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Cannabisverordnung: Apotheken haben Prüfpflicht

Gesa-2019 Autor:
Gesa Riedewald

Eine Cannabis-Therapie muss vor der Ausstellung des Rezeptes von der Krankenkasse genehmigt werden. Diese Regelung gilt seit der Legalisierung von Cannabis als Medizin. Für Apotheken gibt es allerdings einen Haken: Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat entschieden, dass Apotheken diese Genehmigung prüfen müssen, sonst drohen sie auf den Kosten für das Cannabis-Produkt sitzen zu bleiben.

Cannabisverordnung: Apotheken haben Prüfpflicht

Cannabisverordnung durch Kassenarzt

Dass Patienten vor der Cannabisverordnung bzw. Beginn der Behandlung mit Cannabis eine Genehmigung bei ihrer Krankenkasse einholen müssen, regelt das Sozialgesetzbuch (SGB V). Laut Apotheke Adhoc ist das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) der Meinung, diese Regelung beziehe sich auf die Leistung von einem Vertragsarzt – also einem sogenannten „Kassenarzt“, der gesetzlich versicherte Patienten behandelt.

„Dafür spricht neben dem Wortlaut der Regelung (‚Verordnung‘, nicht ‚Rezept‘) der Umstand, dass der Apotheker keinen Vergütungsanspruch für die Abgabe von Cannabisblüten an Versicherte der GKV […] erwirbt, wenn er diese abgibt, ohne sich bei jeder Abgabe die notwendige Genehmigung der Erstverordnung vorlegen zu lassen.“

Prüfpflicht der Apotheken

Für Apothekerinnen und Apotheker ist vor allem der letzte Teil des Satzes interessant – und könnte große Auswirkungen auf deren Arbeitsalltag haben. Bisher waren sich Juristen einig, dass es keine generelle Prüfpflicht für die Apotheken gibt. Zwar lassen sich viele Apotheken bereits jetzt die Genehmigung vorzeigen oder halten Rücksprache mit dem behandelnden Arzt. Ob ein Patient eine Genehmigung für seine Cannabisverordnung bzw. Cannabis-Therapie hat oder nicht, wurde bisher aber nicht als Prüfaufgabe der Apotheken angesehen.

Auch in der Vergangenheit kam die Retaxierung von Medizinalcannabis zuerst beim Apotheker an. Daher haben diese Ende letzten Jahres gefordert, dass Patienten beim Einlösen des Cannabisrezepts ihre Genehmigung vorzeigen sollen. (Leafly.de berichtete.)

Bescheinigung von Privatarzt für Kassen nicht ausreichend

Das Gericht will ausschließen, dass sich Versicherte mithilfe der vertragsärztlichen Cannabisverordnung bereits vor einer Genehmigung Cannabis auf Kosten der Krankenkasse beschaffen. Nach erteilter Genehmigung der Erstverordnung muss die Folgeverordnungen allerdings nicht zwingend exakt der Erstverordnung entsprechen. Auch eine Erstverordnung auf Privatrezept ist möglich, wenn ein Vertragsarzt sie ausstellt.

In dem vor Gericht behandelten Fall hatte ein Patient im November 2017 bei seiner Krankenkasse einen Antrag auf Kostenübernahme einer Cannabis-Behandlung gestellt. Diesem Schreiben hatte der Versicherte eine ärztliche Bescheinigung eines Privatarztes beigefügt. Die Kasse lehnte den Cannabis-Antrag ab, da der Mediziner keine Zulassung als Vertragsarzt besaß.

Kritik an Genehmigungsvorbehalt

Die Oppositionsparteien Grüne und Linke kritisieren generell, dass die Krankenkassen der Behandlung mit Cannabis zustimmen müssen. Sie wollen das Cannnabisgesetz ändern und den sogenannten Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen kippen. (Leafly.de berichtete.)

Die Grünen argumentieren, dass der Genehmigungsvorbehalt sich in der Praxis nicht bewährt habe. Stattdessen könne er dazu führen, dass die Linderung der Beschwerden von Patientinnen und Patienten hinausgezögert oder sogar verhindert wird. Im Cannabisgesetz heißt es, die Behandlung sei „nur in begründeten Ausnahmefällen“ durch die Krankenkassen abzulehnen. Tatsächlich lehnen die Krankenkassen aber rund ein Drittel dieser Anträge ab. Die Grünen wollen die Entscheidung, ob ein Patient mit Cannabis behandelt wird oder nicht, wieder in die Hände der Ärztinnen und Ärzte legen.

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