Update: Den Medien zufolge hat die Bremer SPD-Fraktion jetzt den Antrag der Grünen, mobile Drogen-Schnelltests einzuführen, abgelehnt. SPD und Grüne waren sich im Koalitionsvertrag noch einig. So sollte es für Bremens Drogenkonsumenten möglich sein, gekaufte Drogen testen zu lassen. Doch von dieser Vereinbarung distanziert sich jetzt die SPD. Das Ergebnis der Abstimmung war knapp, dennoch entschied sich die Fraktion gegen den Entwurf der Grünen. Nima Pirooznia von den Grünen kommentierte, dass die SPD damit für eine „rückwärtsgewandte Drogenpolitik“ stehe.
Bremer Grüne wollen Drogentests einführen
Die Bremer Grünen um den gesundheitspolitischen Sprecher Nima Pirooznia fordern: Bremen soll ein sogenanntes Drugchecking einführen. Der Koalitionspartner SPD wird sich mit diesem Antrag auf der nächsten Fraktionssitzung beschäftigen.
„Giftige Beimengungen und synthetische Partydrogen sowie unerwartete Schwankungen in der Dosierung stellen eine erhebliche Gefahr für die Konsumierenden dar“, erklären die Grünen in ihrem Antrag.
Ihrer Argumentation zufolge könnten Tests – beispielsweise von beschlagnahmtem Rauschgift oder Partydrogen – und die Veröffentlichung der Ergebnisse Konsumenten warnen. So könnten diese vom Gebrauch der Drogen abgehalten werden. Zusätzlich ließen sich über Tests auch Schlüsse über das Konsumverhalten ziehen, auf deren Grundlage die Angebote der Suchthilfe-Einrichtungen verbessert werden könnten.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Pirooznia, erklärt: „Moderne Drogenpolitik besteht aus Prävention und Aufklärung. Transparenz hilft.“
Koalition entzweit über Cannabis-Legalisierung
In dem neuen Antrag der Bremer Grünen geht es allgemein um Drogenpolitik. Anfang des Jahres hatte sich die rot-grüne Koalition über die Legalisierung von Cannabis entzweit. (Leafly.de berichtete.) Die Grünen wollten die erlaubte Menge Cannabis für Erwachsene von sechs auf zehn Gramm erhöhen. Dies lehnte der rote Koalitionspartner ab – unter anderem mit Verweis auf einen Insel-Status Bremens.
Die Grünen wollen weiterhin die Legalisierung und die Obergrenze von zehn Gramm Cannabis. So haben sie für die nächste Bürgerschaftssitzung Ende August Fragen an Justizsenator Martin Günthner (SPD) angekündigt. Dieser hatte auf der Konferenz der Justizminister der Bundesländer Anfang Juni die SPD-Position vertreten, dass sechs Gramm Cannabis bundesweit die erlaubte Obergrenze bilden sollten.
Der Erfolg von Drugchecking ist umstritten
In der Schweiz und den Niederlanden existieren seit einigen Jahren Modellversuche mit mobilen oder stationären Drogentests. Es gibt allerdings bislang zu wenig wissenschaftliche Nachweise, die ihren Erfolg zweifelsfrei belegen.
In Deutschland gibt es bisher keine offiziellen Angebote. Das liegt auch an der Rechtslage: Der Besitz von Drogen und damit auch ihre Prüfung ist nach dem Betäubungsmittelgesetz illegal. Die Grünen verweisen in ihrem Antrag auf ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags von 2009 sowie auf Urteile der Berliner Gerichte. Danach ist Drugchecking unter bestimmten Gesichtspunkten zulässig.
„Es bedürfte einer verbindlichen Zusage der Staatsanwaltschaft Bremen, sich dieser Rechtsprechung anzuschließen“, heißt es bei den Grünen.
Christian Kobel, Leiter des Drogeninformationszentrums in Zürich, befürwortet Drugchecking. Seiner Erfahrung nach können die Tests helfen, Drogen-Konsumenten mit Hilfsangeboten in Kontakt zu bringen. Auch Wolfgang Adlhoch, Leiter der ambulanten Bremer Drogenhilfe „Comeback“, hält Drogen-Tests für sinnvoll.
„Aus sozialarbeiterischer Sicht wären sie ein Schritt in die richtige Richtung. Wir sehen in unserer mobilen Ambulanz am Bahnhof zunehmend Erkrankungen, die durch verunreinigten Stoff verursacht werden“, sagt er.
Der Pharmakologe Bernd Mühlbauer dagegen steht Drugchecking kritisch gegenüber – vor allem den mobilen Angeboten. Der Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie am Klinikum Bremen-Mitte erklärt:
„Das Problem an Schnelltests ist, dass man nur das findet, wonach man sucht. Eine verlässliche Sicherheit und Schutz vor unerwünschten Beiprodukten bieten sie nicht.“