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DNA und personalisierte Cannabisempfehlungen

Leafly: Alexandra Latour Autor:
Alexandra Latour

Personalisierte Cannabisprodukte abgestimmt auf die eigene DNA? Angesichts der immer weiter fortschreitenden Forschung auf diesem Gebiet, ist das gar nicht so abwegig. Wir haben uns jetzt etwas näher mit diesem Thema befasst.

DNA und personalisierte Cannabisempfehlungen

Die Cannabinoide und Terpene in der Cannabispflanze interagieren nach dem Konsum mit der internen Biochemie jedes Menschen unterschiedlich. Wie genau Cannabis bei einem Menschen wirkt, hängt von verschiedenen Faktoren ab (Leafly.de berichtete). Der kritischste Faktor ist jedoch die Zusammensetzung des eigenen Endocannabinoidsystems sowie der Chemikalien und Neuronen im Gehirn und Körper, die auf die Inhaltsstoffe der Cannabispflanze reagieren. Einem interessanten Bericht zufolge, enthält die DNA die spezifischen Anweisungen für das menschliche Endocannabinoidsystem.

Was ist die DNA eigentlich?

Die DNA (Desoxyribonukleinsäure) ist ein langes Molekül, das die Anweisungen zum Aufbau jedes einzelnen Teils eines Organismus enthält. Sie besteht aus vier Verbindungen, die sich paaren:

  • (A) Adenin
  • (T) Thymin
  • (C) Cytosin
  • (G) Guanin

99,5 Prozent der Basenpaarkombinationen, aus denen Menschen bestehen, sind von Person zu Person identisch. Der Unterschied von 5 Prozent macht sie jedoch einzigartig. Varianten sind die genetischen Unterschiede, die 0,5 Prozent ausmachen.

Bei einem Gen handelt es sich lediglich um einen DNA-Abschnitt, der den Code für die Herstellung und Organisation spezifischer Moleküle enthält, die schließlich als Bausteine für verschiedene Teile und Funktionen eines Organismus dienen. Varianten in bestimmten Genen wurden als Determinanten für Tausende verschiedener Merkmale identifiziert, von der Frage, ob jemand blaue oder grüne Augen hat oder ob sie eine Muskeldystrophie (Muskelerkrankung) haben oder nicht. Während neue Forschungen zu Cannabis und dem Körper durchgeführt werden, tauchen immer mehr genetische Verbindungen auf, die Ihre Reaktion auf Cannabis vorhersagen können.

Cannabis und DNA

Mit Genen, die die Anweisungen für die Bildung von Enzymen und Proteinen enthalten, aus denen sich alle Bestandteile des Gehirns und Körpers zusammensetzen, ist leicht zu erkennen, wie sich dies auf das Endocannabinoidsystem und damit auf die Wirkung von Cannabis auswirken könnte. Ein extremes Beispiel dafür ist der klinische Endocannabinoid-Mangel. Es wird angenommen, dass es sich hierbei um eine genetische Erkrankung handelt, bei der der Körper eines Betroffenen im Vergleich zu einer „gesunden“ Person deutlich weniger endogene Cannabinoide und Rezeptoren produziert. Damit stellt der Endocannabinoid-Mangel eine offensichtliche Verbindung zwischen der DNA und Cannabis dar.

Wer einen solchen Endocannabinoid-Mangel aufweist, benötigt wesentlich mehr Cannabis, um dieselben Wirkungen zu erzielen wie jemand, der keinen Endocannabinoid-Mangel hat. Andere genetische Verbindungen, die die Reaktion auf Cannabis vorhersagen, können etwas heimtückischer sein. Hierzu nehme man beispielsweise die Gene CYP2C9 und CYP2C19. Sie codieren für ein Enzym, das THC bzw. CBD abbaut. Varianten dieser Gene können dazu führen, dass die von ihnen erzeugten Enzyme bis zu 30 Prozent weniger effektiv sind.

Dies bedeutet, dass der Abbau von THC und CBD bei Konsumenten mit diesen Genveränderungen weniger effektiv ist. Dieser Aufschlüsselungsprozess ist eine kritische Variable, die bei der Verwendung von Cannabis oder auch anderen Arzneimitteln/Chemikalien zu berücksichtigen ist. Tatsächlich zielen manche Arzneimittel auf dieses Abbausystem ab. Der Abbau endogener Chemikalien wird gehemmt, sodass sie länger wirksam bleiben können und „mehr“ des beabsichtigten Ergebnisses produzieren.

Die Antidepressiva SSRIs (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) verzögern beispielsweise den Abbau von Serotonin. In ähnlicher Weise führt der langsame Abbau von THC dazu, dass das Cannabis länger wirkt. Erkenntnisse darüber, welche Varianten des CYPC9 und CYP2C19 eine Person hat, könnten also dabei helfen, die Dosierungs-/Titrationsmodelle zu bestimmen.

Personalisierte Cannabisprodukte?

Angesichts der Wirksamkeit von Cannabis als Behandlungsoption für eine Vielzahl von Erkrankungen und der DNA bei der Bestimmung der Wahrscheinlichkeit, mit der eine Person eine bestimmte Erkrankung entwickelt, ist es naheliegend, dass der Nutzer durch die Berücksichtigung genetischer Prädispositionen seine Auswahl an Cannabisprodukten optimieren kann. Unter Berücksichtigung der zahlreichen Cannabisprodukte und Sorten, die auf dem legalen Markt erhältlich sind, stehen den Nutzern zahlreiche Optionen mit unterschiedlichen Cannabinoid- und Terpenverhältnissen zur Verfügung.

Eine solche Produktpalette, gepaart mit dem Verständnis der eigenen DNA, ermöglicht eine personalisierte Produktauswahl. Zum Beispiel kann eine Vielzahl von Genen dafür verantwortlich sein, eine Alzheimer- oder Demenzerkrankung zu entwickeln. Auf der anderen Seite haben Studien gezeigt, dass das Terpen Pinen eine neuroprotektive Wirkung haben kann, sodass die Gedächtnisfunktion gezielt verbessert werden kann. Cannabiskonsumenten mit solchen Prädispositionen könnte damit empfohlen werden, Cannabisprodukte mit hohem Pinenanteil zu wählen. Ähnliche Assoziationen gibt es für Personen mit einer Tendenz zur Entwicklung von Schizophrenie oder psychotischen Episoden, bei denen Produkte mit niedrigem THC-Gehalt und hohem CBD anti-psychotische Wirkungen hervorrufen können.

Cannabis-Gentest aus Kanada

Wir haben bereits im vergangenen Jahr über das Biotech-Unternehmen AnantLife aus Kanada berichtet, das den weltweit ersten Cannabis-Gentest auf den Markt gebracht hat. Nachdem eine Person eine Speichelprobe an das Unternehmen geschickt hat, führt dieses eine NextGen-Sequenzierung der DNA durch. Mithilfe von verschiedenen molekularbiologischen Methoden werden dann die genetischen Marker in der DNA identifiziert, die auf eine höhere Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen durch den Konsum von Cannabis hinweisen, wie zum Beispiel Komplikationen bei psychischen Störungen oder das Risiko, psychisch vom Rauchen abhängig zu werden.

Es ist vermutlich nur noch eine Frage der Zeit, bis auch umfangreichere DNA-Tests entwickelt werden, um dann ggf. personalisierte Cannabisprodukte empfehlen zu können.

 

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