dr. Bernd Grünberg „weitere Lieferschwierigkeiten zu erwarten“.
Unsicherheit der Ärzte
Auch 18 Monate nach der Legalisierung von Cannabis als Medizin ist die Unsicherheit in der Ärzteschaft teilweise noch hoch. Der Wissensstand unter den Medizinern ist heterogen, sollte aber durch Fortbildungen angeglichen werden. Denn die „Erfolgswahrscheinlichkeit einer Cannabistherapie hängt vom Erfahrungsschatz des Arztes ab“, wie Koczian erklärt.
Rund um das Genehmigungsverfahren gibt es ebenfalls immer wieder viele Fragen bei den Medizinern, die sich häufig ratsuchend an die Apotheke wenden. So wollen einzelne Krankenkassen noch immer die Cannabis-Therapie befristen, was allerdings nicht zulässig ist.
Die Apotheke ist allerdings nicht verantwortlich dafür, ob eine Genehmigung der Cannabis-Therapie seitens der Krankenkasse vorliegt. Sollte diese nicht vorhanden sein, muss nicht die Apotheke dafür aufkommen.
Wayland Group
Die kanadische Wayland Group hat früher unter dem Namen Maricann Group firmiert. Die Firma bietet in Kanada auch ein akkreditiertes Schulungsprogramm für Apotheker an. Wayland ist davon überzeugt, dass der Bedarf an Schulung sehr hoch ist. Daher hat das Unternehmen gemeinsam mit einem Apothekenpartner das Cannabis-Schulungsprogramm mit einer Online-Schulungsplattform entwickelt. (Leafly.de berichtete.)
Quellen: