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COPD: Volkskrankheit mit der höchsten Steigerungsrate

Leafly: Alexandra Latour Autor:
Alexandra Latour

Bei Patienten mit einer fortgeschrittenen chronischen-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) scheint inhaliertes Cannabis die Trainingsleistung und die aktivitätsbedingte Kurzatmigkeit nicht zu verbessern oder zu verschlechtern. Dies geht aus einer randomisierten kontrollierten Studie hervor, deren Ergebnisse jetzt im „Annals of the American Thoracic Society“ veröffentlicht wurden.

COPD: Volkskrankheit mit der höchsten Steigerungsrate

COPD: Was ist das?

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung gehört zu den weltweit am häufigsten auftretenden Erkrankungen der Lunge und gilt in Deutschland bereits als Volkskrankheit. Es handelt sich hierbei um eine langsam fortschreitende Lungenkrankheit, infolge dessen sich die Lungenfunktion immer weiter verschlechtert. Oftmals handelt es sich bei der Erkrankung um eine Kombination aus chronischer Bronchitis und Lungenemphysem.

Was heißt COPD?

Die Abkürzung bedeutet chronic obstructive pulmonary disease und heißt aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Mediziner nennen die Erkrankung chronisch obstruktive Bronchitis (COB).

Warum bekommt man COPD?

Häufig ist eine lang anhaltende Schadstoffbelastung, wie zum Beispiel das jahrelange Einatmen von schädlichen Stoffen, die Ursache der obstruktiven Lungenerkrankung. Der größte Risikofaktor ist jedoch das Rauchen. So ist das Rauchen bei bis zu 90 Prozent aller Krankheitsfälle die Ursache für die Entstehung der Krankheit.

Daneben können auch erbliche Ursachen infrage kommen. In einigen Fällen führt ein Gendefekt, der sogenannte Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, zu der Lungenfunktionsstörung. Alpha-1-Antitrypsin (AAT) ist ein Protein (Bluteiweiß), das die Proteasen-Enzyme inaktiviert. Diese sollen normalerweise zerstörtes Gewebe bei Entzündungsprozessen abbauen. Liegt jedoch ein Mangel an Alpha-1-Antitrypsin vor, so schädigen die Proteasen das Lungengewebe.

Infolge dessen entwickelt sich eine chronische Entzündung und die Bronchien verengen sich (chronische Bronchitis). Im weiteren Krankheitsverlauf kann sich dann ein Lungenemphysem bilden. Zudem kann die Leber Schaden nehmen, sodass sich eine Leberzirrhose entwickelt.

COPD: Welche Beschwerden treten auf?

Die Lungenkrankheit COPD geht mit Husten und Auswurf einher. Zu Beginn der Erkrankung tritt bei körperlicher Belastung eine Atemnot auf. Bei einer akuten Verschlechterung (Exazerbation) fällt den Betroffenen auch ohne körperliche Aktivität das Atmen schwer. Es entwickelt sich dann auch ein chronischer Husten und es wird immer schwieriger, den Auswurf abzuhusten. Zudem verschlechtert sich die Lungenkapazität, sodass es zu einer Zyanose mit blauen Lippen und Fingern kommt.

COPD: Welche Stufen gibt es?

Es gibt vier COPD-Stadien.

Im Jahr 2017 hat die Global initiative for chronic Obstructiv Lung Disease (GOLD) die Klassifizierung der vier Krankheitsstadien verfeinert.

Für die Stadieneinteilung der obstruktiven Lungenkrankheit werden die Symptome, die Einschränkung der Lungenfunktion, die plötzliche Verschlechterung (Exazerbationsrate) sowie das Ergebnis eines Patienten-Fragebogens herangezogen.

Weitere Informationen zu den COPD-Stadien sowie zur COPD-Diagnose bietet die Webseite der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin der Deutschen Atemwegsliga.

Therapie und Behandlung

Grundsätzlich richtet sich die Therapie bei der obstruktiven Lungenerkrankung nach dem Schweregrad. Mithilfe von nicht-medikamentösen und medikamentösen Therapien sollen die Symptome gelindert, die körperliche Belastbarkeit erhöht sowie die Lebensqualität des COPD-Erkrankten verbessert werden. Außerdem sollen mithilfe der Therapie akute Verschlechterungen und das Auftreten von Komplikationen verhindert werden.

Einer der wichtigsten Therapiebausteine ist, dass die COPD-Patienten mit dem Rauchen aufhören. Studien zufolge weisen Betroffene, die den Rauchstopp schaffen, eine niedrigere Sterblichkeitsrate auf.

Darüber hinaus ist es auch wichtig, dass Patienten im Rahmen der Therapie an COPD-Schulungen teilnehmen. Hier erfolgt nicht nur eine umfassende Aufklärung über die Erkrankung, sondern die Betroffenen lernen auch das richtige Atmen und korrekte Inhalationstechniken. Außerdem werden die Patienten darin geschult, rechtzeitig eine Verschlechterung (Exazerbationen) zu erkennen.

Medikamentöse COPD-Therapie

COPD: Medikamente können die Beschwerden lindern.

Mithilfe von verschiedenen Medikamenten können die Symptome der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung gelindert sowie das Voranschreiten verzögert werden.

Zum Einsatz kommen vor allem Bronchodilatatoren (Beta-2-Sympathomimetika, Anticholinergika und Theophyllin). Diese sollen die Bronchien erweitern, die Entzündungen lindern und die Schleimhaut abschwellen lassen.

Bei den Bronchodilatatoren wird zwischen kurz und lang wirksamen Medikamenten unterschieden.

Generell gelten die lang wirksamen Medikamente als effektiver. Auch die Anwendung gilt als einfacher, da sie lediglich ein- oder zweimal im Tag eingenommen werden müssen.

Sollte die Anwendung eines einzelnen Wirkstoffes nicht ausreichend wirken, können Beta-2-Sympathomimetika und langsam wirksame Bronchodilatatoren kombiniert werden. Eine derartige Kombination kann auch zum Einsatz kommen, wenn die Beta-2-Sympathomimetika starke Nebenwirkungen, wie beispielsweise Probleme mit dem Herz-Kreislauf-System (Herzrasen) und starkes Zittern, verursachen. Solch eine Kombination kann also das Risiko für Nebenwirkungen senken.

Neue Medikamentengruppe

Die Phosphodiesterase-4-Hemmer (PDE-4-Hemmer) sind eine neue Medikamentengruppe, die bei schweren COPD-Fällen mit häufigen Exazerbationen zum Einsatz kommen. Bisher ist der einzige Vertreter der Wirkstoff Roflumilast, der die Wirkung des Enzyms PDE4 blockiert. Dieses Enzym ist an den Entzündungsprozessen beteiligt.

Allerdings ist dieses Medikament nicht nebenwirkungsarm. Zu den möglichen Nebenwirkungen gehören Angstzustände, Nervosität, Depressionen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen sowie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.

Weitere medikamentöse Behandlungsmaßnahmen

Gegen die chronische Entzündung der Atemwege erhalten einige Patienten, vor allem diejenigen, die auch unter Asthma leiden, auch Kortison zum Inhalieren. Hiermit kann einer akuten Exazerbation vorgebeugt werden.

Bei der COPD-Erkrankung kommen schleimlösende Arzneimittel meist nur dann zur Anwendung, wenn eine massive Verschleimung vorliegt. In solchen Fällen kann auch schon das Inhalieren mit Salzlösungen hilfreich sein. Sollte es zu einem Infekt kommen, erhalten Patienten Antibiotika.

Darüber hinaus sollten COPD-Patienten ausreichend Flüssigkeit aufnehmen. Jedoch dürfen sie nicht übermäßig viel trinken, da dies die Lunge zusätzlich belasten kann. Infolge dessen kann sich eine chronische Cor Pulmonale („Lungenherz“) entwickeln. Die rechte Herzkammer, die sauerstoffarmes Blut in die Lunge pumpt, kann ihre Aufgabe nicht mehr richtig erfüllen, da sie sich stark weitet.

Behandlungsmaßnahmen bei akuter COPD-Exazerbation

Je nachdem, wie schwer ein COPD-Patient bei einer akuten Exazerbation beeinträchtigt ist, erfolgt die Behandlung ambulant oder auch stationär. In einigen Fällen ist es ausreichend, die Dosis der Arzneimittel zu erhöhen. Sollten jedoch Fieber und gelb-grüner Auswurf auftreten, kann es sich um eine Infektion handeln. Hier ist dann eine Behandlung mit Antibiotika notwendig.

Im fortgeschrittenen Stadium oder auch bei einer schweren Exazerbation empfiehlt sich eine stationäre Behandlung in einem Krankenhaus.

Nicht-medikamentöse Behandlungen

COPD-Patienten sollten aktiv bleiben.

Aufgrund dessen, dass Betroffene vor allem bei Belastungen schwerer atmen können, bewegen sie sich auch weniger. Das hat zur Folge, dass die Belastungsfähigkeit noch weiter abnimmt.

Deshalb ist es unbedingt notwendig, dass Betroffene ein regelmäßiges körperliches Training, wie zum Beispiel Atem- oder Physiotherapie oder auch spezieller Lungen-Sport im Rahmen von Rehabilitationsprogrammen.

Die Krankheit schreitet chronisch fort und im fortgeschrittenen Stadium ist die Lunge so stark geschädigt, dass die Betroffenen unter einer ständigen Atemnot leiden. In solch einem Fall kommt eine Sauerstoff-Langzeittherapie zum Einsatz, sodass sich die Sauerstoffkonzentration im Blut stabilisiert.

Kann Cannabis als Medizin bei COPD eingesetzt werden?

Im Jahr 2017 kündigte das kanadische Cannabisunternehmen Tilray an, gemeinsam mit der McGill University in Montreal zu untersuchen, welchen Einfluss das Verdampfen von Medizinalcannabis auf die COPD-Symptome hat. Sobald die ersten Ergebnisse vorliegen, werden wir selbstverständlich darüber berichten.

Ein Jahr später widmet sich ein weiteres Forscherteam von der McGill University dem Thema Cannabis als Medizin und wie sich das Verdampfen auf die Lungenerkrankung auswirkt. In Ergebnis der klinischen Studie heißt es, dass es zwischen verdampftem Cannabis und einem Placebo (Scheinmedikament) keine Unterschiede auf das Lungenvolumen sowie die Herzfrequenz in Ruhe und bei Aktivität gab.

Durchführung der Studie

COPD und medizinisches Cannabis

In der aktuellen Untersuchung nahmen 16 Patienten mit fortgeschrittener COPD teil, die eine umfangreiche medikamentöse Therapie erhielten. Die Auswahl der Teilnehmer erfolgte nach dem Zufallsprinzip. Sie erhielten eine einzelne Dosis Cannabis zum Verdampfen oder ein Placebo vor dem Training auf einem stationären Fahrrad. Weder die Forscher noch die Patienten wussten, wann sie das verdampfte Cannabis oder das Placebo erhielten.

Die Last der Atemnot bei Betroffenen ist hoch. Selbst bei optimaler medikamentöser Behandlung leiden viele Patienten weiterhin an Atemschwierigkeiten in Ruhe und bei der Ausübung von Alltagsaktivitäten. Da die Probanden in der Studie nach dem Verdampfen von Medizinalcannabis über eine Linderung der Beschwerden und eine positive Wirkung berichteten, wollen die Forscher nun die Studie weiterverfolgen.

Frühere Untersuchungen weisen auf Wirksamkeit von Cannabis hin

In den 1970er Jahren berichteten kontrollierte Studien, dass das Rauchen von Cannabis die Atemwege von Erwachsenen mit und ohne Asthma öffnete. In jüngerer Zeit fand eine große Beobachtungsstudie einen positiven Zusammenhang zwischen dem Cannabiskonsum und dem forcierten exspiratorischen Volumen (die Menge an Luft, die in einer Sekunde gewaltsam ausgeatmet wird) sowie der forcierten Vitalkapazität (die Gesamtmenge an Luft, die nach einer tiefen Aufnahme ausgeatmet wird).

Lesen Sie auch diesen Artikel zum Thema Asthma und Medizinalcannabis.

Weitere Studien sind erforderlich

Senior Studienautor Dennis Jensen, PhD erklärte, dass die Studienergebnisse möglicherweise nicht verallgemeinert werden können, da die Teilnehmer eine kleine homogene Gruppe von Patienten mit stabiler, aber fortgeschrittener COPD, war.

Zusätzlich zu der Tatsache, dass alle Teilnehmer eine optimale COPD-Therapie erhielten, schlug Dr. Jensen eine Reihe von Faktoren vor, die den therapeutischen Nutzen von Cannabis begrenzt haben könnten, so zum Beispiel die Dosis von Cannabis, die inhalative Einnahme statt einer oralen Einnahme und vor allem deswegen, weil Cannabis nur einmal verabreicht wurde.

Weiter erklärte Jensen, dass zukünftige Studien aufgrund der positiven Effekte gerechtfertigt seien. So müsse man die Wirkung mit unterschiedlichen Dosen von verdampftem oder oralen Cannabis über einen längeren Zeitraum bei Betroffenen beobachten.

 

Quellen:

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