Wieso ein neues Ausschreibungsverfahren?
Im August hatten Dr. Wieland Schinnenburg und andere Mitglieder der FDP-Fraktion im Bundestag eine Kleine Anfrage zum Thema Cannabis-Ausschreibung gestellt. Darin fragen die Liberalen unter anderem: Wieso wurde die erste Cannabis-Ausschreibung komplett aufgehoben? Und hätte es nicht Alternativen zu einer neuen Ausschreibung gegeben? Und warum wurden die Anbaumengen derart eingeschränkt, fragen wir uns.
In der jetzt vorliegenden Antwort der Bundesregierung erklärt diese, dass die Aufhebung des ersten Verfahrens und eine erneute Cannabis-Ausschreibung das Ziel hat, das Vergabeverfahren zügig fortzusetzen. In der neuen Ausschreibung seien darüber hinaus die Mindestbedingungen zur Eignung präzisiert, schreibt die Bundesregierung. Demnach haben Bieter mit Erfahrung im Anbau und in der Verarbeitung von Arzneipflanzen nun die gleichen Chancen wie Bieter mit Erfahrungen im Cannabis-Anbau.
Anbau von Cannabis verzögert sich wegen „schlampiger Ausschreibung“
Das BfArm (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) hat vor dem OLG Düsseldorf im März 2018 eine juristische Niederlage erlitten, woraufhin es das erste Ausschreibungsverfahren stoppte. (Leafly.de berichtete.) Die FDP merkt jetzt an, dass das ursprüngliche Vergabeverfahren hätte nachgebessert werden sollen, „um möglichst schnell voranzukommen“. Die Verzögerungen im Anbau von pharmazeutischem Cannabis gehen auf das Konto des BfArM, das dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) untersteht:
„Das Vorgehen des BfArM mit Medizinalcannabis ist weiter unbefriedigend: Durch eine schlampige Ausschreibung wurde die Produktion in Deutschland um mindestens ein Jahr verzögert.“ Das erklärt Dr. Wieland Schinnenburg, Sprecher für Sucht- und Drogenpolitik der FDP-Bundestagsfraktion.
Die Bundesregierung plant, die Aufträge für die Produktion von Medizinalcannabis im ersten Quartal 2019 zu vergeben. Bereits im Vorfeld hatte das BfArM mitgeteilt, dass es mit der ersten Ernte in Deutschland im Jahr 2020 rechnet.
Nachfrage nach Medizinalhanf enorm
Zu konkreten Patientenzahlen macht die Bundesregierung in ihrer Antwort keine Aussage. Sie verweist allerdings auf eine Mitteilung des GKV-Spitzenverbandes, aus dem hervorgeht, dass die Cannabis-Verordnungen rasant zunehmen. (Mehr zu dem Thema hier.)
Laut Bundesregierung haben auch die Importeure von Medizinalhanf in großem Umfang eine Erhöhung der genehmigten Anbaumengen beantragt. Inzwischen wurde der Import von 3.200 kg Medizinalhanf genehmigt. Gerade kürzlich hat Gesundheitsminister Jens Spahn die Liefermengen für medizinisches Cannabis aus den Niederlanden verdoppelt. Die Liefermengen für niederländische Cannabisblüten wurden von 700 kg auf bis zu 1.500 kg erhöht.
Geplante Anbaumengen reichen nicht aus
Vor dem Hintergrund, dass bereits jetzt 3.200 kg Cannabis importiert werden müssen, bewertet die FDP die geplanten Anbaumengen im neuen Ausschreibungsverfahren als zu gering. Aktuell ist darin der Anbau von 2.600 kg Cannabis in Deutschland geplant. Diese Menge kann bei Bedarf dank einer „Öffnungsklausel“ im Bedarfsfall um 30 Prozent auf 3.380 kg erhöht werden.
„Die neue Ausschreibung sieht eine viel zu geringe Produktionsmenge vor: Sie deckt nur die derzeitige Importmenge ab, obwohl alle Anzeichen dafür sprechen, dass der Bedarf deutlich steigen wird“, so Schinnenburg.
Auch die Grüne Dr. Kirsten Kappert-Gonther hatte kürzlich die niedrig angesetzte Cannabis-Ausschreibung kritisiert (Leafly.de berichtete). Bereits heute sei der Bedarf höher als die geplante Anbaumenge. Die Grünen fürchten daher Versorgungsprobleme für Cannabispatienten und werfen der Regierung vor, die Versorgung mit Medizinahlhanf zu verhindern.
Export von Cannabis nicht vorgesehen
Aus der Antwort der Regierung auf die Fragen der FDP geht hervor, dass das BfArM keinen Export von Medizinalhanf plant. Die zukünftigen lizenzierten Cannabisanbauer müssen Überschüsse vernichten – statt sie zu exportieren.
Diese Pläne kritisiert der liberale Sprecher für Sucht- und Drogenpolitik Schinnenburg als „unwirtschaftlich und nicht nachhaltig“.
Gesundheitsminister Spahn soll „sofort eingreifen“
Wieland Schinnenburg fordert den Gesundheitsminister Jens Spahn als Vorgesetzten des BfArM zum Handeln auf:
„Ich fordere Minister Spahn auf, sofort einzugreifen und das BfArM anzuweisen, eine deutlich größere Menge auszuschreiben und auch einen Export vorzusehen, keinesfalls jedoch eine Vernichtung.“
Damit würde Jens Spahn für eine bessere Versorgung der Patienten mit Cannabis sowie für eine nachhaltigere Politik in puncto Cannabis-Anbau sorgen.