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Cannabis-Therapien dürfen nicht befristet werden

Gesa-2019 Autor:
Gesa Riedewald

Das Bundesversicherungsamt hat jetzt klargestellt: Eine Befristung von Cannabis-Verordnungen durch die Krankenkassen ist nicht zulässig. Vor dem ersten Cannabis-Rezept muss sich der Patient seine Therapie genehmigen lassen – danach nicht erneut. Dies bedeutet eine Stärkung der Therapiehoheit der Ärzte und der Patientenrechte. Anders sieht es allerdings aus, wenn das Cannabis-Medikament oder die Blütensorte gewechselt wird: Dann ist eine erneute Genehmigung nötig.

Cannabis-Therapien dürfen nicht befristet werden

Das Bundesversicherungsamt (BVA) hat am 29. August seinen Tätigkeitsbericht für das Jahr 2017 veröffentlicht. Darin beschäftigt sich das Amt auch mit der Patientenversorgung mit Cannabis als Medizin. Das BVA hat 2017 etliche Eingaben zur Genehmigungspraxis der Krankenkassen bei Cannabis-Therapien erhalten.

Der Bericht stellt klar: Grundsätzlich orientieren sich die gesetzlichen Krankenkassen „verantwortungsgemäß an den vom Gesetzgeber vorgesehenen Anspruchsvoraussetzungen“.

Krankenkassen dürfen Genehmigung der Cannabis-Erstverordnung nicht befristen

In einigen Fällen hat das Bundesversicherungsamt allerdings beanstandet, dass die Genehmigung der erstmaligen Cannabis-Verschreibung von der Kasse zeitlich befristet wurde. Eine solche Befristung sei in dem für die Cannabis-Verordnung einschlägigen § 31 SGB V aber gar nicht vorgesehen.

Das BVA weist in seinem Tätigkeitsbericht ausdrücklich darauf hin, dass nur die Erstverordnung von Cannabis als Medizin genehmigungspflichtig ist. Die folgenden Verordnungen hingegen liegen in der Verantwortung des behandelnden Arztes, dem Therapiehoheit zusteht. Das bedeutet: Vor dem ersten Cannabis-Rezept muss die Kasse die Behandlung genehmigen, danach nicht erneut.

Im Bericht der Behörde heißt es dazu: „Versicherte sind hinsichtlich einer weiteren Versorgung im Rahmen des § 31 Abs. 6 SGB V nicht verpflichtet, weitere Anträge auf Genehmigung bei ihrer Krankenkasse zu stellen.“

Das bedeutet eine Stärkung der Therapiehoheit der Ärzte und der Rechte der Cannabispatienten gegenüber den Krankenkassen.

Die behandelnden Ärzte müssen allerdings generell bei jedem Patientenbesuch darüber entscheiden, ob eine weitere Verordnung medizinisch indiziert ist. Das gilt für jedes Arzneimittel. Darüber hinaus müssen Ärzte das Wirtschaftlichkeitsgebot beachten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, dürfen Ärzte nicht verordnen. Mehr zu dem Thema hier.

Bei Wechsel von Cannabis-Produkt oder Blütensorte neue Genehmigung nötig

Wie sieht die Situation aus, wenn innerhalb der Cannabis-Behandlung von einem Medikament auf ein anderes gewechselt wird? Oder von einer Blütensorte auf eine andere Sorte? Wir von Leafly.de haben beim Bundesversicherungsamt nachgehakt. Der Pressesprecher hat klargestellt: Jeder Wechsel des Cannabis-Produktes bedeutet einen Therapiewechsel. Das schließt auch den Wechsel der Blütensorte ein. Wie bei einer komplett neuen Therapie, muss die Cannabis-Verordnung erneut von der Krankenkasse genehmigt werden.

Dazu das Amt: „Ist im Rahmen der Behandlung des Patienten ein Wechsel zu einem anderen Produkt nach § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB V vorgesehen, handelt es sich dabei um einen Therapiewechsel. In diesem Fall bedarf es einer Neugenehmigung durch die Krankenkasse.“ Und in Bezug auf die Blütensorte erklärt der Pressesprecher des BVA: „Wird in der Folge der Behandlung vom Vertragsarzt eine andere Sorte von Cannabisblüten (demzufolge mit anderem Handelsnamen und anderen Wirkstoffgehalten) für erforderlich gehalten und verordnet, ist von einem Therapiewechsel auszugehen. Entsprechend bedarf es einer Neugenehmigung durch die Krankenkasse.“

Kassen müssen Entscheidungsfrist einhalten

In einigen Fällen hat das Bundesversicherungsamt im Jahr 2017 auch Kassen darauf hinweisen müssen, dass die Ablehnung der Cannabis-Verordnung nicht mit der geltenden Rechtslage vereinbar ist. Konkret ging es in diesen Fällen um die Überschreitung von Bearbeitungsfristen.

Versäumt die Kasse bestimmte, in § 13 Absatz 3a SGB V konkretisierte Fristen, wie zum Beispiel die maximal fünfwöchige Entscheidungsfrist, gilt eine beantragte Leistung per se als genehmigt.

Was macht das Bundesversicherungsamt (BVA)?

Das BVA beaufsichtigt die gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Unfallversicherungen, deren Zuständigkeitsbereich sich über mehr als drei Bundesländer erstreckt. Darüber hinaus nimmt das BVA Verwaltungsaufgaben im Bereich der Sozialversicherung wahr. Dazu gehören beispielsweise die Verwaltung des Gesundheitsfonds und die Zulassung von Behandlungsprogrammen für chronisch Kranke.

 

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