Als Erstes habe ich mir den „Arztfragebogen zu Cannabinoiden nach § 31 Abs. 6 SGB V“ aus dem Internet heruntergeladen und ausgedruckt. Den Fragebogen und eine tolle Erklärung findet ihr hier.
Zusammensuchen der medizinischen Befunde
Ich habe zum Glück einen speziellen Ordner, in dem ich seit Jahren alle medizinischen Befunde und Dokumente abhefte. Für diesen Fragebogen suchte ich alle Befunde heraus, die für eine Schmerztherapie relevant waren. So zum Beispiel die aktuellen Befunde über meine Krebserkrankung und Rezeptkopien der Schmerzmedikation gegen mein chronisches Schmerzsyndrom in der Wirbelsäule. Kurzum also einfach alles, was belegen kann, welche Medikamente ich bereits genommen habe.
Wer keine Unterlagen zu Hause hat, sollte sich an die behandelnden Ärzte wenden und diese bitten, Kopien der Befunde auszuhändigen. Zur Info: Nach Abschluss einer Untersuchung müssen Ärzte ihre Aufzeichnungen und Befunde zehn Jahre lang aufheben. Patienten haben einen Informationsanspruch! Also nicht vom Arzt abwimmeln lassen.
Schilderung meines Alltags
Um meinem Antrag noch mehr Gewicht zu verleihen, hatte ich mich dazu entschieden, über meinen Alltag zu berichten. Denn meine Erkrankungen und Beschwerden beeinflussen mein berufliches und privates Leben schließlich seit vielen Jahren. Auf acht DIN-A4-Seiten habe ich also die letzten Jahre geschildert und dargelegt, was ich von einer Therapie mit Medizinalcannabis erwarte.
Nachdem ich den Antrag samt medizinischer Unterlagen und meinem persönlichen Bericht eingereicht hatte, war ich doch sehr erstaunt darüber, dass der MDK keine Einwände oder Nachfragen hatte. Ich würde mir wünschen, dass es bei allen Patienten so reibungslos ablaufen würde.
Genehmigung ja – Arzt nein
Da die Krankenkasse meinen Antrag sofort bewilligte, war ich sehr erleichtert. Einen Arzt zu finden, der mir Medizinalcannabis verordnet, war allerdings alles andere als leicht. Hierüber habe ich bereits in einer anderen Kolumne berichtet.
Mein erster Tag mit Medizinalcannabis
Ganz ehrlich, mir war wirklich mulmig, als ich das erste Mal das Medizinalcannabis vor mir liegen hatte. Denn ich hatte zuvor noch nie Cannabis konsumiert.
Vor mir sah ich also verschiedene weiße Dosen mit bereits granulierten Cannabisblüten und ein weiterer Karton mit dem Vaporizor. Als Technikfreak stürzte ich mich erst einmal auf den Vaporizor und studierte dessen Betriebsanleitung. Danach wusste ich auch, wie ich mit den Cannabisblüten umgehen musste.
Mutig öffnete ich dann die erste Dose. Mir stieg der typische Cannabisgeruch in die Nase, beim weiteren „Hineinriechen“ konnte ich jedoch auch den Duft von Beeren, Erde und Zitrusfrüchten erkennen. Ich begann, meine Kapseln vom Vaporizor zu füllen und beschloss, noch am Abend mit der Therapie zu beginnen.
Endlich wieder in Ruhe durchschlafen
Etwas zögerlich inhalierte ich also den Dampf der ersten Kapsel meines Abendcannabis und hoffte, dass mich nicht auf der Stelle der Schlag treffen möge. Ich hatte Angst vor der Wirkung bzw. wusste ich nicht, was auf mich zukommt.
Der Vaporizor war für etwa zwei Minuten in Betrieb und in der Zeit konnte ich entspannt inhalieren. Nach fünf bis sechs Zügen ging das Gerät dann auch aus und ich wollte erst einmal abwarten und schauen, was passiert. Nach ungefähr zehn Minuten wurde ich tatsächlich müde und ging ins Bett. Ich schlief völlig entspannt und wurde nicht einmal wach. Außerdem hatte ich keine Alpträume und konnte meinem Gehirn auch nicht beim Denken zuhören. Es war einfach wunderbar.
Der Morgen danach
Ich erwachte am nächsten Morgen um 05:00 Uhr, als der Wecker klingelte. Ich war ausgeschlafen und fühlte mich zum ersten Mal seit langem wirklich erholt.
Diejenigen von euch, die auch unter einem Fatigue-Syndrom leiden, werden wissen, was ich meine. Ich machte mich fertig für mein Training im Fitnessstudio und wollte ausprobieren, ob ich trainieren kann, und ob sich meine Knochenschmerzen durch die Einnahme des Medizinalcannabis verbesserten.
Also startete ich meinen Vaporizor mit meiner Tagessorte und ich merkte nach drei Minuten bereits, dass meine Schmerzen in der Wirbelsäule und in den Gelenken deutlich weniger wurden. Außerdem konnte ich spüren, dass mein Kopf sich entspannte. Ich wurde ruhiger und gelassener, war weniger gestresst und freute mich auf den Tag.
Nein, ich wurde nicht müde und musste auch nicht andauernd lachen oder grinsen. Ich hatte auch keinerlei Gelüste nach Schokolade oder anderen Lebensmitteln. Ich konnte wunderbar trainieren, war leistungsfähiger und fokussierter. Das war sonst durch die Schmerzen während des Trainings deutlich schlechter.
Ihr seht, Cannabisblüten lassen sich gut dosieren und steuern. Habt Mut und traut euch, eure Ärzte darauf anzusprechen und diese Therapie auch einzufordern.
Lasst es euch gut gehen!
Eure Christine
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Mehr zu Christine
Trotz ihrer schweren Krebserkrankung setzt sich Christine bei bei LiLy’s Voice Europe gUG als ehrenamtliche Geschäftsführerin und Patientenvertreterin für andere Patienten ein. LiLy’s Voice ist eine europaweit tätige gemeinnützige Organisation, die Patienten mit Lip- und Lymphödem sowie Dercum Erkrankung unterstützt und informiert. Darüber hinaus bietet Christine als erfahrene Cannabis-Patientin anderen Betroffenen Unterstützung bei ihrem Cannabis-Antrag für die Krankenkasse. Aber auch wenn es um Widerspruch geht, hilft die ehemalige Krankenschwester. Hier geht es zu Christines Patientenakte auf Leafly.de.