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Debatte im Bundestag zu Cannabis-Legalisierung

Gesa-2019 Autor:
Gesa Riedewald

Vor fast genau einem Jahr hat der Bundestag Cannabis für medizinische Zwecke legalisiert. Die Grünen, die FDP und die Linken wollen mehr: Am 22. Februar wurden die Vorstöße der drei Parteien zu einem liberaleren Umgang mit Cannabis für den Freizeitkonsum in einer abendlichen Debatte diskutiert. Obwohl die drei Anträge unterschiedliche Ansätze verfolgen, sind sich FDP, Grüne und Linke in einem einig: Die bisherige Verbotspolitik der Bundesregierung ist gescheitert.

Debatte im Bundestag zu Cannabis-Legalisierung

Die Forderung nach einer Entkriminalisierung von Cannabis bleibt im Bundestag umstritten. Am 22. Februar stand das Thema erneut auf der Sitzungsagenda: Linke, Grüne und FDP hatten dazu jeweils einen eigenen Antrag eingebracht. (Leafly.de berichtete.) In der Debatte zeigten sich die Sozialdemokraten grundsätzlich offen dafür, neue Wege in der Drogenpolitik zu gehen. Union und AfD sprachen sich in der Debatte jedoch ausdrücklich gegen eine Freigabe von Cannabis aus. Alle drei Anträge der Oppositionsfraktionen wurden zur weiteren Bearbeitung in die Ausschüsse verwiesen.

Debatte: FDP fordert Cannabis-Modellprojekte

Die Liberalen sprechen sich dafür aus, Modellprojekte für den freien Cannabis-Konsum zu ermöglichen. Der Kampf gegen den Cannabis-Konsum durch Repression sei gescheitert. Daher sei es an der Zeit, neue Wege in der Suchtprävention zu beschreiten, so der drogenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Dr. Wieland Schinnenburg.

Die Bundesregierung solle die Grundlage für die Genehmigung von Modellprojekten zur kontrollierten Abgabe von Cannabis als Genussmittel schaffen. Bisherige Antragsteller sowie weitere Länder und Kommunen, die ein solches Modellprojekt umsetzen wollten, sollten aktiv unterstützt werden.

Schinnenburg betonte im Bundestag, dass es den Liberalen in ihrem Antrag nicht um eine generelle Legalisierung gehe, bei der Cannabis im Supermarkt erhältlich sei. „Wir wollen, dass Cannabis in Apotheken oder lizenzierten Geschäften abgegeben wird.“ Außerdem sollen die Modellprojekte wissenschaftlich begleitet und ausgewertet werden.

Grüne legen Entwurf zum Cannabiskontrollgesetz vor

Die Grünen fordern mehr als die „Testballons“, die die FDP vorschlägt. Sie legten am Donnerstag einen umfangreichen Gesetzentwurf vor: Cannabis solle aus den strafrechtlichen Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes herausgenommen werden. Stattdessen wollen die Grünen einen strikt kontrollierten legalen Markt für Cannabis.

Erst dadurch kann der wirksame Schutz von Minderjährigen gewährleistet werden. Nach den Vorstellungen der Fraktion soll die gesamte Handelskette für Cannabis – vom Anbau über den Großhandel, den Im- und Export und den Einzelhandel – reguliert werden.

Die Fraktion plädiert für eine Abgabe von Cannabis in speziellen Cannabisfachgeschäften. Diese sollen einen Mindestabstand zu Schulen und Jugendeinrichtungen haben. Ferner sind die Grünen für ein Werbeverbot von Cannabis sowie für Zugangskontrollen mit Altersnachweis. Außerdem solle ein Grenzwert für Cannabis eingeführt werden, der sich an die Promillegrenze für Alkohol anlehnt.

Antrag der Linken: Straffreiheit für geringe Mengen

Die Linksfraktion hat für die Bundestagsdebatte einen Antrag eingereicht, den Besitz von Cannabis zum Eigenbedarf zu erlauben. Konkret bedeutet das: Geringfügige Mengen von bis zu 15 Gramm beziehungsweise drei Hanfpflanzen sollen straffrei bleiben. Darüber hinaus fordert die Fraktion, Suchtprävention, Beratung und Behandlung in der Drogenpolitik zu stärken – und nicht Repression und Stigmatisierung.

Der drogenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Niema Mossavat, erklärte in der Bundestagsdebatte, dass die Verhältnismäßigkeit der Strafverfolgung bei Cannabis nicht mehr gegeben sei: „Polizei und Justiz haben Wichtigeres zu tun, als ein paar Cannabis-Konsumenten zu verfolgen.“

Reaktionen im Bundestag

Die Haltung der SPD zu diesem Thema war bisher nicht eindeutig und daher von vielen mit Spannung erwartet. Am Donnerstag zeigten sich die Sozialdemokraten offen für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis.

Laut Sabine Dittmar, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, sei dies der richtige Weg, um den Schwarzmarkt zurückzudrängen. Sie befürwortet die Entkriminalisierung von Konsumenten. Eine kontrollierte Cannabis-Abgabe reduziere ihrer Meinung nach Gesundheitsrisiken durch verunreinigtes Cannabis vom Schwarzmarkt. Außerdem könne die kontrollierte Abgabe effektiv zum Jugendschutz beitragen.

Die Union hingegen überzeugten die drei Ideen der Oppositionsparteien nicht. Der neue Gesundheits-Experte von CDU und CSU, der CSU-Politiker Stephan Pilsinger, bezog sich in der Diskussion vor allem auf die negativen Ergebnisse der CaPRiS Studie. Diese Untersuchung wurde kürzlich vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlicht. „Intensiver Cannabiskonsum macht einfach dumm“, fasste Pilsinger seine Haltung zusammen. Wegen der gesundheitlichen Risiken wünsche er sich eine Welt mit weniger, statt mit mehr Drogen.

Die AfD hat sich am Donnerstagabend ebenfalls gegen jede Lockerung des Cannabis-Verbots ausgesprochen. „Öffnen Sie nicht Pandoras Büchse“, warnte der gesundheitspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Dr. Axel Gehrke. Und er ging in seinen Forderungen sogar noch weiter: Auch Alkohol und Tabak sollten verboten werden.

Nun müssen alle Beteiligten auf die Entscheidungen der Ausschüsse warten, die dann wieder dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt werden. Wann damit zu rechnen ist, ist unklar.

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