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Cannabis: Wirkungen auf die Fruchtbarkeit und den Menstruationszyklus

Autor:
Dr. Christine Hutterer

THC unterdrückt die Ausschüttung von Hormonen, was Auswirkungen auf den weiblichen Zyklus hat. Eizellen reifen manchmal nicht, der Eisprung kann sich verschieben oder ganz ausfallen. Welche Effekte wie stark auftreten hängt dabei auch davon ab, zu welchem Zeitpunkt (oder wie oft) in einem Zyklus Cannabis konsumiert wird. Die Einnahme von THC kann auch dafür verantwortlich sein, dass eine frühe Schwangerschaft vom Körper beendet wird. Andererseits kann CBD bei Regelschmerzen lindernd wirken.

Cannabis: Wirkungen auf die Fruchtbarkeit und den Menstruationszyklus

Das Endocannabinoidsystem und der Menstruationszyklus

Das Endocannabinoidsystem und das weibliche Fortpflanzungssystem sind an vielen Stellen eng verknüpft. Das sieht man unter anderem daran, dass man an allen Strukturen Cannabinoidrezeptoren findet, z.B. in den Eierstöcken, im Eileiter, im Muskelgewebe der Gebärmutter (Myometrium) und in der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium). Außerdem weiß man, dass sich die Konzentration des Endocannabinoids Anandamid während des Menstruationszyklus ändert. Um den Zeitpunkt des Eisprungs herum scheint die Konzentration am höchsten zu sein.

Welche Funktionen das Endocannabinoidsystem im Reproduktionssystem der Frau genau hat und warum die beobachteten Schwankungen an Endocannabinoiden auftreten und sogar die Menge an Rezeptor-Proteinen während des Zyklus schwankt, ist noch nicht näher bekannt.

Der Menstruationszyklus kurz erklärt

Mit der Pubertät – und der ersten Regelblutung (Menarche) – setzt bei Frauen ein sich etwa monatlich wiederholender Zyklus aus ansteigenden und zu bestimmten Zeiten abfallenden Hormonkonzentrationen ein. Bei “Monika Musterfrau” (und auch bei vielen tatsächlich existierenden Frauen) dauert ein Zyklus 28 Tage. Der erste Tag der Periode ist der erste Tag des Zyklus. Bei einem 28-tägigen Zyklus reifen nun mehrere Eibläschen heran. Dafür verantwortlich ist das Follikel-stimulierende-Hormon (FSH).

Die Eibläschen produzieren das bekannteste weibliche Geschlechtshormon, das Östrogen. Je reifer die Eibläschen werden, desto mehr Östrogen ist vorhanden. Das reifste Eibläschen (Follikel) wird am 14. Tag beim Eisprung in den Eileiter freigesetzt. Hierfür spielt das Luteinisierende Hormon (LH) eine Rolle. Gleichzeitig stellen die Eizellen die Herstellung von Östrogen ein. Etwa zwei bis drei Tage vor und etwa einen Tag nach dem Eisprung ist die Frau fruchtbar.

Nun, in der zweiten Hälfte des Zyklus, steigt die Menge an Progesteron, einem weiteren Hormon, stark an. Progesteron sorgt dafür, dass die Gebärmutterwand bereit ist, eine befruchtete Eizelle aufzunehmen. Wird die Eizelle von einem Spermium in der fruchtbaren Phase befruchtet, nistet sich die Eizelle in der Wand der Gebärmutter ein – die Frau ist schwanger. Wird die Eizelle nicht befruchtet, erfolgt 14 Tage später die nächste Menstruation und der Kreislauf beginnt von vorne. Das Auf und Ab der Hormone ist absolut essentiell, damit das System funktioniert. Viele Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch wissen das: Wenn in ihrem Körper das Hormonkonzert nicht richtig dirigiert wird, wird sie nicht schwanger. Natürlich gibt es auch die Fälle, in denen die Ursache beim Mann liegt, aber das lassen wir hier außen vor.

Bekannte Wirkungen von Cannabis auf den Menstruationszyklus

Bisher gibt es nur wenige Untersuchungen zu den Effekten von Cannabis auf den Menstruationszyklus. Einige Dinge wurden aber wiederholt beobachtet. Die Studienlage legt nahe, dass der Konsum von Cannabis den Menstruationszyklus stört. Frauen, die Cannabis verwenden, treten häufiger Zyklen ohne Eisprung auf, als bei Frauen, die es nicht konsumieren. Möglicherweise aus diesem Grund ist die Fruchtbarkeit bei einigen dieser Frauen vermindert.

Die genauen Einflüsse sind noch umstritten, denn eine Studie fand heraus, dass die erste Phase des Zyklus (vor dem Eisprung) (bereits) durch (seltenen) Cannabis-Konsum verlängert wird, anderer Studien fanden hingegen, dass die Phase nach dem Eisprung länger dauert. Möglicherweise spielt die Häufigkeit des Konsums und auch die Dosis eine Rolle dabei, wie stark der Menstruationszyklus beeinflusst wird. Auch ist bei den beschriebenen Studien nicht sicher, dass nicht noch andere Substanzen (Alkohol, Nikotin) eingenommen wurden, die ebenfalls störend auf den Zyklus wirken können.

Die Hypothalamus-Hypophysen-Achse – was ist das?

Bei der Hypothalamus-Hypophysen-Eierstock-Achse handelt es sich um ein System aus Organen bzw. Hirnregionen, die sich gegenseitig in der Bildung wichtiger Hormone beeinflussen. Der Hypothalamus und die Hypophyse sind Strukturen im Gehirn. Der Hypothalamus ist das oberste Steuerungszentrum für wichtige Körperfunktionen, die nicht durch den Willen, sondern autonom, gesteuert werden, z.B. Atmung, Kreislauf, Körpertemperatur, Sexualverhalten sowie die Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme. Die Hypophyse oder Hirnanhangdrüse ist hingegen die oberste Kontrollinstanz über die Hormonproduktion im Körper. Über die Ausschüttung von Hormonen kommunizieren die Regionen oben im Kopf mit den Eierstöcken im Unterbauch. Eine ungestörte Kommunikation zwischen diesen Strukturen ist daher notwendig, damit das Zusammenspiel der Hormone im Menstruationszyklus reibungslos funktioniert.

Wirkungen von Cannabis auf die Fruchtbarkeit

Aus verschiedenen Untersuchungen an Tieren und Menschen ergibt sich ein klares Bild: THC unterdrückt die Ausschüttung einiger Hormone aus dem Hypothalamus, was über die Hypothalamus-Hypophysen-Achse Auswirkungen auf andere Hormone hat. Als Folge reifen die Eizellen manchmal nicht in dem Rhythmus oder Zeitfenster, wie sie es tun sollten und der Eisprung kann sich verschieben oder ganz ausfallen.

Welche Effekte wie stark auftreten hängt dabei auch davon ab, zu welchem Zeitpunkt (oder wie oft) in einem Zyklus Cannabis konsumiert wird. In der zweiten Zyklushälfte (der so genannten Lutealphase) wird durch THC die Produktion des Hormons Progesteron vermindert. Progesteron ist notwendig, damit die Gebärmutterschleimhaut für eine befruchtete Eizelle bereit ist. Somit kann die Einnahme von THC dafür verantwortlich sein, dass eine frühe Schwangerschaft vom Körper beendet wird.

Untersuchungen an Rhesusaffen, die einen vergleichbaren Menstruationszyklus wie Frauen haben, haben einen interessanten Effekt gezeigt: Den Affen wurde dreimal wöchentlich eine definierte Menge an THC verabreicht. Wie aus vorigen Untersuchungen an Frauen beobachtet, wurde die Ausschüttung verschiedenen Hormone unterdrückt. Auch der Eisprung fand nicht mehr statt, ebenso wie Menstruationsblutungen. Nach 103 bis 135 Tagen allerdings entwickelten die Affen eine Toleranz und die Hormonproduktion fand trotz der weiteren Verabreichung von THC statt.
Ob das beim Menschen im gleichen Maße funktioniert, ist unklar. Ebenso ist unklar, ob die durch wieder stattfindenden Eisprünge auch die Fruchtbarkeit wiederhergestellt wird und ob dies dann auch in gesunden Schwangerschaften endet.

Ob sich die Einnahme von Cannabis (nur) vorübergehend oder dauerhaft negativ auf die Fruchtbarkeit auswirkt, muss noch im Detail untersucht werden.

Cannabis bei Menstruationsbeschwerden

Es gibt zahlreiche Berichte aus der Vergangenheit, dass Frauen gegen typische Beschwerden, vor allem Schmerzen, während der Menstruation, Cannabis eingenommen haben. Die beschriebenen Effekte durch THC auf den Hormonhaushalt und die Störungen, die daraus resultieren können, sollten jedoch nicht vernachlässigt werden und dazu führen, leichtfertig Cannabis bei Regelschmerzen zu konsumieren.

Vielmehr sollte mit einem Arzt besprochen werden, ob das Risiko für Zyklusstörungen in Kauf genommen werden soll. Besonders bei Frauen mit Kinderwunsch sollte darüber gut nachgedacht werden. Allerdings gibt es ja neben THC auch noch das potente CBD, das für seine schmerzlindernde Wirkung bekannt ist. Bislang gibt es keine Studien, die sich explizit mit den (möglichen) Auswirkungen von CBD auf den Menstruationszyklus beschäftigen. Doch es könnte eine Möglichkeit für Frauen mit Regelschmerzen darstellen.

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Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.

Quellen:

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