Eine Fehlmedikation mit Medizinalhanf kann für den Patienten ein gesundheitliches Risiko darstellen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Ärzte, die Cannabis als Medizin verschreiben, ganz genau auf die Dosierung achten. In einem Fall, der jetzt in den Medien bekannt wurde, ist jedoch etwas schiefgelaufen. Denn statt Milligramm verordnete der Arzt Milliliter.
Cannabis als Medizin gegen Epilepsie
In dem Medienbericht heißt es, dass Regine Fischer an Epilepsie leidet und sie fast alle Medikamente ausprobiert habe. Jedoch habe nichts gegen die epileptischen Anfälle geholfen. Ihr Mann Jörg stieß dann bei Recherchen im Internet auf Cannabis als Medizin und fand heraus, dass Dronabinol an der Uniklinik Freiburg (s. Foto: (c) Universitätsklinikum Freiburg/Britt Schilling) versuchsweise verwendet werden könne.
Behandlung mit Dronabinol
Nachdem das Ehepaar Fischer in der Uniklinik ein Vorgespräch wahrgenommen hatten und dies positiv verlief, einigte man sich, dass Regine versuchsweise eine Behandlung mit Dronabinol bekommen sollte. Und zwar dreimal 5 Milligramm pro Tag. Auch die Krankenkasse willigte ein, die Kosten von 500 Euro pro Monat zu übernehmen.
Die Behandlung mit Dronabinol begann dann im Mai 2018. Nach einer Woche in Freiburg sollte Regine das Dronabinol in zu Hause in der Pfalz weiter einnehmen.
„Am Samstagabend gab es die erste Portion Dronabinol in Form einer oralen Spritze mit fünf Milliliter Inhalt. Sie hat sehr gut geschlafen und fühlte sich am nächsten Morgen müde aber sonst gut“, erklärte Regnies Mann gegenüber der Presse.
Apothekerin entdeckt Fehlmedikation
Die Apothekerin war verwundert, als die Fischers das Dronabinol in der Apotheke bestellen wollten. Sie stutzte, als sie die Dosishöhe sah. Eine Fehlmedikation? Denn täglich dreimal 5 Milliliter würde dreimal quasi einem Dutzend Joints entsprechen. Die Fischers gaben an, dass die Stationsärztin die Dosishöhe bestätigt habe. Doch die Apothekerin blieb dabei und erklärte, dass dies eine Fehlmedikation sei. So sei die Dosis viel zu hoch und die Kosten lägen dann statt bei 500 Euro bei stolzen 7.500 Euro im Monat. Hinzu käme, dass der Hersteller Probleme bei der Lieferung einer solch hohen Menge habe. (An dieser Stelle möchte wir auch erwähnen, dass es für die Apothekerin und ihr Wissen über Medizinalcannabis spricht. Viele Krankenhausapotheker beklagen sich nämlich über zu wenig Wissen. Leafly berichtete.)
Auch auf erneute Nachfrage in der Uniklinik bestätigten die Ärzte die Menge.
„Am Freitag war Entlassungstag. Da kam der Arzt ans Bett und sagte: ,Die Patientin hat das Medikament nicht vertragen, deshalb erfolgt die Beendigung des Versuchs.“
Also fuhren die Fischers wieder nach Hause.
Uniklinik bestätigt Fehlmedikation
Nachdem die Fischers Telefonate mit der Uniklinik Freiburg führte, stellte sich heraus, dass etwas schiefgegangen sei.
„Wir müssen uns als Klinik bei Ihnen entschuldigen, ihre Frau wurde etwa 25-fach überdosiert. Retrospektive wurde festgestellt, dass die geplante Tagesdosis versehentlich in ml statt in mg gegeben wurde“. Das erklärte die Uniklinik Jörg Fischer am Telefon.
Benjamin Waschow, der Pressesprecher der Uniklinik Freiburg, bestätigte das Vorkommnis. So wurde die geplante Tagesdosis tatsächlich aus Versehen in Milliliter statt in Milligramm angegeben. Laut dem Medienbericht konnte Waschow jedoch keine weiteren Einzelheiten preisgeben und bezog sich auf die Schweigepflicht.
„Dort, wo Menschen arbeiten, sind Fehler leider nie zu einhundert Prozent auszuschließen,“ erklärte Waschow.
Die Uniklinik Freiburg hat jetzt Regine Fischer angeboten, ein Epilepsiemedikament mit CBD zu testen. Aktuell stehe sie auf der Warteliste. Das Vertrauen in die Klinik habe jedoch gelitten, so die Fischers.
Stellungnahme der Uniklinik gegenüber Leafly.de
Wir haben den Pressesprecher Herrn Waschow um Stellungnahme gebeten. Dieser erklärte:
„Ich kann bestätigen, dass es Ende Mai 2018 bei einer Patientin zu einer Fehldosierung des Medikaments Dronabinol kam, weil die geplante Tagesdosis versehentlich in Milliliter statt in Milligramm gegeben wurde. Wir bedauern diesen Fehler zutiefst und haben dies auch mit der Familie besprochen. Solch ein individueller Fehler sollte nicht vorkommen und entspricht in keiner Weise unseren Ansprüchen. Wir nehmen diesen Fall ernst. Dort, wo Menschen arbeiten, können Fehler leider nie zu einhundert Prozent ausgeschlossen werden. Unser Ziel und unser Anspruch am Universitätsklinikum Freiburg ist es aber, so dicht wie nur möglich an die einhundert Prozent heranzukommen. Die Patientensicherheit hat bei uns oberste Priorität.
Um die Patientensicherheit zu gewährleisten gibt es am Universitätsklinikum Freiburg das klinische Risikomanagement. Inhalt des klinischen Risikomanagements ist im Wesentlichen der Umgang mit möglichen Risiken in der Patientenbehandlung und die Vermeidung von Fehlern oder unerwünschten Ereignissen durch den kontinuierlichen Aufbau einer Sicherheitskultur. Dazu gehört unter anderem auch ein offener und konstruktiver Umgang mit Fehlern. Hierzu wurde am Universitätsklinikum Freiburg beispielsweise ein so genanntes Critical Incident Reporting System (CIRS) etabliert. Hier können alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anonym unerwünschte Ereignisse oder ‚Beinahe‘-Ereignisse melden. Die Fälle werden sowohl zentral wie auch dezentral in den zuständigen Bereichen analysiert und Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt. Die Software der elektronischen Patientenakten wird immer weiterentwickelt, so dass sie in Zukunft noch besser auf mögliche Fehlmedikationen hinweist.“
Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.