Mit dem neuen Cannabis-Gesetz vom März 2017 ist die medizinische Behandlung mit Cannabis auch ohne Ausnahmeerlaubnis der Bundesopiumstelle des BfArM möglich. Darüber hinaus kann jetzt die Kostenübernahme bei der Krankenkasse beantragt werden. Diese Gesetzesänderung bezieht sich auf verschiedene Formen von Cannabis als Medizin: auf Cannabisblüten, Cannabisöl Cannabis-Extrakte, Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol und Nabilon sowie das Fertigarzneimittel Sativex. Und das neue Cannabis-Gesetz zeigt bereits einen Effekt: Das Patienteninteresse steigt stetig, wie die Anträge auf Behandlung mit Cannabis, die bei den Krankenkassen seit März 2017 eingegangen sind, belegen.
Auch die Barmer, die 9 Millionen Menschen in Deutschland versichert, bemerkt inzwischen das gestiegene Interesse an der Behandlung mit Cannabis, wie ein Unternehmenssprecher Leafly.de berichtete: „Nach Inkrafttreten des Gesetzes haben wir zunächst einmal eher eine verhaltene Zahl an Antragstellungen auf Kostenübernahme bekommen. Bis Mitte Mai waren es durchschnittlich etwa zwei bis drei Anträge pro Tag, also etwa 150 insgesamt. Inzwischen registrieren wir eine verstärkte Nachfrage für eine Kostenübernahme bei Cannabispräparaten.“
Behandlung mit Cannabis: Krankenversicherungen erhalten viele Anträge
Bisher liegen noch keine offiziellen Verschreibungszahlen zu medizinischem Cannabis vor. Auf Anfrage des Deutschen Ärzteblattes, der Deutschen Apothekerzeitung beziehungsweise auf Nachfrage von Leafly.de gaben aber einige der großen Krankenkassen Einblicke in ihre Zahlen.
So viele Anträge auf Behandlung mit Cannabis und Kostenübernahme gingen ein:
- Barmer: bis Anfang Juli 935 Anträge
- Techniker Krankenkasse: bis 7. Juli 583 Anträge
- DAK: zwischen März und Mai über 600 Anträge
- AOK: zwischen März und Anfang Juni 1.120 Anträge
- IKK: zwischen März und Mai 223 Anträge
Ablehnungsquote der Krankenkassen bei Cannabis als Medizin hoch
Das Cannabis-Gesetz vom März 2017 legt fest, dass der Arzt die Therapiehoheit hat und entscheiden kann, ob eine Cannabis-Behandlung sinnvoll ist oder nicht. Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen die Kostenübernahme für diese Therapie nur in begründeten Ausnahmefällen ablehnen. Laut Deutschem Ärzteblatt lehnen die Krankenkassen etwa 25 bis 50 % der Anträge auf Kostenübernahme einer Behandlung mit Cannabis ab. Schaut man sich die Zahlen der großen Krankenversicherer an – jedenfalls von den Kassen, die bereit waren, ihre Zahlen zu veröffentlichen – sieht die Quote sogar noch schlechter aus.
Cannabis-Gesetz zeigt Wirkung: Apotheken geben Medizinalhanf aus
Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. (ABDA) hat die ersten Zahlen veröffentlicht, die sich allerdings noch auf den Monat März 2017 beziehen. In diesem Monat wurden auf 88 ärztlichen Cannabis-Rezepten insgesamt 564 Cannabinoid-haltige Zubereitungen oder Cannabisblüten an Patienten abgegeben. Darüber hinaus wurden rund 3.100 Fertigarzneimittel mit Cannabinoiden verordnet. Diese Zahlen basieren auf den Abrechnungen der Rezepte zulasten der gesetzlichen Krankenkassen – Privatrezepte werden nicht erfasst.
„Die Auswertung nach den ersten drei Wochen zeigt: Das Cannabis-Gesetz zeigt im Versorgungsalltag Wirkung“, erklärte der Präsident der Bundesapothekerkammer, Dr. Andreas Kiefer, im Gespräch mit der Deutschen Apothekerzeitung (DAZ).
Cannabis als Medizin: Welche Meinung haben die Apotheken?
Das Institut für Handelsforschung Köln (IFH) hat im Juni diesen Jahres rund 200 Apotheken im Rahmen einer Apokix-Umfrage zu ihren Erfahrungen mit Cannabis als Medizin befragt. Das Ergebnis: 51,1 % der befragten Apotheker befürworten das im März 2017 eingeführte Cannabis-Gesetz. 18,6 % sind dagegen und der Rest ist unentschlossen.
Und welche Auswirkungen hat das Cannabis-Gesetz auf den Alltag der Apotheken? Laut der Umfrage gaben 30,4 % der Apotheker an, dass die Nachfrage nach Cannabis als Medizin in ihrer Apotheke seit März 2017 zugenommen hat. 68,1 % sagten allerdings, dass die Nachfrage sich nicht verändert hat. Und für fast alle Umfrageteilnehmer ist der Umgang mit Cannabisblüten nach den Vorgaben der Apothekenbetriebsordnung mit einem hohen Aufwand verbunden: Rund 98 % bewerteten die fachgerechte Prüfung der Cannabisblüten als kompliziert.
Das neue Cannabis-Gesetz: Infos über BfArM und Bundesopiumstelle
Vor der Gesetzesänderung im März 2017 mussten Patienten, die eine medizinische Behandlung mit Cannabis wünschten, bei der Bundesopiumstelle des BfArM eine Ausnahmeerlaubnis nach § 3, Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) beantragen. Nur mit dieser Ausnahmeerlaubnis war es Schwerkranken gestattet, Cannabis als Medizin beziehungsweise Cannabis als Schmerzmittel anzuwenden. Mit dem neuen Cannabis-Gesetz liegt es jetzt allein im Ermessen des behandelnden Arztes, ob er die Therapie mit Cannabinoiden als sinnvoll erachtet. Cannabis Arzneimittel wie Sativex oder Canemes durften bereits vor der Gesetzesänderung verschrieben werden. Diese Cannabis-basierten Medikamente dürfen Ärzte auch weiterhin verordnen.
Als begleitende Maßnahme zur Legalisierung von medizinischem Cannabis hat das BfArM eine Cannabisagentur gegründet, die den Anbau, die Ernte und den Handel mit medizinischem Hanf kontrollieren soll. Außerdem ist die Cannabisagentur für die Begleiterhebung zuständig, die Behandlungsdaten der Cannabis-Patienten sammelt und auswertet. Patienten, die die Fertigarzneimittel Sativex oder Canemes entsprechend der zugelassenen Anwendungsgebiete einnehmen – also nicht off-label, sind von der Erhebung ausgenommen.
Lesen Sie hier weiter, wenn Sie erfahren wollen, wie das Cannabis-Gesetz sich in den vier Monaten seit seiner Einführung bewährt hat.
Quellen: