Ist eine CBD-Therapie für Kinder und Jugendliche wirklich sicher?
Jugendliche konsumieren Cannabis freiwillig wegen der Rauscherfahrung, die durch das THC vermittelt wird. Cannabidiol (CBD), das zweite bedeutende Cannabinoid aus der Cannabis Pflanze, wirkt nicht psychoaktiv. Somit verursacht Cannabidiol keinen Rauschzustand. Ganz im Gegenteil. Vielmehr ist Cannabidiol in der Lage, die berauschende Wirkung des THC zu lindern. Daneben hat es selbst eine Reihe spannender Wirkungen, die immer stärker in den Fokus der Wissenschaft rücken. So zeigen diverse Untersuchungen, dass CBD antiinflammatorisch (entzündungshemmende Wirkung), analgetisch (schmerzlindernd), antiemetisch (gegen Übelkeit) und spasmolytisch (krampflösend) wirken kann.
CBD hat definierte Funktionen innerhalb des Endocannabinoidsystems. Doch neben den Möglichkeiten der Interaktion mit den Cannabinoidrezeptoren, kann es offenbar auch andere Ziele anvisieren und mit ihnen interagieren. Es kann auch über andere Mechanismen in die Regulation bestimmter Gene eingreifen. Über diese sogenannten “off-target” Effekte lassen sich einige medizinische Wirkungen von CBD erklären, beispielsweise seine Wirkung auf Krampf- und epileptische Anfälle.
Die genannten Effekte sind für die Behandlung verschiedener Erkrankungen von Bedeutung. Allerdings befinden sich Kinder und Jugendliche in der körperlichen und geistigen Entwicklung. Der Körper reagiert während dieser Phase sehr sensibel auf äußere Einflüsse. Wenn dann beispielsweise die Regulation von Genen oder empfindlich eingestellten Wechselwegen im Körper durch die Gabe von CBD-Produkten (z. B. CBD-Öl) oder anderen Cannabinoiden beeinflusst werden, könnte das auch ungünstige Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Doch diese Erkenntnisse wurden erst in jüngerer Vergangenheit gewonnen.
CBD-Therapie bei Epilepsie
In den letzten Jahren wurden einige Studien mit Kindern und Jugendlichen durchgeführt. Aufgrund des Wissens um die krampflösende Wirkung in Erwachsenen, wurden Kinder mit Epilepsie, vor allem mit dem Dravet-Syndrom und dem Lennox-Gastaut-Syndrom mit (reinem) CBD behandelt. In den meisten dieser Studien war die Verringerung der Krampfanfälle in den CBD-Gruppen stärker als bei einem Placebo. Das deutet auf eine positive Wirkung von CBD auf das Krampfgeschehen hin.
Leider sind die meisten Studien nur an wenigen Patienten durchgeführt worden. Gewisse Zufallseffekte lassen sich nicht ausschließen. Auch zeigten viele Studien andere methodische Mängel. Diese erschweren eine eindeutige und objektive Aussage. Neben den trotz allem beobachteten erfreulichen positiven Effekten auf die Epilepsie-Symptome, gab es auch eine Reihe von akuten Nebenwirkungen. Mögliche Nebenwirkungen bei einer CBD Behandlung können sein:
- Übelkeit
- Erbrechen
- Schwindel
- Durchfall
- Schläfrigkeit
- abnormales Verhalten
- Appetitlosigkeit
- Gewichtsverlust
- Verschlechterung der Leberwerte
Diese Ergebnisse zeigen, dass eine CBD-Therapie bei Kindern keinesfalls unkontrolliert erfolgen darf. Eine ärztliche Überwachung und regelmäßige Gespräche mit den Eltern sind immer angezeigt.
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CBD-Therapie: Günstige und ungünstige Wirkungen abwägen
Im Zusammenhang mit schweren Erkrankungen wie Epilepsie oder Krebs ist die Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen eventuell durch die Krankheit so eingeschränkt, dass bestimmte Nebenwirkungen in Kauf genommen werden, um dem betroffenen Kind Linderung von anderen Beschwerden zu verschaffen. In Fällen von weniger schwerwiegenden Erkrankungen kann das Verhältnis von Nebenwirkungen zu nützlichen Effekten deutlich schwächer ausfallen, sodass eine Behandlung mit CBD in der Summe kaum Vorteile bringt.
Langfristige Auswirkungen von CBD auf kindlichen Organismus unklar
Vollkommen unklar ist, welche Auswirkungen die Gabe von CBD langfristig auf die Entwicklung des kindlichen Gehirns und anderer Prozesse haben kann. Dazu gibt es noch keinerlei medizinische und wissenschaftliche Studien. Da aber, wie bereits erklärt, das Endocannabinoidsystem fein abgestimmt an zahlreichen Vorgängen im Körper und Nervensystem sowie der Genregulation beteiligt ist, ist zu vermuten, dass es Folgen haben wird. Diese sollten nicht leichtfertig in Kauf genommen werden.
Wissenschaftler betonen, dass die Gabe von reinem CBD oder aber CBD-Produkten wie CBd-Öl vor dem Erwachsenenalter nur nach reiflicher Abwägung des möglichen Nutzens und der Risiken erfolgen darf. Grundsätzlich ist in solchen Fällen aber reines CBD einem Cannabisextrakt oder anderen Medikamenten mit THC-Gehalt vorzuziehen.
Bedeutung von Cannabis in der Palliativbehandlung von Kindern
Außer bei Epilepsie und anderen Spastiken werden Cannabinoide bei Kindern und Jugendlichen noch in der Krebstherapie (bei durch Chemotherapie verursachter Übelkeit und Erbrechen) und besonders bei chronischen Schmerzen in der Palliativmedizin eingesetzt.
Palliativmedizin kommt zum Einsatz, wenn eine Krankheit wie Krebs nicht geheilt werden kann, ihre Beschwerden aber dennoch für den Patienten gelindert werden können.
Da es im Bereich der Palliativmedizin also um die Linderung von Symptomen bei schwerkranken Kindern geht, bekommt die Anwendung von THC eine andere Bedeutung. Da diese Kinder in vielen Fällen keine lange Lebensdauer mehr vor sich haben, sind langfristige Schädigungen durch THC oder andere Cannabinoide nicht von vorrangiger Bedeutung. Am wichtigsten ist für diese Kinder, das Leben hier und jetzt so angenehm wie möglich zu gestalten.
Dronabinol-Gabe bei Kindern
Aus einer Übersicht der Universität Witten/Herdecke und des Universitäts-Kinderspitals Zürich geht hervor, dass Dronabinol bei den jungen Patienten mit verschiedenen schwerwiegenden Grund- und Folgeerkrankungen eingesetzt wird. Den Kindern gemeinsam ist in der Regel eine große Unruhe, die bedingt sein kann durch Spastiken, einen gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus, Magen-Darm-Beschwerden, Reizbarkeit, ADHS und/oder Schmerzen. Auch bei diesen Kindern treten durch Dronabinol Nebenwirkungen auf, die teilweise auch zum Absetzen des Medikaments führen. Wichtig ist es, mit einer geringen Dosis zu beginnen und bei guter Verträglichkeit langsam zu steigern.
Die Mediziner berichteten von 19 Patienten, die Dronabinol bekommen hatten. Davon gingen die Symptome in 9 von 19 Fällen zurück. In 3 Fällen wurde das Dronabinol abgesetzt, weil keine Wirkung festgestellt werden konnte und in 7 weiteren Fällen war die Wirkung nicht beurteilbar, weil die Behandlung wegen Nebenwirkungen abgebrochen wurde oder die Einstellung bei anderen Ärzten erfolgt war.
Cannabinoide sind bei Kindern nicht das Mittel der ersten Wahl
Die Ergebnisse zeigen, dass Cannabis mit seinen Cannabinoiden wie THC und CBD in der Palliativmedizin bei Kindern eine Bedeutung zukommen kann. Allerdings betonen alle Mediziner und Wissenschaftler, dass Cannabis nicht das Medikament der ersten Wahl ist. Leider fehlen auch in diesem Bereich gute und randomisierte Studien, um klare Aussagen treffen zu können, in welchen Fällen und bei welchen Krankheiten, sowie bei welchen Symptomen cannabinoidhaltige Medikamente eine sinnvolle Option für schwerkranke Kinder sein können.
Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.
Quellen: