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Bionorica: Keine Zulassung für neues Präparat

Leafly: Alexandra Latour Autor:
Alexandra Latour

Von Bionorica wird es sobald kein cannabishaltiges Fertigarzneimittel in Deutschland geben. Nachdem das BfArM den Zulassungsantrag nicht akzeptiert hat, wurde Bionorica Klage eingereicht. Jetzt hat das Verwaltungsgericht Köln die Klage jedoch abgewiesen. Ein herber Rückschlag für den Phytopharmagiganten, der sich eine neue Einnahmequelle erhoffte.

Bionorica: Keine Zulassung für neues Präparat

Das Unternehmen Bionorica versuchte, für das Cannabis-Fertigarzneimittel Kachexol mit dem Wirkstoff Dronabinol eine Zulassung als Generikum zu bekommen. Hierbei hatte sich das Unternehmen auf die Zulassung des Konkurrenzproduktes Marinol bezogen und reichte eine Bioäquivalenzstudie ein. Allerdings besitzt der US-Konzern Abbvie in der Europäischen Union aktuell keine Zulassung für das Produkt. Nun wies das Verwaltungsgericht Köln (VG) die Klage in der mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2018 ab.

BfArM akzeptiert die eingereichte Bioäquivalenzstudie nicht

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) akzeptierte die eingereichte Bioäquivalenzstudie nicht und forderte einen vollständigen Zulassungsantrag. Dr. Michael Popp, Bionerica-Chef-Professor, konnte die Entscheidung des BfArM nicht nachvollziehen und reichte bei Gericht eine Klage ein. Bereits vor drei Jahren erklärte Popp, dass das Versagen einer generischen Zulassung „unlogisch“ sei, da Marinol schon einmal in der Europäischen Union zugelassen gewesen sei. Dennoch würde man die geforderten Studien durchführen und trotz des Verfahrens sollen die Daten generiert werden, wofür ein zweistelliger Millionenbetrag investiert werden soll.

Obwohl der Firmenchef in den vergangenen Jahren mit Cannabis-Produkten hohe Verluste erzielte, übernahm er im Jahr 2014 den insolventen Mitbewerber THC Pharma aus Frankfurt. Seitdem stammen die synthetischen Cannabis-Produkte aus Hessen und die natürlichen Produkte aus dem bayerischen Neumarkt. Dabei gehört Bionorica zu den führenden Anbietern von synthetisch und natürlich hergestellten Rezeptursubstanzen.

Bionorica setzt auf standardisierte Cannabis-Präparate

Popp hat sich ein gewisses Monopol aufgebaut, ohne große Konkurrenz aus seiner Sicht. Seine Hoffnung ist, dass die Ärzte standardisierte Cannabis-Präparate verordnen und dass Bionorica rund die Hälfte aller Patienten versorgen kann. Auch in Kanada wurde zunächst auf Cannabisblüten gesetzt. Mit der Zeit wurden aber immer mehr standardisierte Extrakte verordnet.

Bionorica sieht in Kachexol einen neuen Umsatzbringer. Das Medikament sollte als Begleittherapie bei diversen Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Krebs und AIDS eingesetzt werden. Bisher besitzt jedoch nur das Cannabis-Spray Sativex von Almirall eine Zulassung in Deutschland.

Seit März 2017 ist Cannabis als Medizin freigegeben, sodass Cannabisblüten und -extrakte, Dronabinol und Sativex verordnungs- und erstattungsfähig sind. Im vergangenen Jahr wurden laut ABDA 44.000 Einheiten Cannabisblüten zulasten der Krankenkasse abgegeben. „Die Tendenz war von Quartal zu Quartal steigend, sowohl bei Rezepten als auch bei den Abgabeeinheiten. Cannabis-Rezepturen sind also zumindest teilweise im Versorgungsalltag angekommen“, erklärte Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK).

Cannabisblüten sind Steinzeit-Therapie

Vom Einsatz von Cannabisblüten wird sich jedoch distanziert. Laut eigenen Angaben des Unternehmens käme das Rauchen oder Inhalieren von Cannabis aus pharmakologischen Gründen nicht in Frage. „Wissenschaftlich gesehen ist der Einsatz von Cannabisblüten eine Steinzeit-Therapie“, meinte Dr. Christian Ude aus Darmstadt auf dem Bionorica etchics-Workshop „Cannabis in der Apotheke“. „Oder würden Sie eine Digoxin-Verordnung lieber durch einen Fingerhut-Tee austauschen?“ Aus seiner Sicht ist die Verschreibung von Cannabisblüten ein medizinischer Rückschritt. Auch Co-Referent Dr. Mario Wurglics ist von der Therapie mit Cannabisblüten wenig überzeugt, weil die Evidenz von cannabisbasierten Fertigarzneimitteln oder Zubereitungen seiner Meinung nach besser belegt ist.

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