Der weltweit erste Cannabis-Gentest stammt aus den Händen des Unternehmens AnantLife aus Kanada. Innerhalb der nächsten Monate soll der Test auf den Markt kommen: Man nimmt eine Speichelprobe und schickt diese an das Unternehmen. Dieses führt die NextGen-Sequenzierung der DNA durch. Mit molekularbiologischen Tricks können die genetischen „Marker“ in der DNA identifiziert werden, die auf eine höhere Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen durch den Cannabiskonsum hindeuten, wie beispielsweise Komplikationen bei psychischen Störungen oder das Risiko, psychisch vom Rauchen abhängig zu werden.
Genetische Marker werden von dem identifiziert, was Genetiker „Polymorphismen“ in einem bestimmten Gen nennen. Obwohl Gene immer spezifische Stellen auf der DNA haben, unabhängig von der Person, kann die genaue Zusammensetzung dieses Gens von Person zu Person unterschiedlich sein. Diese Unterschiede sind Polymorphismen und bestimmte Genvarianten tragen spezifische Polymorphismen. Die NextGen-Sequenzierung wurde entwickelt, um diese speziellen Polymorphismen in der DNA zu finden, und kopiert dann dieses Gen Millionen, wenn nicht Milliarden von Malen. Wenn das betreffende Gen in der DNA von jemandem vorhanden ist, werden die Kopien während der Analyse angezeigt. Wenn das Individuum diese Genvariante nicht besitzt, ist die NextGen-Sequenzierung nicht in der Lage, Kopien dieses Gens zu erzeugen.
Das Gentest-Labor von AnantLife ist vom College of American Pathologists (CAP) akkreditiert und von den Clinical Laboratory Improvement Amendments (CLIA) zertifiziert, den Goldstandards für medizinische Testzertifizierungen. Die mithilfe dieses Tests gesammelten Daten werden von staatlichen Universitäts- und Krankenhausforschern sowohl in den USA als auch in Kanada als legitim angesehen.
Interview mit Dr. Rahul Kushwah
Im Online-Magazin „MERRY JANE“ wurde Dr. Rahul Kushwa, der wissenschaftlichen Leiter und Mitbegründer von AnantLife, interviewt. Vor seiner Tätigkeit bei AnantLife forschte Dr. Kushwah im Auftrag der kanadischen Regierung und war als Berater für Torontos Krankenhaus für kranke Kinder tätig.
Auf die Frage, wie der Cannabis-Gentest entwickelt wurde, antwortete Kushwa, dass man eine große Untergruppe von Genen identifiziert habe, die eine Assoziation mit Cannabiskonsum aufweisen. Dann habe man alle medizinischen Daten in externen Datenbanken überprüft, einschließlich der genetischen Daten, die AnantLife in seiner Datenbanken hatte, zur Validierung – so wurden diese Marker validiert. Schließlich konnte man in Absprache mit Cannabis-Ärzten einen Cannabis-Test erstellen.
„Wir schauen uns viele Marker an. Sie sind in verschiedenen Bereichen der DNA definiert, sodass der Test die genetische Veranlagung zur Cannabisabhängigkeit abdecken wird. Der Test identifiziert auch Marker nicht nur für die Abhängigkeit, sondern auch kognitive Defizite und kardiovaskuläre Erkrankungen. Wenn jemand eine sehr hohe Prädisposition für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat, kann es beim Cannabiskonsum viele damit verbundene Risiken geben. Wir untersuchen auch die Veranlagung für Essstörungen und wie diese sich auf den Cannabiskonsum beziehen. Was der Test hergibt, ist ein vollständiges Profil des Individuums in Bezug darauf, wie sein Körper auf Cannabis reagieren wird“, erklärt Kushwa weiter.
Doch wie kann der Test das Suchtrisiko bewerten? Hierauf antwortete Kushwa:
„Es gibt Marker, die eine Assoziation mit der Cannabisabhängigkeit gezeigt haben. Vor Cannabis zum Beispiel wurden Opioide überall zur Schmerzbehandlung eingesetzt, und sie werden immer noch überall benutzt. Die Opioidabhängigkeit ist ein massives Problem in ganz Nordamerika. Bei medizinischem Cannabis besteht die Hoffnung, dass viele Patienten, die Opioide wegen ihrer Schmerzen einnehmen, diese möglicherweise absetzen und stattdessen Medizinalhanf erhalten. Aber bevor ein Arzt sich wohl dabei fühlt, Cannabis als Medizin zu verschreiben, müssen sie verstehen, wie der Körper des Patienten darauf reagieren wird. Sie würden Cannabis nicht jemandem geben, der für kognitive Defizite, vielleicht sogar Schizophrenie, stark anfällig ist. Hier kommt der Test ins Spiel.“
Fraglich ist natürlich, wie solch ein Test in die medizinische Gemeinschaft integriert werden kann. Laut Kushwa soll der Test von Cannabismedizinern durchgeführt werden. Zudem soll er in Apotheken erhältlich sein. AnantLife hat bereits damit begonnen, den Cannabis-Gentest an verschiedene Kliniken in Kanada zu liefern.
Auf die Frage, ob der Test in Bezug auf den Datenschutz oder die gemeinsame Nutzung von Daten möglicherweise dazu verwendet werden könne, einen Patienten zu diskriminieren, führte Kushwa aus:
„Das ist nicht möglich, denn glücklicherweise gibt es in den USA und in Kanada das Gesetz über genetische Diskriminierung. Aufgrund der genetischen Ausstattung des Individuums können diese nicht diskriminiert werden. Zum Beispiel kann die Versicherungsprämie nicht basierend auf genetischen Informationen erhöht werden. Wir verwenden auch Verschlüsselungen für alle unsere Daten und Patienten werden durch einen Barcode identifiziert. Unsere Mitarbeiter sehen keine Namen, sie sehen nur Zahlen.“
Ehrlich führte Kushwa weiter aus, dass das Biotechnologie-Unternehmen AnantLife auch ein gewinnorientiertes Unternehmen ist. Jedoch werde die Bepreisung des Tests viel niedriger ausfallen als wie die meisten anderen Gentests auf dem Markt. Das Ziel sei es, der medizinischen Cannabis-Gemeinschaft zu helfen und Medizinalhanf weiter voranzutreiben.
Wo wird der Cannabis-Gentest verfügbar sein?
„Jeder kann diesen Test bekommen, weil wir CLIA und CAP Akkreditierungen haben. Genauso wie wir unsere anderen Gentests teilen, kann der Cannabis-Test auch in den USA gekauft werden. Sowohl in Kanada als auch in den USA gibt es spezifische Vorschriften für die CLIA- und CAP-Zertifizierungen. Health Canada und die US FDA nehmen unsere Daten ernst. Darüber hinaus gibt es zu diesem Zeitpunkt keine spezifischen Vorschriften.“
Der Preis für den Test wurde noch nicht endgültig festgelegt. Für die Verbraucher wird der Test zwischen 699 und 900 US-Dollar kosten. Von den Krankenversicherungen werden die Kosten aktuell noch nicht übernommen.
Quellen: