Was ist Schmerz?
„Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird“.
Das ist die Definition der Weltschmerzorganisation International Association for the Study of Pain (IASP). Doch wie entstehen Schmerzen eigentlich?
Bevor ein Schmerz wahrgenommen wird, geht diesem ein Reiz voraus, der zum Beispiel durch einen Stoß ausgelöst wird. Im gesamten Körper befinden sich Schmerzrezeptoren (sensible Sinneszellen; die sogenannten Nozizeptoren), angefangen in der Haut über die Muskeln und Gelenke bis hin zu den inneren Organen, die für die Schmerzwahrnehmung verantwortlich sind. Sie reagieren nicht nur auf mechanische Einflüsse, sondern auch auf chemische Reize, Hitze und Kälte sowie auf Botenstoffe, die bei einer Entzündung freigesetzt werden.
Die Rezeptoren werden durch die schmerzverursachenden Reize aktiviert. Ebenso können aber auch Reize aus dem Körperinneren, wie bei einer Magenschleimhautentzündung, die Schmerzrezeptoren anregen. Diese Informationen werden dann von den Rezeptoren an das Rückenmark und das Gehirn weitergeleitet. Hier findet die Verarbeitung statt. Anschließend wird die entsprechende Reaktion ausgelöst.
Wie stark die Schmerzempfindung ist, ist individuell verschieden. Unter einer hohen Stressbelastung schüttet der Organismus verschiedene Botenstoffe aus. Diese sorgen dann für eine Reduktion der Schmerzen. Unter gewissen Umständen tritt die Schmerzsymptomatik dann auf, wenn der Stress vorüber ist.
Welche Schmerzarten gibt es?
In der Schmerzmedizin wird zwischen den folgenden Schmerzarten unterschieden:
Nozizeptorschmerz
Ein Nozizeptorschmerz bedeutet, dass die Schmerzrezeptoren direkt erregt werden, wie zum Beispiel bei einer entzündlichen Gewebsschädigung.
Neuropathischer Schmerz
Die Schmerzimpulsauslösung findet lediglich im Schmerzrezeptor (Nervenendigung) statt, wobei die Nervenfasern für die Impulsweiterleitung verantwortlich sind. Neuropathische Schmerzen können einen dumpfen, brennenden, anfallsartigen oder einschießenden Charakter haben. Zu dieser Schmerzart gehört unter anderem der Ischiasschmerz oder die Symptome wie die Spastik, die im Rahmen der Krankheit Multipler Sklerose auftreten.
Deafferenzierungsschmerz
Diese Schmerzart tritt beim Verlust einer Extremität (Phantomschmerz) auf.
Reflektorischer Schmerz
Zu dieser Schmerzgruppe gehören Schmerzsymptome, die durch eine gestörte Motorik auftreten. So werden die Schmerzrezeptoren durch eine Muskelverspannung erregt. Wiederum verstärken die Schmerzzustände die Muskelverspannung, sodass ein Teufelskreis beginnt. Im weiteren Verlauf kommt es zu Muskelschmerzen und Muskelverspannungen.
Psychosomatischer Schmerz
Ein körperliches Schmerzempfinden kann auch durch seelische Belastungen auftreten. Das ist bei bestimmten Kopfschmerzarten der Fall.
Viszeraler/somatischer Schmerz
Je nachdem, wo die Schmerzen entstehen, werden sie in viszerale und somatische Schmerzzustände unterteilt. Der viszerale Schmerz geht von den Eingeweiden aus, wie zum Beispiel bei einem Magengeschwür. Beim somatischen Schmerz muss zwischen dem Tiefen- und Oberflächenschmerz unterschieden werden. So sind Muskelkrämpfe typische Tiefenschmerzen und eine Reizung der Haut ein Oberflächenschmerz.
Übertragener Schmerz
Die Lokalisation dieses Schmerzes ist schwierig. Beispiele für diese Schmerzart sind ein Herzinfarkt, da das Schmerzgefühl in der Regel im linken Arm beginnt. Eine weitere Ursache kann auch eine Erkrankung der Gallenblase sein, bei der der Schmerz in die Schulter übertragen wird.
Gutartige chronische Schmerzen
Hierzu gehören unter anderem Kopfschmerzen sowie Schmerzen des Bewegungsapparates wie Rückenschmerzen. Dabei wird diese Schmerzart meist durch psychische Einflüsse mitbestimmt.
Muskel-/Weichteilschmerzen
Zu dieser Schmerzgruppe gehören die Fibromyalgie als eigenständige Krankheit mit ausgedehnten Weichteilschmerzen und das myofasziale Schmerzsyndrom, bei dem die Beschwerden auf wenige Körperareale beschränkt sind.
Gemischter Schmerz
Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus neuropathischen und nozizeptiven Schmerzen, wie zum Beispiel beim Tumorschmerz bei Krebs oder der Lumboischialgie.
Attackenschmerz
Diese treten unter anderem bei Migräne, Spannungskopfschmerzen oder im Rücken auf. Sie sind Ausdruck einer wiederkehrenden oder lang andauernden Überlastung des Körpers.

Es gibt viele verschiedene Schmerzarten. Zu unterscheiden sind diese vor allem in akute und chronische Schmerzen.
Unterschied zwischen akuten und chronischen Schmerzen
Ein Akutschmerz ist immer als Warnsignal des Körpers zu betrachten. Es liegt eine Verletzung oder Schädigung vor. In der Regel ist er deshalb auf den Entstehungsort begrenzt, wie zum Beispiel bei einem Armbruch. Dabei hängt die Schmerzintensität vom Ausmaß der Verletzung oder der Schädigung ab. So schmerzt ein Armbruch stärker als eine leichte Prellung. Wenn die Ursache behoben oder die Verletzung geheilt ist, verschwinden die Beschwerden von selbst. Von chronifizierten Schmerzen wird hingegen gesprochen, wenn sie seit mindestens drei Monaten bestehen und den Betroffenen beeinträchtigen.
Akute Schmerzen | Chronische Schmerzen |
Warnsignal des Körpers | Funktion als Warnsignal geht verloren |
Beschränkung auf den verletzten/erkrankten Körperteil | Fortbestehen der Schmerzsymptomatik trotz geheilter Ursache |
Schmerzintensität hängt vom Ausmaß der Verletzung/Schädigung und des Entstehungsortes ab | Ursachen sind meist nicht erkennbar |
Abklingen des Schmerzes nach Heilung | Eigenständige Erkrankung bzw. Krankheit |
Chronische Schmerzen und die Entstehung des Schmerzgedächtnisses
Wenn der Schmerzustand über einen längeren Zeitraum andauert und nicht behandelt wird, kann das Gehirn ein Schmerzgedächtnis entwickeln. Die Schmerzimpulse werden über die Nervenbahnen durch den Körper geleitet. Werden diese ständig gereizt, verselbstständigen sich die körperlichen Schmerzen.
Tritt nun dieser Schmerzreiz immer wieder auf, so reagieren die Nervenzellen jedes Mal stärker. Und zwar auch dann, wenn der Reiz nicht stärker wird. Es werden dann ständig Signale an das Gehirn weitergeleitet. Mediziner sprechen dann davon, dass die Nervenzellen spontanaktiv werden und dass es keinen Schmerzreiz mehr braucht, um die Nervenzellen zu befeuern. Obwohl die Entzündung abgeheilt ist, bleibt der Schmerzzustand. Denn die Nervenzellen schicken dem Gehirn weiterhin Signale.
Forscher haben außerdem entdeckt, dass chronische Schmerzen die genetische Aktivität der Nervenzellen beeinflussen können. Infolge dessen bilden sich neue Eiweißketten, wodurch sich die Zellmembrane derartig verändern, dass die Nervenzellen noch schneller reagieren und die Schmerzintensität stärker wird.
Schmerztherapie zur Reduktion von Schmerzen
Chronische Schmerzen zu behandeln, ist oft nicht einfach. Denn es ist eine komplexe Erkrankung. Diese bedarf einer ebenso komplexen Behandlung. Dementsprechend gibt es nicht die eine Therapieoption. In der Regel verspricht eine Kombination aus unterschiedlichen Verfahren (multimodale Therapie) den größten Erfolg. Mögliche Therapiemethoden sind:
- Physikalische Therapieverfahren (Physiotherapie): Hierunter werden verschiedene Behandlungsformen wie Bewegungstherapie, Krankengymnastik, Sport-/Ergotherapie, Massage, Wasseranwendungen, Wärme- oder Kälteanwendungen zusammengefasst, um verschiedene chronische Schmerzen zu behandeln.
- Psychologische Therapie: Bei der Entstehung als auch bei der Schmerzchronifizierung spielen psychosoziale Faktoren eine wichtige Rolle. So leiden viele Schmerzpatienten an Depressionen, die das Schmerzsyndrom verstärken und aufrechterhalten können. Zum Einsatz kommt hier eine Schmerzpsychotherapie (kognitiv-verhaltensmedizinische Therapie).
- Invasive Therapieverfahren: Je nach Schmerzart werden invasive (eingreifende) Verfahren angewendet, wie zum Beispiel Injektionen oder Nervenstimulation.
- Komplementäre Verfahren: Bei den komplementären Verfahren geht es darum, Schmerzzustände ergänzend alternativ zu behandeln (nicht-medikamentöse Behandlungen). Das können Naturheilverfahren oder Therapien aus der Traditionellen chinesischen Medizin (TCM) sein. Ebenso können chronische Schmerzzusände auch homöopathisch behandelt werden. Weitere Verfahren sind Akupunktur, Akupressur, Osteopathie oder Reflextherapien.
Medikamentöse Behandlung von chronischen Schmerzen
Arzneimittel spielen in der Schmerzmedizin neben den oben genannten Therapieverfahren eine bedeutende Rolle. Denn viele Patienten leiden erheblich. Mithilfe von entsprechenden Mitteln sollen die Betroffenen möglichst schnell wieder aktiv werden. Durch andere Behandlungsmaßnahmen soll ihnen das Leben durch die Reduktion der Schmerzen erleichtert werden.
Schmerzmedikamente und entzündungshemmende Medikamente
Zu den klassischen Schmerzmedikamenten (Analgetika) gehört zum Beispiel Paracetamol. Dieses wirkt schmerzlindernd und gleichzeitig fiebersenkend. Eine wesentlich stärkere entzündungshemmende Eigenschaft haben nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR). Hierzu gehören zum Beispiel Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen. Problematisch ist hier, dass sie Nebenwirkungen haben. Diese betreffen vor allem die Magen-Darm-Schleimhaut. Auch der Blutdruck sowie die Nieren werden von diesen Arzneien beeinflusst. Grundsätzlich gilt, dass sich diese nicht für die Langzeitbehandlung eignen. Sie sind nur für den kurzfristigen Einsatz geeignet.
Antikonvulsiva/Antiepileptika
Je nach Schmerzart, insbesondere bei Nervenschmerzen, werden krampflösende Medikamente (Antikonvulsiva) wie Gabapentin, Lamotrigin oder Topiramat verordnet. Ursprünglich fanden diese bei der Epilepsiebehandlung Anwendung. Inzwischen ist aber bekannt, dass sie bestimmte Schmerzprozesse beeinflussen können. So ist zum Beispiel Topiramat zur Migräneprophylaxe und Carbamazepin für neuralgische Schmerzzustände zugelassen. Häufig beobachtete Nebenwirkungen sind Müdigkeit, Ataxie und Schwindel. Hinzu kommt, dass sie laut der Food and Drug Administration (FDA) die Suizidneigung erhöhen kann. Die US-amerikanische Zulassungsbehörde hatte elf Wirkstoffe untersucht und laut der Studie steigt die Häufigkeit von Selbstmordgedanken und -verhalten von 0,24 Prozent auf 0,43 Prozent an. Aus diesem Grund sind in den Beipackzetteln entsprechende Warnhinweise zu finden.
Opioide
Opioide sind die Abkömmlinge des Morphins und sehr starke Schmerzmittel. Sie werden aus dem Saft des Schlafmohns gewonnen. Durch die chemische Abwandlung des Pflanzenwirkstoffes (Alkaloid) aus dem Schlafmohn entstehen halbsynthetische Opioidmedikamente (z. B. Hydromorphon). Wirkstoffe wie Tilidin, Tramadol oder Fentanyl sind hingegen vollsynthetische Opioidmedikamente.
Unterteilt werden Opioidmedikamente auch in schwächer wirkende und stark wirkende Arzneimittel. Zu den schwächer wirkenden Mitteln gehören zum Beispiel Tilidin oder Dihydrocodein und zu den stärkeren Morphin, Fentanyl, Oxycodon und Buprenorphin. Diese unterliegen der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV). Hingegen können Ärzte schwächer wirksame Mittel auf einem normalen Rezept verschreiben.
Nicht jeder Patient profitiert von diesen starken Schmerzmitteln. Bei Tumorschmerzen ist die Wirkung in der Regel sehr gut. Hingegen bewirken sie langfristig lediglich bei der Hälfte der chronischen Schmerzpatienten eine Verbesserung. Hinzu kommen unerwünschte Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Verstopfung. Oftmals ist es erforderlich, weitere Medikamente einzusetzen, um diese unerwünschten Wirkungen erträglich zu machen.
Mehr zum Thema Opioide und Medizinalcannabis gegen Schmerzen.
Antidepressiva
In der Schmerztherapie kommen Antidepressiva sehr häufig zum Einsatz, da sie in niedriger Dosierung die Schmerzverarbeitung beeinflussen können. Auch die Weiterleitung der Schmerzimpulse kann mithilfe von Antidepressiva gebremst und die Schmerzhemmung beeinflusst werden. In der Regel wird hier das trizyklische Antidepressivum Amitriptylin oder aber Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer verschrieben, die positive Effekte bei der Diagnose Schmerz haben sollen. Doch auch diese Medikamente sind nicht nebenwirkungsfrei. Typische unerwünschte Wirkungen sind unter anderem Mundtrockenheit, Müdigkeit, Magen- und Darm-Beschwerden.
Cannabis als Medizin in der Schmerztherapie
Die Pflanze Cannabis sativa (Hanfpflanze) enthält eine Vielzahl an unterschiedlichen Pflanzenverbindungen (Phytocannabinoide) wie Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD), die unter anderem schmerzlindernde und entzündungshemmende Eigenschaften besitzen. Wenn diese eingenommen werden, interagieren die Pflanzenverbindungen mit dem (körpereigenen) Endocannabinoidsystem, dessen Cannabinoid-Rezeptoren über den gesamten Körper verteilt sind. Sie spielen bei vielen physiologischen Prozessen wie dem Schmerzmanagement, dem Gedächtnis und dem Appetit eine wichtige Rolle.
Neben den Phytocannabinoiden enthält die Cannabispflanze auch zahlreiche Terpene, wie zum Beispiel Beta-Caryophyllen, Beta-Myrcen und Alpha-Pinen, denen ebenfalls eine schmerzlindernde und entzündungshemmende Wirkung nachgesagt werden und das Potenzial von Medizinalcannabis bei der Behandlung von chronifizierten Schmerzuständen erhöhen.
Wie wirkt medizinisches Cannabis gegen Schmerzzustände?
Das Rückenmark ist in der Lage, Schmerzimpulse abzuschwächen oder zu verstärken, bevor sie in das Bewusstsein gelangen und der Schmerzzustand wahrgenommen wird. Diese Funktion wird als Torkontrolle bezeichnet. Phytocannabinoide können diese Torkontrolle verändern, indem sie die Schmerzimpulse abschwächen. Hingegen wirken konventionelle Schmerzmedikamente an anderen Orten im zentralen Nervensystem und setzen nicht im Rückenmark an.
Vielmehr setzen sie an den peripheren Nerven an, die zum Rückenmark entweder hinführen oder wegführen. Zwar wirken Phytocannabinoide hier auch, aber nur in geringem Maße. Aus diesem Grund können sie Schmerzmittel auch ergänzen. Opioide wirken genau wie Phytocannabinoide zentral im Rückenmark, jedoch existieren hier Unterschiede. Denn Opioidmedikamente erschlagen wortwörtlich die Schmerzweiterleitung, wohingegen Phytocannabinoide die Schmerzweiterleitung bremst.
Die Wirkung kann man mit einem einfachen Beispiel beschreiben: Wenn wir uns in den Finger schneiden, spüren wir zunächst einen starken Schmerz. Er lässt von selbst wieder nach. Hierfür sind die körpereigenen Cannabinoide verantwortlich und durch die zugeführten Phytocannabinoide wird diese Wirkung noch verstärkt. Vor allem bei chronifizierten Schmerzzuständen haben sich Phytocannabinoide als hilfreich erwiesen, da sie das entgleiste körpereigene Regulationssystem modulieren können.
Über die Wirksamkeit von Cannabis als Medizin haben auch Dr. Franjo Grotenhermen und Dr. Kristen Vahl ausführlich im Deutschen Ärzteblatt referiert.
Neue Studien: Schmerzen werden mithilfe von Cannabinoiden erträglicher
Phytocannabinoide scheinen die Schmerzintensität nicht zu verringern, sondern machen Schmerzen weniger unangenehm und erträglicher. Das zeigte eine Meta-Studie, die sich auf experimentelle Schmerzzustände – also im Labor hervorgerufene Schmerzen bei gesunden Menschen – bezieht.
Martin De Vita von der Syracuse University in den USA ist der Hauptautor der Arbeit. Die Studie ist der erste systematische Überblick über die Auswirkungen von medizinischem Cannabis auf Schmerzzustände im Rahmen von experimentellen Untersuchungen. De Vita will mit seiner Studie die Frage beleuchten, wie Cannabis als Medizin Schmerzustände lindern kann und welche schmerzlindernden Eigenschaften es besitzt.
„Cannabinoid-Medikamente werden häufig als Analgetika [Schmerzmittel] verwendet, aber experimentelle Schmerzstudien haben gemischte Ergebnisse hervorgebracht“, sagt De Vita. „Schmerz ist ein komplexes Phänomen mit mehreren Dimensionen, die separat betroffen sein können.“
Am häufigsten wurde die Wirkung von THC untersucht
Phytocannabinoide sind chemische Verbindungen, die der Cannabispflanze ihre medizinischen und entspannenden Eigenschaften verleihen. Tetrahydrocannabinol oder THC ist der bekannteste Wirkstoff der Cannabispflanze.
„THC ist die primäre psychoaktive Verbindung in Marihuana und war neben CBD der Schwerpunkt der meisten medizinischen Anwendungen und Forschungen“, erklärt Emily Ansell, außerordentliche Professorin an der Syracuse University in den USA.
Wenn THC eingenommen wird, bindet es an Rezeptoren im Gehirn, die das Vergnügen, die Zeitwahrnehmung und das Schmerzgefühl kontrollieren. Dopamin wird produziert – was Ansell die „Wohlfühlchemikalie“ nennt, da sie zu Euphorie oder Entspannung führt.
Meta-Studie analysierte 18 Studien
De Vita und seine Co-Autoren identifizierten zunächst mehr als 1.830 experimentelle Studien über Cannabis, die in Nordamerika und Europa über einen Zeitraum von 40 Jahren durchgeführt wurden. Diese reduzierten sie auf 18 Studien und extrahierten daraus Daten von mehr als 440 erwachsenen Teilnehmern.
Das Team fand heraus, dass Phytocannabinoide mit moderaten Erhöhungen der Schmerzschwelle und Schmerztoleranz assoziiert waren. Es konnte keiner Verringerung der Intensität des laufenden experimentellen Schmerzes festgestellt werden. Dafür wurde er als weniger unangenehm wahrgenommen.
„Dies bedeutet, dass die Cannabinoid-Analgesie eher von einer affektiven als von einer sensorischen Komponente beeinflusst wird. Diese Ergebnisse haben Auswirkungen auf das Verständnis der analgetischen Eigenschaften von Cannabinoiden“, sagt De Vita.
Es scheint also, dass Phytocannabinoide keine Schmerzlinderung herbeiführen, sondern die Schmerzwahrnehmung verändern.
Wie Professorin Ansell ergänzt, konzentriert sich die vorliegende Studie hauptsächlich auf THC. Daher ist es unklar, ob andere Phytocannabinoide möglicherweise zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt hätten oder nicht.
Weitere Studien sollen andere Schmerzarten untersuchen
Die Wissenschaftler hoffen, ihre Forschungen auf klinische und neuropathische Schmerzsyndrome ausdehnen zu können. Sie sind auch daran interessiert, dynamische Schmerzprozesse sowie verschiedene Arten und Dosen von Phytocannabinoiden zu untersuchen. Darüber hinaus wollen sie die Rolle des Cannabis Konsums für Freizeitzwecke erforschen.
Allerdings macht De Vita auch auf die Schwierigkeiten bei dieser Forschung aufmerksam. Die Verwendung von Cannabis für medizinische Zwecke ist in mehr als 30 Staaten in den USA legal. Dennoch betrachtet die US-amerikanische Drogenvollzugsbehörde Cannabis immer noch als Substanz ohne akzeptierte medizinische Verwendung und mit einem hohen Missbrauchspotenzial. Diese Klassifizierung bedeutet laut Martin De Vita eine große Herausforderung für Wissenschaftler, die die therapeutische Wirkung von Cannabis erforschen wollen.
So muss belastbare Evidenz für die Wirksamkeit von Medizinalcannabis bei der Behandlung von chronifizierten Schmerzzuständen erst noch erstellt werden. In diesem Sinne ist auch das Fazit von De Vita: „Im Moment haben wir noch viel zu lernen.“
Nebenwirkungen bei der Anwendung von Medizinalcannabis
Im Allgemeinen sind Medizinalcannabis (getrocknete Cannabisblüten) sowie Cannabis-Medikamente (Fertigarzneimittel und Rezepturarzneimittel) gut verträglich und zeigen keine körperlichen Langzeitnebenwirkungen. Akute Nebenwirkungen bei der Verwendung können sich in Form von folgenden Symptomen äußern:
- Blutdruckabfall
- Beschleunigung der Herzfrequenz
- Mundtrockenheit
- Bindehautreizung
- psychischer Effekt wie High-Gefühl oder beruhigender Effekt je nach Cannabismedikament und Dosierung
Gegen diese Symptome baut der Organismus relativ schnell eine Toleranz auf, sodass sie bei regelmäßiger Anwendung kaum oder gar nicht mehr spürbar sind. Um die Atemwege nicht zu schädigen, wird empfohlen, die Cannabisblüten mithilfe eines Vaporizers (Verdampfer) zu inhalieren.
Für folgende Personengruppen ist die Verwendung von Medizinalcannabis in der Regel nicht geeignet:
- Schwangere und stillende Mütter
- Kinder vor der Pubertät
- Patienten mit Herzerkrankungen
- Patienten mit Psychosen
CBD-Öl gegen chronische Schmerzen
Cannabidiol ist ein nicht psychoaktives Cannabinoid aus der Cannabispflanze. Zwar ist die Wirkung noch nicht so gut erforscht wie es beim THC der Fall ist, dennoch gibt es bereits Studien und viele Erfahrungsberichte von Schmerzpatienten, die einen schmerzlindernden und entzündungshemmenden Effekt beschreiben. So kann das Öl die Schmerztherapie ergänzen und unterstützen.
Da CBD-Öl nicht berauschend wirkt, kann es zu jeder Tageszeit eingenommen werden. Aufgrund der nervenschützenden, krampflösenden und entzündungshemmenden Eigenschaften ist CBD-Öl vielseitig einsetzbar. Ggf. kann das CBD-Öl auch den Bedarf an konventionellen Schmerzmitteln reduzieren. Dies sollte jedoch nur in Absprache mit dem Arzt erfolgen.
Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.
Quellen: