Update vom 25. November 2019:
Berlin will die kontrollierte Abgabe von Cannabis. Allerdings ist der Antrag der rot-rot-grünen Koalition für das geplante Modellprojekt auch mehrere Monate nach der Ankündigung noch nicht eingereicht. Er werde derzeit in der Senatsverwaltung für Gesundheit geprüft, teilte deren Sprecherin Lena Högemann auf Anfrage mit.
Der Antrag soll noch dieses Jahr an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gestellt werden. Da das Institut drei Monate Zeit für die Bearbeitung hat, rechnet die Berliner Regierung bis spätestens Ende März mit einem Bescheid.
Ursprünglich hieß es, der Antrag solle im September eingereicht werden. Mit dem Modellversuch soll Cannabis kontrolliert und wissenschaftlich begleitet an eine begrenzte Zahl Erwachsener abgegeben werden.
Ursprüngliche Meldung vom 23. November 2018
Die Berliner SPD will ein Cannabis-Modellprojekt bei der zuständigen Bundesbehörde einfordern. Ein entsprechender Antrag, der sich für eine neue Cannabispolitik ausspricht, wurde auf dem Landesparteitag in Berlin von den Delegierten angenommen.
„Regulieren statt Kriminalisieren: Eine neue Cannabispolitik ist nötig!“
In dem Antrag erklärt die Berliner SPD die „auf Verboten und Kriminalisierung basierende aktuelle Cannabispolitik“ für „gescheitert“. Sie wirke nicht präventiv und gehe an der Lebenswirklichkeit vorbei. Denn mehrere Millionen Menschen in Deutschland konsumieren Cannabis – mehr oder weniger häufig.
Daher will die SPD in Berlin die kontrollierte Cannabis-Abgabe an Erwachsene einführen. Die rot-rot-grüne Koalition erarbeite dafür ein Modellprojekt.
Regulierte Abgabe stärkt den Schutz der Cannabis-Konsumenten
Die Kriminalstatistiken zeigen, so die Sozialdemokraten, dass ein Verbot von Cannabis weder das Angebot verringere, noch die Nachfrage senke. Vom Schwarzmarkt dagegen profitieren nur „dubiose Schwarzhändler*innen“, die „zudem den Stoff auf Kosten der Gesundheit ihrer Kund*innen mit Blei oder Kleber strecken“.
„Eine repressive Cannabispolitik hält die Bevölkerung nicht vom Konsum ab, dafür aber unsere Polizei und Justiz von ihrer Arbeit. Ein Verbot führt nicht offensichtlich zwingend zu mehr Schutz, sondern kann genau den gegenteiligen Effekt haben und die gesundheitlichen Gefahren für die betroffenen Menschen sogar erhöhen.“
Da Cannabis-Konsumenten derzeit in die Illegalität gedrängt werden, erhöht dies das Risiko, dass sie mit kriminellen Dealern sowie mit harten Drogen in Kontakt kommen, erklärt der Antrag. Deshalb seien seriöse Abgabeorte für Marihuana wichtig. Die Berliner SPD bringt hier die Apotheken ins Spiel – oder aber „anderweitige lizenzierte Abgabestellen“.
„Eine so regulierte Legalisierung würde dem Schwarzmarkt die Grundlage entziehen und gleichzeitig mehr Verbraucher*innenschutz bieten.“
Prävention und Jugendschutz stärken
Die SPD will mit den Mitteln, die durch die Einrichtung von Modellprojekten freiwerden, die Prävention und Intervention fördern. Auch das bestehende Suchthilfesystem soll ausgebaut werden. Die Abgabe von Cannabis an Kinder und Jugendliche will die SPD weiterhin verbieten sowie den Jugendschutz stärken. Außerdem wollen die Genossen einen Mindestabstand der Cannabis-Abgabestellen zu Schulen, Kitas und Jugendhilfeeinrichtungen sicherstellen.
Die derzeitige Stigmatisierung von Marihuana helfe suchtgefährdeten Jugendlichen nicht weiter. Stattdessen verhindere die Verbotspolitik den Zugang von Jugendlichen zur Prävention, so die SPD:
„Die Fachstellen für Suchtprävention kritisieren zurecht, dass die vorherrschende Rechtslage das Erreichen ihrer Zielgruppen erschwert. Es ist für uns daher ein Gebot des gesunden Menschenverstandes, in Suchtfragen nicht die Strafe, sondern die Fürsorgepflicht in den Mittelpunkt der Politik zu stellen.“
SPD-Innensenator Geisel für Cannabis-Legalisierung
Kurz vor dem Parteitag der Berliner SPD hat Innensenator Andreas Geisel (SPD) seinen Widerstand gegen eine Freigabe von Cannabis aufgegeben. Das bestätigte der SPD-Politiker dem rbb.
Er wisse, „dass wir die Frage des Cannabiskonsums über Polizei und Verbote nicht lösen“, sagte Geisel. „Also muss ich an die Wurzeln heran. Und das würde in der Tat bedeuten, dass wir einen anderen Weg gehen müssen.“ Noch vor zwei Jahren habe er in seiner Partei dagegen gestimmt. „Das hindert mich aber nicht daran, jeden Tag schlauer zu werden.“
Hürden auf dem Weg zu Cannabis-Modellprojekten
So einfach wird es mit der Einführung eines Modellprojektes in Berlin allerdings nicht. Bisher sind alle Bemühungen von Bundesländern und Kommunen, Modellprojekte einzuführen, gescheitert. Denn alle bisherigen Anträge wurden von dem zuständigen Bundesamt abgelehnt.
Daher fordert die Berliner SPD die Genossinnen und Genossen auf Bundesebene und auf Bundesratsebene auf, sich für rechtliche Reformen einzusetzen. So soll der Weg frei gemacht werden für Cannabis-Modellprojekte.
Inzwischen rennt die Berliner SPD mit dieser Forderung bei ihren Parteifreunden im Bundestag offene Türen ein. Erst kürzlich haben die Gesundheitsexperten der Sozialdemokraten eine Neuausrichtung der Cannabis-Politik gefordert. Als ersten Schritt sehen sie kommunale Modellprojekte. Diese sollen die regulierte Cannabis-Abgabe an Erwachsene ermöglichen. Darüber hinaus sollen die Cannabis-Modellprojekte Prävention und Aufklärung stärken. Leafly.de berichtete.