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Cannabis Ausschreibung mit Hindernissen

Leafly: Alexandra Latour Autor:
Alexandra Latour

6.600 Kilo Cannabis sollten laut Ausschreibung des BfArM in Deutschland bis 2019 angebaut werden. Doch bisher fehlt eine Entscheidung, wer Anbauen darf und wo. Noch wird alles über Importe geregelt und die Bewerber stehen vor großen behördlichen Problemen. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, ist fraglich. Fraglich ist auch, ob es zu 2019 Cannabis aus Deutschland geben wird.

Cannabis Ausschreibung mit Hindernissen

Die Cannabis-Agentur des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) startete im April 2017 eine europaweite Ausschreibung für den Anbau von Medizinalhanf. Ziel ist die Bereitstellung von 6.600 Kilo Cannabis in den Jahren 2019 bis 2022. Aktuell wird der Bedarf über Importe gedeckt. Obwohl die Ausschreibung im Juli 2017 endete, ist immer noch nicht entschieden, wer eine Lieferlizenz erhält. Leafly.de berichtete.

Hürden für Bewerber bei der Ausschreibung

Das größte Problem stellen die von der Cannabis-Agentur sehr hoch gesetzten Hürden dar. So müssen von den Bewerbern unter anderem folgende Voraussetzungen erfüllt werden:

  • Referenzen über Aufträge zu Anbau, Verarbeitung und Lieferung von Phytoarzneipflanzen
  • Cannabis-Lieferungen in den letzten drei Jahren über jeweils mindestens 50 Kilogramm

Viele deutsche Unternehmen wurden von dem Vergabeverfahren ausgeschlossen, da die Mindestanforderungen nicht erfüllt wurden. Hierzu gehören neben den deutschen Bauern auch die Lexamed GmbH aus Karlsruhe. Der Geschäftsführer des Unternehmens Rechtsanwalt Dr. Oskar Sarak hat bereits Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingereicht. Der Vergabesenat des Gerichts hält die Bemühungen für „nicht offensichtlich aussichtslos“. Es ist aber unklar, wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

Ärzteschaft und Pharmaindustrie sprechen gegen Cannabisblüten

Kritische Stimme aus der Ärzteschaft warnen vor der Suchtgefahr. Der Allgemeinarzt und Präsident der Sächsischen Landesärztekammer Erik Bodendieck äußerte sich wie folgt dazu: „Im Gesetz seien nicht ausschließlich Reinsubstanzen favorisiert, sondern auch das giftige Cannabiskraut mit all seinen schädlichen Nebeneffekten.“ Auch die Verbraucherzentrale ist skeptisch und bemängelt, dass es zu wenige Studien gibt.

Selbst der Phyto-Pharma Gigant Bionorica lehnt es ganz ab, Cannabisblüten zu verschreiben, „da deren Dosierung für den Patienten nicht reproduzierbar möglich und für den Arzt nicht steuerbar ist“. Nicht verwunderlich, da Bionorica das Medikament Dronabinol herstellt und keinerlei Interesse an der Vermarktung von Cannabisblüten hat. Das würde dem eigenen Geschäftszweig schaden.

Patienten stehen vor großen Problemen

Schwerkranke Patienten teilen diese Meinungen nicht. Das zeigen die aktuellen Zahlen: Im ersten Halbjahr 2017 wurden rund 10.600 cannabishaltige Zubereitungen oder Cannabisblüten an Schwerkranke abgegeben. Den Krankenkassen liegen mehrere tausend Anträge vor laut einem Bericht.

Die Sprecher des Selbsthilfenetzwerkes Cannabis als Medizin, Gabriele Gebhardt und Axel Junker, machten in einem Schreiben an die Bundestagsfraktion von Union und SPD deutlich, dass es nicht nur bei der Verordnung von Cannabis, sondern auch bei den Liefermengen Engpässe gebe.

So würden sich Ärzte weigern, Cannabis zu verschreiben, weil ihnen das erforderliche Wissen fehle oder weil sie Angst vor Regressforderungen hätten. Selbst Mediziner, die bisher Cannabis verschrieben hätten, würden aufgrund der überzogenen Warnungen, die Behandlung wieder abbrechen. Laut der einer Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM) würde jeder zweite Patient keinen Arzt mehr finden, der Cannabis verschreibt.

Apotheken fürchten weiterhin Lieferengpässe

Dr. Ursula Sellerberg von der Pressestelle der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände erklärt, dass es immer wieder Lieferschwierigkeiten bei Cannabisblüten gebe und dass sie davon ausgehe, dass diese Lieferengpässe mittelfristig weiter bestehen werden. Jedoch könnten einzelne Cannabissorten bei Importeuren bestellt werden.

Die Parlamentarische Staatssekretärin Ingrid Fischbach legte dar, dass das BfArM die erforderlichen Genehmigungen für Importe von Medizinalhanf aus jedweden Herkunftsländern erteilen könne. Wenn einzelne Sorten nicht lieferbar sein sollten, so könnten Ärzte Rezeptur- oder Fertigarzneimittel auf Cannabisbasis verschreiben.

Fertigarzneien oder Rezepturarzneimittel sind jedoch wesentlich teurer und für Patienten, die keine Kostenübernahme durch ihre Krankenkasse erhalten, stellt dies ein Problem dar.

Modellprojekte zur Abgabe von Cannabis als Genussmittel

Den Kampf gegen den Cannabiskonsum durch Repression hält die FDP-Bundestagsfraktion für gescheitert. In der Suchtprävention müssen nun neue Wege beschritten werden und die FDP-Politiker forderten in einem Antrag, die Grundlage für Genehmigung von Modellprojekten zur kontrollierten Abgabe von Cannabis als Genussmittel zu schaffen. Länder, Kommunen sowie weitere Antragsteller sollten bei solch einem Modellprojekt unterstützt werden.

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