Der Cannabis-Ausweis kann die Antwort auf eine Frage sein, die sich viele Cannabispatienten stellen: Wie können Cannabispatienten gegenüber der Polizei nachweisen, dass sie dazu berechtigt sind, Medizinalhanf zu konsumieren?
Immer wieder liest man von Patienten, die in Konflikte mit der Polizei gerieten. Bekanntestes Beispiel ist Christoph N. aus München, der an ADHS leidet und dem Cannabis als Medizin verordnet wurde. Ein Polizeibeamter zerstörte seinen Joint und beschimpfte ihn als „Junkie“. Das vorgelegte Rezept ignorierte der Beamte. Doch Christoph wehrte sich und reichte eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Das Polizeipräsidium München ersetzte ihm den entstandenen Schaden.
Weder eine Rezeptkopie noch ein Cannabis-Ausweis können vor solch einem polizeilichen Vorgehen schützen, wobei der Fall Christoph N. eher eine Ausnahme ist. Dennoch hört man immer wieder, dass Polizeibeamte skeptisch sind und um Konflikte zu vermeiden, sollten Cannabispatienten immer eine Kopie des aktuellen Rezeptes und wenn möglich, eine Kopie des Schreibens der Krankenkasse, aus dem hervorgeht, dass die Kosten für Cannabis übernommen werden, mit sich führen. Zusätzlich kann man sich auch mit einem Patientenausweis ausweisen. Aktuell sind vier verschiedene Ausweise erhältlich.
Cannabis-Ausweis von HAPA Medical
HAPA Medical betreibt verschiedene Webseiten, unter anderem auch die Seite cannainfo.de. Cannabispatienten haben hier die Möglichkeit, unter „Fragebogen & Bestellformular“ einen Ausweis zu bestellen. In diesem Bestellformular müssen lediglich Name, E-Mail und Telefonnummer eingetragen werden. Als Antwort erhält man eine Bestätigungsmail, aber mehr auch nicht. Sollte von Seiten des Unternehmens doch noch etwas kommen, werden wir hierüber natürlich berichten.
Es irritiert in hohem Maße, dass es auf der Webseite zudem einen „Cannabinoid-Ausweis-Download“ gibt. Hier kann man sich den „Ausweis“ tatsächlich herunterladen, ausfüllen und ausdrucken. Somit kann sich aber quasi jeder diesen Ausweis ausstellen, und ob er sich dann als Dokument zur Vorlage eignet, ist zu bezweifeln.
Angaben auf dem Ausweis
Auf dem Cannabis-Ausweis von HAPA Medical steht auf der ersten Seite in Deutsch und Englisch:
„Der/Die Ausweisinhaber/in ist aufgrund einer Erkrankung auf eine Cannabinoid-Dauermedikation angewiesen. Daher müssen die im Ausweis aufgeführten Medikamente zur regelmäßigen Einnahme mitgeführt werden. Die verordnete Medikation ist beizubehalten und nicht abzusetzen, da sonst mit einer Verstärkung der Krankheitssymptome zu rechnen ist. Änderungen der Dosierung oder der Medikation kann nur nach Rücksprache mit dem verordneten Arzt erfolgen.“
Auf der zweiten Seite sind dann Name, Geburtstag und Arztpraxis des Patienten einzutragen. Zudem findet sich noch eine Tabelle, in der die Medikation und Dosierung eingetragen werden. Hier kann auch die Unterschrift des Arztes erfolgen.
Cannabis-Ausweis von Appsolut Secure
Appsolut Secure bietet das Ausstellen eines Cannabinoid-Ausweises an, an dem laut eigenen Angaben unter anderem Fachärzte, Polizisten und Anwälte mitgewirkt haben. Kostenlos wird ein solcher Ausweis jedoch nicht abgegeben. So kostet ein Ausweis, der selbst ausgefüllt werden kann, 10 Euro und ein individuell bedruckter Ausweis 15 Euro.
Bei dem Ausweis handelt es sich um einen faltbaren Papierausweis. Neben den persönlichen Daten des Patienten kann hier angekreuzt werden, welche Art von Medizinalhanf verschrieben wurde und die entsprechende Cannabissorte. Zudem kann der Teil „Dosierungsanweisung für Patienten“ ausgefüllt werden. Außerdem finden sich noch allgemeine Hinweise des behandelnden Arztes sowie „Hinweise der Bundesregierung“ und „Hinweise zur Fahrtauglichkeit nach „§ 24a StVG“ auf dem Ausweis. Hierunter kann auch der behandelnde Arzt seine Unterschrift mit Stempel leisten.
Genau wie bei HAPA Medical besteht auch bei dem Ausweis von Appsolut Secure das Problem, dass es sich hier um ein einfaches „Papierstück“ handelt, das recht leicht gefälscht werden kann. Hinzu kommt, dass die Patienten für den Ausweis zur Kasse gebeten werden. Aus diesen Gründen ist der Ausweis nur bedingt empfehlenswert.
Cannabis-Ausweis von Cannamedical
Über den Ausweis von Cannamedical haben wir bereits im November 2017 berichtet. Dieser unterscheidet sich erheblich von den Ausweisen, die von HAPA Medical und Appsolut Secure angeboten werden. Denn bei diesem Ausweis handelt es sich nicht um ein „bedrucktes Stück Papier“, sondern um eine Plastikkarte mit einem von Cannamedical entworfenen Hologramm, was den Cannabis-Ausweis fälschungssicher macht. Zudem erhält jeder Patient eine Identifikationsnummer, die ebenfalls auf der Karte eingetragen wird.
Um einen Ausweis von Cannamedical zu erhalten, ist zunächst der Antrag auf Ausstellung eines Patientenausweises auszudrucken. Hier finden sich drei Felder:
- Angaben zum Patienten: Der Patient muss seine persönlichen Daten eintragen und angeben, ob er gesetzlich oder privat krankenversichert ist. Zudem muss er die verschriebenen Cannabis-Sorten und Mengen eintragen und unterzeichnen.
- Daten der Apotheke: Die Apotheke trägt ihre Kontaktdaten ein und gibt an, ob eine Betriebserlaubnis sowie eine BtM-Nummernzuweisung vorhanden sind. Erforderlich sind zudem eine Unterschrift sowie der Stempel der Apotheke.
- Daten der Arztpraxis: Der Arzt gibt ebenfalls seine Daten an und unterzeichnet den Antrag. Auch hier ist der Praxisstempel erforderlich.
Die Apotheke verschickt dann den ausgefüllten und unterzeichneten Antrag an Cannamedical. Nach der Prüfung auf Vollständigkeit, erfolgt der Versand des Patientenausweises an die beantragende Apotheke. Der Patient kann diesen dann in der Apotheke abholen.
Auf dem Patientenausweis stehen dann Name und Geburtsdatum des Patienten, die Adresse der abgebenden Apotheke sowie die verordneten Cannabisprodukte und die Identifikationsnummer. Auf der anderen Seite der Karte findet sich die Bestätigung, dass der Patient vom Arzt verordnetes Cannabis für medizinische Zwecke erhält und berechtigt ist, dieses bei sich zu führen und zu sich zu nehmen. Hierunter befindet sich die Unterschrift des Apothekers.
Die Beantragung und die Ausstellung des Patientenausweises von Cannamedical sind komplett kostenlos.
Cannabis-Ausweis von der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM)
Der ACM bietet ebenfalls Cannabispatienten die Möglichkeit, kostenlos einen Cannabis-Ausweis zu bestellen. Dieser wurde den bekannten Opioid-Ausweisen nachgebildet und ist zudem in verschiedenen Sprachen erhältlich. Auch hier handelt es sich um einen faltbaren Ausweis aus Papier. Neben den Patientendaten enthält der Ausweis auch folgenden Hinweis:
„Der/Die Ausweisinhaber/in erhält wegen seiner/ihrer Erkrankung eine ärztliche verordnete Behandlung mit einem Cannabis-basierten Medikament. Die Behandlung kann es erforderlich machen, dass das/die im Ausweis aufgeführte(n) Cannabis-basierte(n) Medikament(e) mitgeführt werden muss/müssen, um eine regelmäßige bzw. bedarfsgerechte Behandlung zu gewährleisten. Eine Unterbrechung der Behandlung oder Änderung der Dosierung sollten nur in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen.“
Es ist zu empfehlen, den Ausweis gemeinsam mit dem behandelnden Arzt auszufüllen. Dieser kann den Ausweis dann auch gleich unterschreiben und abstempeln.
Erfahrungen von Cannabispatienten
Wir haben uns bei vielen Cannabispatienten umgehört und nachgefragt, ob sie einen Cannabis-Ausweis besitzen, woher sie diesen haben, und welche Erfahrungen sie mit dem Ausweis gemacht haben. Der Großteil der Patienten erhält den Ausweis von den Ärzten. Nur wenige Patienten kümmern sich selbst darum. Keiner der befragten Patienten ist bisher mit der Polizei in einen Konflikt geraten oder hat schlechte Erfahrungen mit solch einem Ausweis gemacht.
Fazit
Einen offiziellen und rechtlich anerkannten Cannabis-Ausweis für Patienten, der vor Konflikten oder Missverständnissen mit der Polizei schützt, gibt es aktuell leider nicht. Deshalb muss an dieser Stelle noch einmal wiederholt werden, dass Cannabispatienten – auch wenn sie einen Cannabis-Ausweis besitzen – immer eine Kopie des Rezeptes und am besten auch das Schreiben der Krankenkasse über die Genehmigung der Kostenübernahme bei sich führen. Der Patientenausweis kann zusätzlich mitgeführt werden, um sich als Cannabispatient auszuweisen.
Ein Ausweis von Cannamedical hat mit hoher Wahrscheinlichkeit die größte Aussagekraft, ebenso vermutlich auch der Ausweis von der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin, da der Verein sehr bekannt ist. Für welchen Ausweis man sich letztendlich entscheidet, bleibt jedoch jedem selbst überlassen.