Der Cannabis-Leitfaden (Green Book) in der hebräischen Version wurde erstmals Anfang 2016 veröffentlicht. Gegen Ende des Jahres 2017 gab dann das Gesundheitsministerium eine aktualisierte Version heraus. Hierin hieß es, dass eine englische Version folgen sollte. Und nun ist es soweit: Der überarbeitete Cannabis-Leitfaden nennt sich „Medical Grade Cannabis – Clinical Guide“ und wird von Yuval Landschaft (Direktor der Medical Cannabis Unit in Israel) und Boaz Elbo herausgegeben. An der Veröffentlichung beteiligt sind Prof. Rafael Mechoulam, Prof. Yoram Shapira, Prof. Meir Biler, Prof. Arnon Afek, Dr. Boaz Lev, Dr. Michael Dor, Dr. Eyal Schwartzberg und Dr. Paula Roska.
Cannabis-Leitfaden: Ziele und Probleme
Das Ziel ist es, formale Herstellungs-, Verkaufs- und Behandlungsverfahren in Bezug auf Medizinalhanf zu definieren, die strenge Standards erfüllen. Das israelische Gesundheitsministerium scheint aber wichtige Punkte ignoriert zu haben. So zum Beispiel die Tatsache, dass es keine unterschiedlichen Cannabisblüten mit genau der gleichen Menge an Wirkstoffen gibt. Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Wissenschaft noch nicht alle Komponenten von Cannabis identifiziert hat, sodass eine Präzision im Cannabisanbau nahezu unmöglich ist.
Gemäß den neuen Leitlinien muss jedes Glied in der Lieferkette von Cannabisprodukten das höchste Qualitätsniveau in den neuen offiziellen Standards für Medizinprodukte wie
- IMC-GAP (für das Wachstum)
- IMC-GMP (Produktion)
- IMC-GSP erfüllen (Sicherheit)
- IMC-GDP (für den Vertrieb)
- IMC-GCP (für die richtige klinische Behandlung)
erfüllen.
Cannabis-Leitfaden: Cannabinoide und das Endocannabinoidsystem
Der Cannabis-Leitfaden enthält die wichtigsten Informationen, die in den letzten Jahren im Bereich Medizinalcannabis gesammelt wurden. Aufgeführt sind in dem Leitfaden auch die Unterschiede zwischen Cannabis Sativa und Cannabis Indica, einschließlich einer detaillierten Erklärung von Cannabinoiden, Endocannabinoiden, Terpenen, Trichomen und vielem mehr.
Das Gesundheitsministerium erklärt in dem Leitfaden für Ärzte auch, was das Endocannabinoidsystem (ECS) ist, und welche Funktionen dieses hat. Ebenso finden sich Erklärungen zu Endocannabinoiden wie Anandamid und 2 AG sowie zu den Cannabinoidrezeptoren CB1 und CB2.
Tabelle der Cannabissorten/ -stämme
Eine im Cannabis-Leitfaden aufgeführte Tabelle enthält die drei Kategorien THC-reiche, CBD-reiche und ausgewogene (gleiche Mengen von THC und CBD) Cannabissorten.
IMC – Medical Grade Cannabis Efflorescence | ||||
Type | Item | THC | CBD | |
CBD rich | T0/C24 CBD medcial cannabis | 0 % (0.0-0.6 %) | 24 % (20-28 %) | |
T1/C20 CBD medcial cannabis | 1 % (0.0-2.5 %) | 20 % (16-24 %) | ||
T3/C15 CBD medcial cannabis | 3 % (0.5-5.5 %) | 15 % (11-19 %) | ||
T5/C10 CBD medcial cannabis | 5 % (2.5-7.5 %) | 10 % (6-14 %) | ||
balanced | T10/C10 CBD medcial cannabis | 10 % (6-14 %) | 10 % (6-14 %) | |
THC rich | T10/C2 sativa medical cannabis – sativa strain source/character | 10 % (6-14%) | 2 % (0.2-3,8 %) | |
T10/C2 indica medical cannabis – indica strain source/character | 10 % (6-14%) | 2 % (0.2-3,8 %) | ||
T15/C3 sativa medical cannabis – sativa strain source/character | 15 % (11-19%) | 3 % (0.5-5.5 %) | ||
T15/C3 indica medical cannabis – indica strain source/character | 15 % (11-19%) | 3 % (0.5-5.5 %) | ||
T20/C4 sativa medical cannabis – sativa strain source/character | 20 % (16-24%) | 4 % (1-7%) |
Unstimmigkeiten bei der Unterteilung von Cannabisstämmen
Die Kategorie „CBD-reich“ teilt die Stämme nur in vier verschiedene Stufen ein: T0/C24 zum Beispiel enthält Stämme, die etwa 24 % CBD und 0 % THC enthalten. Die zweite Ebene ist T1/C20, dann T3 /C15 und so weiter. Dann folgt die Aufführung einer Cannabissorte mit einem ausgewogenen THC- und CBD-Anteil (T10 / C10).
Die breiteste Kategorie, die sich auch auf die Trennung zwischen Sativa und Indica bezieht, sind die THC-reichen Stämme, die für jede Gruppe in drei verschiedene Stufen unterteilt sind. Zum Beispiel ist die Unterklasse T15/C3 von Stämmen, die etwa 15% THC und 3% CBD enthalten.
Es ist noch nicht bekannt, auf welcher Grundlage das israelische Gesundheitsministerium entschied, diese Stämme zu teilen und beispielsweise die Verwendung von Kultivarsorten mit 15% CBD und 10% THC nicht zuzulassen. Dies ist eine der umstrittenen Entscheidungen der Autoren des Cannabis-Leitfadens, denn dies sind Cannabissorten, die in Israel am häufigsten Verwendung finden.
Ein weiteres Problem ist, dass der Entourage-Effekt sowie die weiteren Verbindungen in der Cannabispflanze ignoriert worden sind.
Empfohlene Cannabissorten und Dosierungen
Das israelische Gesundheitsministerium hat eine zusätzliche Tabelle erstellt. Hierin werden THC- und CBD-Kombinationen bei bestimmten Krankheiten empfohlen. Auch in diesem Fall ist nicht klar, auf welcher Grundlage das Gesundheitsministerium den Zusammenhang zwischen THC- und CBD-Mengen für die Behandlung verschiedener Krankheiten ermittelt hat.
Zum Beispiel heißt es:
- Krebspatienten, die mit einer Chemotherapie behandelt werden, sollen mit der T10/C2-Gruppe beginnen.
- Patienten, die unter Leberkrebs leiden, sollen hingegen CBD-reiche Sorten nehmen (T0/C24).
- Betroffene, die an einer entzündlichen Darmerkrankung (Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa), empfiehlt der Cannabis-Leitfaden, mit den Cannabissorten T5/C10 zu beginnen.
- Menschen mit neuropathischen Schmerzen sollen T10/C10 verwenden.
- Für unheilbar kranke Patienten wird die Behandlung mit T1/C10 empfohlen.
Nach Beginn der Behandlung, und wenn der Arzt entscheidet, dass diese nicht effektiv genug war, kann er die Dosierungen entsprechend der Tabelle erhöhen. Die Patienten erhalten zwischen 10 und 60 Gramm Cannabis pro Monat. Die anfänglich empfohlene Dosis liegt bei 0,6 Gramm pro Tag. Im Monat sind das 20 Gramm pro Monat. Diese Empfehlungen basieren allerdings auf einer Studie, in der „Marinol“ (reines THC) untersucht wurde.
Reduzierung der Dosis und Wechsel auf andere Cannabissorten
Zu Beginn der Behandlung erhalten die Patienten nur Cannabissorten aus den 10%-THC-Gruppen. Die „empfohlene Anfangsmenge“ liegt bei 33 bis 66 mg THC pro Tag. Nur wenn der Arzt feststellt, dass die Behandlung unzureichend ist, wird auf Cannabissorten mit bis zu 15, 20 und 24% THC erhöht.
Im Allgemeinen zieht es das Gesundheitsministerium vor, dass ein Patient weniger Cannabisblüten mit mehr THC und nicht mehr Cannabisblüten mit weniger THC erhält, was zwischen Experten kontrovers diskutiert wird. Bevor die monatliche Menge erhöht wird, sollen Patienten zu Cannabisblüten mit einer höheren Konzentration (z. B. von Cannabis mit 10% THC auf 15% THC) wechseln.
Hieraus schließen die Experten, dass das israelische Gesundheitsministerium wohl nicht an der Verwendung von Cannabissorten mit 20% THC oder höher interessiert ist. Denn gerade diese Sorten sind bei Hunderttausenden von „illegalen“ Cannabiskonsumenten beliebt. Das Gesundheitsministerium hofft, dass dies das „Auslaufen“ von medizinischem Cannabis in den Freizeitmarkt verhindern kann.
Anweisungen für Ärzte
Im Cannabis-Leitfaden ist auch aufgeführt, wie sich Ärzte verhalten sollen, wenn Patienten Probleme während der Cannabis-Therapie schildern. Wenn zum Beispiel eine unerwünschte Reaktion auftritt, kann der Arzt drei Optionen in Betracht ziehen:
- Abbruch der Behandlung
- Reduzierung Dosis
- Wechsel auf CBD-reiche Stämme
Darüber hinaus finden sich in dem Leitfaden auch Beschreibungen, wie Cannabis konsumiert werden sollte. Es wird außerdem ausgeführt, dass es Wochen bis zu mehreren Monaten dauern kann, bis sich die Cannabis-Therapie als effektiv erweist. In einer Tabelle sollen die Cannabispatienten eintragen, wie häufig sie am Tag das Cannabis verwenden. Ärzte finden zudem Informationen über mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die bei der Cannabis-Therapie auftreten können.
Indikationsliste für die Behandlung mit Medizinalhanf
Die Behandlung mit Medizinalhanf erfolgt gemäß der offiziellen Indikationsliste (Verfahren 106). Es handelt sich hierbei um eine Liste mit 12 Krankheiten und Syndromen, für die Patienten eine medizinische Behandlung mit Cannabis erhalten können. Cannabis wird als „Last-Line-Therapie“ definiert. Das heißt, die Cannabis-Verordnung erfolgt nur, wenn konventionelle Behandlungen (z. B. Opioid-Therapie oder Operationen) ausgeschöpft sind. Die Patienten werden zudem angewiesen, sich Tests unterziehen, um sicherzustellen, dass sie keine Abhängigkeit entwickeln, heißt es in dem Cannabis-Leitfaden.
Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.