2-Arachidonylglycerol (2-AG) ist nach Anandamid das zweit wichtigste Endocannabinoid, also ein Cannabinoid, das vom Körper selbst produziert wird. Hierbei handelt es sich um ein Ester aus Arachidonsäure und Glycerol. In unserem Endocannabinoidsystem kann das Endocannabinoid 2-AG den Cannabinoid-Rezeptor 1 (CB1) und den Cannabinoid-Rezeptor 2 (CB2) aktivieren.
In den vergangenen Jahren haben verschiedene Forscher immer wieder die Rolle des Endocannabinoidsystems bei neurodegenerativen Erkrankungen untersucht. So fanden beispielsweise Wissenschaftler im Rahmen einer Studie bei verstorbenen Alzheimer-Patienten Veränderungen am Endocannabinoidsystem, die sich vorwiegend in den Hauptimmunzellen des Zentralnervensystems in den Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2 zeigten. Hieraus schlussfolgerten die Forscher, dass das Endocannabinoidsystem bei der Entwicklung der Alzheimer-Krankheit von Bedeutung sein könnte.
US-Forscher gehen jetzt allerdings noch einen Schritt weiter und sind bei ihren Untersuchungen zum Ergebnis gekommen, dass sich die Produktion des Endocannabinoids 2-AG bei Fadenwürmern lebensverlängernd auswirkte.
Lebensdauerstudien mit Fadenwürmern
Die Forscher setzten verschiedene Methoden ein, um den Alterungsprozess von Fadenwürmern (Caenorhabditis elegans) zu untersuchen. Normalerweise leben die winzigen Würmer nur wenige Wochen. Lebensdauerstudien mit diesen Würmern beinhalten oftmals das Stummschalten eines bestimmten Gens im embryonalen Stadium des Lebens. Hierdurch kann dann festgestellt werden, ob sich die durchschnittliche Lebensdauer verlängert. Die Forscher der aktuellen Studie nutzen jedoch niedermolekulare Verbindungen, um enzymatische Pfade in adulten Würmern zu stören – in der Hoffnung, dass dadurch Pfade entdeckt werden, die die Lebensdauer regulieren.
„Das Schöne an diesem Ansatz ist, dass alle von uns identifizierten Verbindungen, nützliche Instrumente sein können, um zu untersuchen, ob die gleichen Mechanismen und Ziele auch das Alterungsverhalten bei Säugetieren modulieren“, erklärte Michael Petrascheck, Co-Autor der Studie von der der University of California.
Das Forscherteam verwendete niedermolekulare Verbindungen, von denen bekannt ist, dass sie bestimmte Enzyme (Serinhydrolasen) bei Säugetieren hemmen.
„Stoffwechselprozesse sind sehr wichtig für die Bestimmung der Alterungs- und Lebenszeit, und Serinhydrolasen sind wichtige metabolische Enzyme. Daher dachten wir, dass es eine gute Chance für uns ist, ein wichtiges alterndes Enzym auf diese Weise zu finden“, führte die Erstautorin der Studie, Alice Chen, aus.
Ergebnisse der Studie zum Endocannabinoid 2-AG
Im Ergebnis heißt es, dass einige der Verbindungen die durchschnittliche Lebensdauer der Würmer um mindestens 15 Prozent verlängerte. Eine Carbamat-Verbindung namens JZL184 verlängerte die Wurmlebensdauer bei optimaler Dosis um 45 Prozent. Mehr als die Hälfte der mit JZL184 behandelten Würmer war nach 30 Tagen noch am Leben und anscheinend gesund.
JZL184 wurde ursprünglich von den Forschern als Inhibitor des Säugetierenzyms Monoacylglycerol-Lipase (MAGL) entwickelt. Dessen normale Aufgabe besteht darin, das Endocannabinoid 2-AG aufzubauen.
Weiter führten die Forscher aus, dass es bei den Fadenwürmern seltsamerweise kein entsprechendes MAGL-Enzym gibt. Daher war das Ziel von JZL184 bei diesen Tieren ein Rätsel. Jedoch stellten die Forscher bald darauf fest, dass eines der Hauptzielenzyme für JZL184 in Würmern die Fettsäureamidhydrolase 4 (FAAH-4) war. Obwohl FAAH-4 und MAGL in Bezug auf ihre Aminosäuresequenzen nicht verwandt sind, zeigten weitere Experimente überraschenderweise, dass FAAH-4 in Würmern das tut, was MAGL bei Menschen und anderen Säugetieren macht, nämlich das Endocannabinoid 2-AG produzieren.
Das Endocannabinoid 2-AG ist schon in früheren Studien mit dem Altern bei Säugetieren in Verbindung gebracht worden. Hier führten die Forscher eine Studie an, in der man Beweise dafür fand, dass der 2-AG-Spiegel in den Gehirnen alternder Mäuse abfällt. Dies hängt vermutlich mit der erhöhten MAGL-Aktivität zusammen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Untersuchung des FAAH-4/2-AG-Stoffwechselweges in Würmern eines Tages lebensverlängernde Strategien für Menschen erbringen könnte.
„An diesem Punkt scheint es zumindest plausibel, dass es sowohl bei Würmern als auch bei Säugetieren einen Cannabinoid-Signalweg gibt, der die Langlebigkeit und möglicherweise altersbedingte Erkrankungen beeinflusst“, führten die Forscher aus.