Fibro-Fog – was ist das?
Für die meisten Betroffenen ist schon der Weg bis zur Diagnose der Fibromyalgie steinig. Zahlreiche Untersuchungen sind notwendig, um durch das Ausschließen anderer Erkrankungen ein Fibromyalgiesyndrom als Ursache der Beschwerden festzustellen. Und als wären die körperlichen Symptome, die Muskel- und Gelenkschmerzen nicht schon genug, leidet mindestens die Hälfte der Fibromyalgie-Patienten unter Konzentrationsschwäche und Vergesslichkeit und haben Erinnerungslücken. Betroffene beschreiben es als ein Gefühl wie im Nebel zu stehen.
Daher hat sich der Begriff Fibro-Nebel bzw. Fibro-Fog gebildet.
Mediziner sprechen von Cognitive Dysfunction, also kognitiver Fehlfunktion.
Fibromyalgie-Patienten beschreiben Situationen, in denen sie sich an Worte oder Orte nicht mehr erinnern, vergessen, was sie gerade tun wollten und Ähnliches. Solche kurzzeitigen Konzentrationsstörungen treffen generell jeden ab und zu im Alltag. Doch bei Menschen mit Fibromyalgie kommt es öfter, mitunter sogar mehrmals täglich, vor.
Hinweis: Umfassende Informationen zum Vorgehen bei einer vermuteten Fibromyalgie erhalten Sie in der patientengerechten Fibromyalgie Leitlinie.
Gedächtnislücken und wie sie entstehen
Grundsätzlich ist leider zu sagen, dass bisher noch nicht geklärt ist, welche Ursachen für ein Fibromyalgiesyndrom verantwortlich sind. Man weiß, dass es keine entzündliche Erkrankung ist und keine Schädigungen an Organen vorliegen. Da man aber die Ursache nicht kennt, kann auch die Entstehung der unterschiedlichen Symptome nicht sicher erklärt werden. So verhält es sich auch mit den Erinnerungslücken und Konzentrationsstörungen, also dem Fibro-Nebel.
Dennoch versuchen Mediziner nach Erklärungsmöglichkeiten für die Symptome:
- Eine pragmatische Erklärung geht davon aus, dass der Fibro-Fog nicht durch Einschränkungen des Gedächtnisses liegen, sondern dadurch zustande kommen, dass Fibromyalgie-Patienten aufgrund der chronischen Schmerzen und deren Folgen (Schlafstörungen, Müdigkeit, Nebenwirkungen von Medikamenten usw.) manche Dinge in der Umwelt einfach nicht wahrnehmen. Das Gehirn wäre nach dieser Erklärung einfach zu intensiv damit beschäftigt, mit den Schmerzen zurechtzukommen, sodass für andere Arbeitsprozesse kurzfristig kein Arbeitsspeicher mehr zur Verfügung steht.
- Andere Wissenschaftler vermuten die Ursachen in strukturellen oder funktionellen Änderungen im Gehirn, vor allem in der vorderen Hirnrinde. Dort finden wichtige Gedächtnisprozesse statt.
- Ebenso wird vermutet, dass Störungen der neurochemischen Prozesse vorliegen könnten. Wenn man genau wüsste, an welchen Stellen die Gehirnchemie verändert ist, könnte man eventuell mit geeigneten Medikamenten die Störungen ausgleichen.
Leider ist es aber noch nicht so weit, dass man die Ursachen kennen würde.
Was tun bei Fibro-Nebel?
Da es wie eben beschrieben bislang nur Hypothesen zur Entstehung des Fibro-Fog gibt, gibt es auch nur allgemeine Hinweise, was Fibromyalgie-Patienten probieren können, um die Gedächtnisleistung zu verbessern.
- Wiederholung: In jedem Alter braucht das Gehirn Wiederholung, um sich Dinge (besser) merken zu können.
- Aufschreiben/Notizen machen: Es ist keine Schande, sich Dinge zu notieren. Manchmal hilft allein das Aufschreiben, um sich etwas besser merken zu können.
- Gehirnjogging: Das Gehirn kann wie ein Muskel trainiert werden. Dazu muss es gefordert werden, z.B. durch lesen, Rätsel lösen, puzzeln oder Sudoko
- Sport: Das Gehirn profitiert stark von besserer Durchblutung. Wird der Kreislauf angeregt, funktionieren die biochemischen Prozesse im Körper und im Gehirn besser. Darum sollte auf regelmäßige körperliche Aktivität und Sport geachtet werden. Übrigens: Sport hilft auch gegen eine Reihe anderer Symptome der Fibromyalgie.
- Symptome behandeln: Durch die Beschwerden verursachte Schlafstörungen, Müdigkeit, depressive Verstimmungen oder auch Depressionen wirken sich ungünstig auf die Konzentrationsfähigkeit aus. Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, wie Sie Linderung erreichen können.
- Ruhige Umgebung: Lärm und Hintergrundgeräusche können ablenken und sollten möglichst reduziert werden.
- Stress: Große Belastungen oder Stress führen dazu, dass die Energie für bestimmte Dinge verwendet wird. Scheinbar Unwichtiges wird schneller vergessen. Stressreduktion, z.B. durch Entspannungsübungen können helfen.
- Ernährung: Unser Körper und besonders unser Gehirn ist auf eine Vielzahl von Nährstoffen und Vitaminen aus der Nahrung angewiesen. Eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Obst, sowie den für die Nerven so wichtigen B-Vitaminen, kann zur Verbesserung der Symptome beitragen.
- Kognitive Verhaltenstherapie: Wer erkennt, mit welchen Gedanken man sich selbst belastet, kann anders damit umgehen. Die kognitive Verhaltenstherapie versucht, ungesunde Denkmuster aufzuspüren und durch hilfreichere zu ersetzen.
Wie können Cannabinoide bei Fibro-Nebel helfen?
Die Therapie des Fibromyalgiesyndroms setzt sich aus mehreren Bausteinen zusammen.
Das Endocannabinoid System spielt bei einer Vielzahl körperlicher Prozesse eine Rolle. Liegt ein Mangel an Endocannabinoiden im Körper vor, so können chronische (Kopf-)Schmerzen, Schlafstörungen, Beeinträchtigungen der Blasen– und Darmfunktion und andere Folgen sein.
Viele Fibromyalgie-Patienten leiden unter mehreren, wenn nicht sogar all diesen Symptomen. Daher besteht die – wissenschaftlich noch nicht bewiesene – Möglichkeit, dass das Fibromyalgiesyndrom eigentlich eine Erkrankung des Endocannabinoid Systems ist.
Denkt man diese Möglichkeit weiter, dann könnte Cannabis als Medizin einen bestehenden Mangel an körpereigenen Cannabinoiden ausgleichen und zur Linderung der Symptome beitragen. Weiterhin könnte man postulieren, dass durch besseren Schlaf, weniger Schmerzen und sonstige Beschwerden, die Leistungsfähigkeit des Gehirns wieder zunimmt und sich dadurch auch die Konzentrationsfähigkeit wieder verbessert.
“Aber Moment”, denken Sie vielleicht, “hört man nicht immer wieder, dass das Rauchen von Cannabis schlecht für das Gehirn ist?” Hier muss man differenziert hinschauen.
Im Freizeitgebrauch werden hohe Dosen von Cannabis konsumiert. Bei regelmäßigem Gebrauch kann sich das negativ auf die Gehirnzellen auswirken. Im Rahmen einer medizinischen Cannabistherapie sind die Dosierungen in der Regel sehr viel geringer.
Negative Effekte auf Nervenzellen konnten bislang nicht beobachtet werden. Vielmehr wurden kürzlich sogar günstige Auswirkungen auf das Gehirn festgestellt: In Mäusen konnten durch die Gabe von Cannabis Alterungsprozesse im Gehirn umgekehrt werden.
Fazit: Es gibt noch keine Untersuchungen dazu, ob Cannabis als Medizin helfen kann, den Fibro-Nebel zu reduzieren. Es gibt aber Anzeichen, dass Fibromyalgie-Patienten für andere Symptome von einer Therapie mit Medizinalhanf profitieren können.
Hier finden Sie weitere Informationen zu Fibromyalgie und Medizinalcannabis.
Quellen: