Cannabistherapie in Deutschland – so sehen echte Zahlen aus
Leafly.de hatte im Januar 2019 auf der Webseite und via Social Media dazu aufgerufen, an einer Umfrage zum Thema Cannabis als Medizin teilzunehmen. 67 Cannabispatienten folgten diesem Aufruf. Hinzukamen 63 Datensätze aus den Leafly.de Patientenakten, die aus den Jahren 2017 bis 2019 stammen. Insgesamt konnten wir also die Daten zur Cannabistherapie von 130 Patienten auswerten.
Das Durchschnittsalter lag bei 40 Jahren. Besonders auffällig: mehr als die Hälfte aller befragten Patienten ist männlich. Die Teilnehmer bekamen alle die gleichen Fragen gestellt, die sie per E-Mail beantworteten. Als Nachweis der Echtheit des Patientenstatus schickten sie Fotos von ihren Verordnungen, Kostenübernahmen oder der Medizin.
Die Ergebnisse der Leafly.de Studie
Betrachtet man die Bundesländer, aus denen die Umfrageteilnehmer stammen, sieht man deutlich, dass die Südlichen die Spitzenreiter im Verschreiben von Cannabis sind. Eine Tatsache, die auch in Fachkreisen für Interesse gesorgt hat.
Wenn man den Tenor der Patienten auf Social Media Kanälen verfolgt, oder das persönliche Gespräch sucht, hört man oft das genaue Gegenteil. Besonders in Bayern und Baden-Würtemberg sei es fast unmöglich einen Arzt zu finden, oder eine Kostenübernahme zu bekommen.
Dennoch sprechen unsere Zahlen eine deutlich andere Sprache. Diese werden im übrigen auch unsere erhobenen Zahlen der Krankenkassen gestärkt.
Die Frage bleibt: Warum gibt es so viele Verordnungen in genau diesen beiden Bundesländern? Im Diskurs mit Vertretern aus Medizinkreisen und des Gesundheitswesens währen des Schmerz- und Palliativtags in Frankfurt, konnten wir hier auch keine genaue Antworten finden.
Vermutet wird, dass die Patienten in diesen Bundesländern besonders gut aufgeklärt sind und somit bürokratische Hürden besser meistern. Schaut man sich die öffentlichen Daten von Ärzten an, die eine Cannabistherapie verordnen, kommt man ebenfalls schnell zu dem Schluss, dass die Mediziner in den beiden Bundesländern offensichtlich positiv gegenüber dieser Therapieform eingestellt sind.
Dies ist eine erfreuliche Entwicklung, besonders da die Bayerische Landesärztekammer nicht besonders gut auf eine Cannabistherapie zu sprechen ist. Einige Städte wie das unterfränkische Würzburg, mausern sich gar zu Ballungszentren für Cannabis als Medizin. Prominente Patienten, wie Günter Weiglein, sind hier zuhause. Und auch das erste Cannabis-Café Deutschlands, das Cannameleon, eröffnete hier kürzlich. Apotheken, wie die Röntgenapotheke, haben sich auf die Patienten und ihre Bedürfnisse spezialisiert. Auch die Patientenhilfe des ACM leistet hier wichtige Aufklärungsarbeit.
Kostenübernahmen durch Krankenkassen
Eine besonders spannende Frage war natürlich, wie häufig die Krankenkassen den Antrag auf Kostenübernahme angenommen oder abgelehnt hatten. Darüber hinaus haben wir gefragt, wie lange es von der Beantragung bis zur Ausstellung des ersten Cannabis-Rezeptes gedauert hat.
Wenn der Antrag auf Kostenübernahme genehmigt wurde, hatten die Patienten meist innerhalb von drei Wochen ihr erstes Rezept in den Händen. Legten sie Widerspruch gegen die Ablehnung ein, so dauerte es 3 bis 12 Monate.
In einigen Fällen dauern die Genehmigungsverfahren noch an, da die Patienten Klage bei Gericht eingereicht haben.
Für welche Indikationen wurde am häufigsten verordnet?
Die meisten Patienten erhalten Medizinalhanf wegen vielfältiger Beschwerden, am häufigsten gegen Schmerzen. Unter den Begriff „Schmerzen“ fallen jegliche Arten von Schmerzen, wie zum Beispiel Rückenschmerzen, entzündungsbedingte Schmerzen oder auch neuropathische und arthritische Schmerzen. Auch die psychischen Beschwerden wie Depressionen, Angstzustände, Schlafstörungen und posttraumatische Belastungsstörungen haben wir unter einem Begriff zusammengefasst. Krebs ist die dritte große Indikationsgruppe.
Bei dieser Auswertung muss gesagt werden, dass viele Patienten oft an mehreren Indikationen gleichzeitig leiden. Bei chronischen Schmerzen ist häufig eine Depression anzutreffen. Krebspatienten leiden gleich mehrfach unter diversen Symptomen und Nebenwirkungen. Besonders hier sind wir dankbar, wie gut die Cannabistherapie als Add-on zu gängiger Schuldmedizin anschlägt.
In welcher Form erhalten die Teilnehmer ihre Cannabismedizin?
Bei dieser Frage gab der Großteil der Umfrageteilnehmer an, Cannabisblüten zu erhalten. Weitaus weniger Patienten verwenden Cannabisvollspektrumextrakte, Sativex oder Dronabinol. Einige wenige Patienten verwenden auch Cannabisblüten und Dronabinol oder aber Cannabisblüten und Cannabisvollspektrumextrakte als Kombinationstherapie.
Fazit: Zwei Jahre Cannabis als Medizn
Cannabis als Medizin ist heute in der medizinischen Versorgung der Patientinnen und Patienten angekommen. Das Cannabisgesetz ist ein Meilenstein für viele Patienten, denen herkömmliche Therapien nicht geholfen haben. Jetzt ist die Politik gefordert, Stolpersteine und bürokratische Hürden beim Cannabisgesetz auszumerzen, um damit den Zugang zu Cannabis als Medizin zu erleichtern.