Laut des DKFZ soll Medizinalhanf im medizinischen Versorgungsalltag angekommen sein – zumindest teilweise, so Dr. Andreas Kiefer Präsident der Bundesapothekenkammer. Im Jahr 2017 verzeichnete die Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA) einen stetig steigenden Absatz an Medizinalhanf an gesetzlich versicherte Patienten. Ebenso steigt auch der Informationsbedarf der Patienten zu Medizinalhanf, weshalb Ärzte und Apotheker immer mehr in der Beratung gefordert werden. Ein wichtiges Thema sind hier die Wechselwirkungen. So können Reaktionsvermögen und Konzentrationsfähigkeit abnehmen und Müdigkeit zunehmen, wenn Medizinalhanf mit Alkohol, Hypnotika und Sedativa kombiniert wird, was den Fachleuten und auch vielen Patienten bekannt ist. Aber wie sieht es mit der antineoplastischen Tumortherapie aus?
Wechselwirkungen zwischen Cannabis-Präparaten und Krebsmedikamenten
Das Wechselwirkungspotenzial wird von den Cannabinoiden Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) beeinflusst. Der THC- und CBD-Gehalt kann je nach Cannabis-Präparat variieren.
Cannabis-basierte Arzneimittel sind:
- Nabilon (synthetisches Cannabinoid in Kapselform)
- Dronabinol (THC) in Kapselform oder als ölige Lösung
- CBD-Öl
- Nabiximols (Mundspray; 1:1-Kombination von THC und CBD)
- Cannabisblüten (THC- und CBD-Gehalt variiert je nach Sorte)
Eine Expertengruppe aus Frankreich hat in einer Übersichtsarbeit die Evidenz zum Interaktionspotenzial von Medizinalhanf und Medikamenten, die in der Krebstherapie zum Einsatz kommen, aufgeführt. Hier heißt es, dass THC und CBD verschiedene pharmakokinetische Wechselwirkungsmechanismen aufweisen können.
Laut den Experten soll CBD unter allen Cannabinoiden das größte Risiko für Interaktionen besitzen, jedoch weisen die Experten auch darauf hin, dass zu wenige Daten vorliegen und diese auch wenig aussagekräftig sind, da die meisten aus vitro-Versuchen stammen. Zudem muss erwähnt werden, dass es sich hier um Dosen handelt, die weit über den Empfehlungen für Patienten liegen.
Es wird davon ausgegangen, dass die Wechselwirkungen erheblich variieren können und nicht nur vom jeweiligen Cannabis-Präparat abhängen, sondern auch von der Art und Weise, wie sie eingenommen werden. Auch die Begleitumstände spielen hier eine wichtige Rolle.
Hemmung von Arzneistofftransportern
Diverse in vitro-Daten geben Hinweise darauf, dass THC und CBD auf transmembranäre Arzneimitteltransportsysteme einen hemmenden Effekt haben können, wozu zum Beispiel die Proteine P-Glykoprotein (P-gp), Breast Cancer Resistance Protein (BCRP) und das Multidrug Resistance-Related Protein 1 (MRP“) gehören.
Diese Transportproteine sorgen dafür, dass fremde Substanzen wie Zytostatika aus der Zelle herausgeschleust werden, sodass sie die Wirksamkeit einer Tumortherapie bestimmen. Sollten die Transportproteine jedoch in ihrer Aktivität gehemmt werden, kann unter anderem die Bioverfügbarkeit der Krebsmedikamente steigen. Allerdings kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob und wie sich diese Hemmung auf die Wirksamkeit und Toxizität von Krebsmedikamenten auswirkt.
Hemmung verschiedener CYP-Enzyme
In der Leber werden THC und CBD über Enzyme der Cytochrom-P450-Familie verstoffwechselt. In vitro-Versuchen sollen THC und CBD die Aktivität unterschiedlicher CYP-Enzyme gehemmt haben. Je nach Substrat können die Folgen unterschiedlich sein. Die CYP-Enzyme sind am Abbau des Medikaments beteiligt, sodass das Risiko für Nebenwirkungen steigen und die Wirksamkeit vermindert werden könnte. Aber auch hier fehlen vivo-Daten, um dies zu bestätigen.
Fazit der Experten
Die Experten erläutern, dass Wechselwirkungen zwischen Krebsmedikamenten und Cannabis grundsätzlich möglich sind, die Datenlage jedoch nicht ausreichend ist, um abschließende Bewertungen und Aussagen zu tätigen. Deshalb wird empfohlen, Patienten unter einer Cannabis-Therapie zu beobachten, sodass Auffälligkeiten bei der Tumortherapie sofort erkannt und entsprechend gehandelt werden kann.
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Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.