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Gesundheitspolitik – der große Jahresrückblick 2018

Leafly: Alexandra Latour Autor:
Alexandra Latour

Das Jahr 2018 war sehr aufregend und in der Gesundheitspolitik hat sich viel getan. Deshalb haben wir noch einmal die wichtigsten Meldungen aus dem Jahr zusammengefasst.

Gesundheitspolitik – der große Jahresrückblick 2018

Gesundheitspolitik: Was geschah im Januar 2018?

Im Januar war es in der Gesundheitspolitik noch relativ ruhig. Anfang des Monats sprach sich die Bundesregierung strikt gegen die Legalisierung von Cannabis aus (Leafly berichtete). Als Grund führte man an, dass die Risiken des Cannabiskonsums bei Jugendlichen und Heranwachsenden zu hoch wären und man bezog sich auf eine Studie (CaPRis), die die Gefahren des Cannabismissbrauchs bestätigten. Die Legalisierung von Cannabis würde dies nur verschlimmern. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich gegen die Cannabislegalisierung aus:

„Ich halte davon nichts. Wir erlauben eine sehr begrenzte Anwendung im medizinischen Bereich, darüber hinaus beabsichtige ich keine Änderungen“, so Merkel.

Kosten für Cannabisblüten verdoppeln sich

Mitte Januar haben wir zudem unseren Cannabis-Report veröffentlicht, der für viele Diskussionen gesorgt hat. Seit der Freigabe von Medizinalhanf in Deutschland haben sich die Preise für Cannabisblüten in den Apotheken verdoppelt. Den Preisaufschlag begründete die Apothekerkammer mit einem anfallenden Mehraufwand, da eine Identitätsprüfung notwendig sei. Hinzu komme das Zerkleinern und Sieben der Cannabisblüten. Dabei richten sich die Preise nach der Arzneimittelpreisverordnung.

Die Linke und die Grünen kritisierten die Preise für Medizinalhanf gegenüber der Regierung und forderten eine Klarstellung des Gesetzgebers, wonach Cannabisblüten nicht als Rezepturarzneimittel anzusehen sind. Zudem könne die Prüfpflicht der Apotheker entfallen, sodass das alte Preisniveau wieder herstellbar sei.

Das Gesundheitsministerium forderte dann den Deutschen Apothekerverband sowie den Spitzenverband der Krankenkassen auf, über die Reduzierung der Preise für Cannabisblüten zu verhandeln. Allerdings gab es hier keine Fristsetzung.

Hindernisse bei der Verordnung von Medizinalhanf

Obwohl Cannabis als Medizin seit März 2017 verordnungsfähig ist, gibt es zahlreiche Hindernisse. Viele Patienten finden keinen Arzt, der bereit ist, Cannabis zu verordnen. Zum einen sorgen sich Ärzte um ihren guten Ruf und zum anderen ist die Verordnung von Cannabis mit einem hohen Aufwand verbunden. Hinzu kommen das Regressrisiko für den Vertragsarzt bei Kassenpatienten und die Haftungsrisiken für den Mediziner. Diese Problematiken haben wir in einem Artikel ausführlich beleuchtet.

Gesundheitspolitik: Was geschah im Februar 2018?

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wollte in einer Kleinen Anfrage wissen, welche Auswirkungen die Cannabisprohibition auf den Gesundheitsschutz hat. Denn laut dem REITOX-Bericht 2017 sei Cannabis die am häufigsten konsumierte illegale Drogen. Dies belege, dass das Cannabisverbot sein Ziel verfehle. Allerdings wurde das von den Grünen geforderte Cannabiskontrollgesetz abgelehnt. Darüber hinaus erkundigten sich die Grünen über die abgelehnten Modellprojekte und verlangten Antworten von der Bundesregierung.

Gesundheitspolitik: Was geschah im März 2018?

Im März hat sich einiges in der Gesundheitspolitik getan. So startete die Stadt Frankfurt das große Leuchtturm-Projekt in Sachen Cannabis als Medizin.

„Schwerkranke Menschen in Frankfurt am Main sollen bei Bedarf ohne große Schwierigkeiten Cannabis auf Rezept erhalten können, so wie es seit der Änderung des Betäubungsmittelgesetzes vom 10. März 2017 erlaubt ist. Wir werden uns dafür einsetzen, dass es genügend gut informierte Ärztinnen und Ärzte in Frankfurt gibt, die Cannabis bei entsprechenden Indikationen verschreiben – und Krankenkassen, die es ohne Bürokratieaufwand bezahlen und wir werden Patientinnen und Patienten über die Behandlungsmöglichkeiten informieren und auch über ihre Rechte aufklären,“ kündigt Gesundheitsdezernent Stefan Majer an.

Darüber hinaus befragten die Grünen das Gesundheitsministerium in Bezug auf gesundheitsgefährdendes, gestrecktes Cannabis und stellten Die Frage, warum nur so wenige Schwerkranke Cannabis verordnet bekommen (Leafly berichtete). Auf diese Frage führte das Ministerium aus, dass es lediglich 450 Ärzte gebe, die Medizinalhanf verordnen und dass sich nur wenige Patienten nach den Voraussetzungen für die Verordnung von Medizinalhanf erkundigt hätten. Mit ein Grund sei, warum Patienten kein Medizinalhanf verschrieben bekommen, „dass ein fachlich geeigneter Arzt den Gesundheitszustand, die Behandlungsfähigkeit oder die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen medizinisch anders beurteilt als der Patient selbst“.

Katastrophale Versorgungslage in Deutschland

Weiter haben wir im März zum Thema Gesundheitspolitik berichtet, dass in den vergangenen sechs Monaten der Import von 13.100 Kilogramm Medizinalhanf genehmigt wurde. Zwar war dies ein Anstieg im Vergleich zum Jahr 2017, dennoch kam es immer wieder zu Lieferengpässen. Niema Movassat von der Linken beklagte die Versorgungslage von Cannabispatienten. Die Regierung versicherte, dass das Ausschreibungsverfahren zum Anbau von Medizinalhanf in Deutschland wie geplant verlaufe und dass der Ernte im Jahr 2019 nichts entgegenstehe (Leafly berichtete).

Fraktionen rügen EU-Gesundheitsvorstoß

Im März mischte sich die EU-Kommission in nationalstaatliche Belange ein. Diese schlug vor, das Health-Technology-Assessment-Verfahren (HTA) einzuführen (Leafly berichtete). In Zukunft sollen alle auf europäischer Ebene neu zugelassene Medikamente und verschiedene Medizinprodukte in einem für alle Mitgliedstaaten einheitlichen Verfahren klinisch bewertet werden. Dieses Gesetz könnte dann auch Medizinalhanf betreffen. Während die Pharmaindustrie dieses Vorhaben begrüßte, sprachen CDU/CSU, SPD, FDP sowie die Grünen der EU-Kommission in einem gemeinsamen Antrag eine Rüge aus.

Bekanntgabe des neuen Termins für das Anhörungsverfahren

Die Anhörung zu „Anbau, Weiterverarbeitung, Lagerung, Verpackung und Lieferung von Cannabis zu medizinischen Zwecken” am Oberlandesgericht Düsseldorf sollte bereits im Dezember 2017 stattfinden. Doch der Termin wurde vom Senat verschoben. Ende März hatte der Vergabesenat dann den neuen Verhandlungstermin für den 28. März bekannt gegeben.

Hintergrund: Vier Unternehmen hatten sich am „Verfahren zur Vergabe des Auftrags zum Anbau, zur Weiterverarbeitung, Lagerung, Verpackung und Lieferung von Cannabis zu medizinischen Zwecken“ beworben und beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerden eingelegt (Leafly berichtete).

Gesundheitspolitik: Was geschah im April 2018?

Gleich zu Beginn des Monats wurden die Urteile des zuvor genannten Anhörungsverfahrens bekannt gegeben. Nur einer Beschwerde schloss sich das Oberlandesgericht Düsseldorf an. Dabei kritisierte der vorsitzende Richter das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und erklärte, dass sowohl die Frist beim Vergabeverfahren zum Cannabisanbau als auch die Lieferung von zunächst 6,6 Tonnen zu kurz bemessen seien und hätten verlängert werden müssen. Die Rechtsanwältin des BfArM widersprach dem Richter und erklärte, dass eine Wiederaufnahme oder der Stopp des Vergabeverfahrens schlecht für die Patientenversorgung sei. Darüber hinaus gab das BfArM bekannt:

„Das BfArM bedauert, dass das ursprüngliche Ziel der Ausschreibung, ab 2019 mit in Deutschland angebautem Cannabis in pharmazeutischer Qualität zur Versorgung schwerkranker Patientinnen und Patienten beitragen zu können, nun nicht mehr erreicht werden kann.“

Wieland Schinnenburg von der FDP spricht von einer Niederlage und führte aus, dass es dadurch zu einer erheblichen Verzögerung bei der Produktion von Cannabis in Deutschland komme. Und so forderte er Gesundheitsminister Jens Spahn zum schnellen Handeln auf.

„Gesundheitsminister Jens Spahn, der die Fachaufsicht über das BfArM hat, muss sofort eingreifen und für eine ordnungsgemäße Ausschreibung sorgen. Nur so kann dem Verdacht entgegengewirkt werden, die juristische Panne könnte den Kritikern einer modernen Cannabis-Politik sogar recht sein“, erklärte Schinnenburg.

22. Eppendorfer Dialog zur Gesundheitspolitik

Am 11. April debattierten Experten aus Politik und Gesundheitswesen über die bisher gemachten Erfahrungen mit Medizinalhanf (Leafly berichtete). Auch ein Jahr nach des Inkrafttretens des Cannabis-Gesetzes gibt es immer noch zahlreiche Baustellen:

  • es bestehen Rechtsunsicherheiten
  • Ärztinnen und Ärzte sind verunsichert
  • die Zahl der abgelehnten Anträge durch die Krankenkassen ist hoch
  • Lieferengpässe beim Medizinalhanf halten an
  • die Preisgestaltung bleibt problematisch

Trotz dieser Probleme konnten aber auch Erfolge erzielt werden. So erhielten ungefähr 14 000 schwerkranke Patienten dank des Cannabis-Gesetzes die Kostenerstattung für die Cannabis-Therapie.

Gesundheitspolitik: Was geschah im Mai 2018?

Anfang Mai 2018 warnte die Drogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) erneut vor der Freigabe von Cannabis und erklärte, dass man Cannabis nicht als Lifestyleprodukt verharmlosen dürfe und dass eine Cannabis-Legalisierung das „falsche Signal“ sei. Hierauf antwortete die drogenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Kirsten Kappert-Gonther:

„Die Cannabispolitik der Drogenbeauftragten Mortler steht in einer Tradition mit der Alkoholprohibition der USA in den 20er Jahren. An jeder Straßenecke in Berlin ist Cannabis erhältlich, nur eben unter den Bedingungen des Schwarzmarkts. Das gefährdet die Gesundheit. Auf dem Schwarzmarkt gibt es keinen Gesundheits- und Jugendschutz. Dort fragt niemand nach dem Ausweis. Das Cannabis ist oft mit gefährlichen Streckmitteln versetzt. Es ist Zeit für eine Kehrtwende hin zu einer vernunftgeleiteten Drogenpolitik.“

Cannabis-Ausschreibung weiter in der Warteschleife

Die Bundesregierung hatte noch im April bekannt gegeben, dass das Vergabeverfahren trotz der laufenden Gerichtsverfahren fortgeführt werde. Allerdings wurde das Ausschreibungsverfahren kurz nach Bekanntgabe der Urteile im April gestoppt und das BfArM bedauerte, dass das ursprüngliche Ausschreibungsziel, ab dem Jahr 2019 Patienten in Deutschland mit pharmazeutischem Cannabis zu versorgen, nun nicht mehr erreicht werden könne. Um schnellstmöglich ein neues Ausschreibungsverfahren beginnen zu können, müssten noch notwendige Entscheidungen getroffen werden, so das BfArM. Wir fragten im Mai beim BfArM nach und erhielten leider keine klare Antwort (Leafly berichtete).

Gesundheitspolitik: Was geschah im Juni 2018?

Georg Wurth, Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbandes, stellte Anfang Juni während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses eine Petition vor, die eine Legalisierung und Regulierung von Cannabis forderte. Unterzeichnet wurde diese Petition von rund 80 000 Menschen. Jedoch lehnte die Bundesregierung die Legalisierung von Cannabis weiter ab.

Antwort auf die Kleine Anfrage im Mai

Die Bundestagsfraktion die Linke hatte Ende Mai eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt und sich hierin nach der Versorgungslage mit Cannabis als Medizin erkundigt. In der Antwort hieß es, dass die Versorgung der Cannabispatienten in Deutschland durch Importe aus den Niederlanden und Kanada gesichert seien. Außerdem würden die im Sommer 2017 verzeichneten Lieferschwierigkeiten nicht mehr fortbestehen. Mit der ersten Ernte von Medizinalhanf in Deutschland sei im Jahr 2020 zu rechnen.

Gesundheitspolitik: Was geschah im Juli 2018?

Ende Juli 2018 startete das BfArM eine neue Ausschreibung für den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland. Dabei umfasst der zweite Versuch ein Gesamtvolumen von 10,4 Tonnen Medizinalhanf. Im Vergleich zur ersten Ausschreibung hat das BfArM nachgebessert und viele frühere Kritikpunkte einbezogen. So scheinen jetzt auch deutsche Unternehmen eine Chance zu haben.

Gesundheitspolitik: Was geschah im August 2018?

Anfang August haben wir darüber berichtet, dass die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Medizinalhanf rasant anstiegen. Während die Kassen im Juni 2017 noch 2,31 Millionen Euro für cannabishaltige Medikamente und Cannabisblüten bezahlt haben, lagen die Ausgaben nur im Monat April 2018 bei etwa 5,36 Millionen Euro.

Allerdings ist nicht ermittelt worden, was die GKV aufgrund der Behandlung mit Cannabis an Kosten für andere Medikamente eingespart hat. Ebenso fehlten in der Aufstellung die Einsparungen der Krankenkassen dadurch, dass viele Patienten ihre Medikamente durch Medizinalhanf ersetzten.

„Für den Fall, dass in diesem Zeitraum der gesteigerte Bedarf allein durch Importe gedeckt würde, könnte die erhöhte Nachfrage zu Versorgungsproblemen und unkalkulierbar steigenden Preisen führen“, warnte der GKV-Spitzenverband.

Aber nicht nur die Importeure sind für die hohen Preise von pharmazeutischem Cannabis verantwortlich. Denn die Apotheken berechnen einen Aufschlag von 100 Prozent auf Cannabisblüten, weshalb auch der zukünftige Cannabisanbau in Deutschland die Preise nur minimal reduzieren wird. Bereits seit über einem Jahr verhandeln der GKV-Spitzenverband und der Apothekerverband (ABDA) über die Reduzierung der Preise für Medizinalhanf.

FDP stellt Kleine Anfrage zur Cannabisausschreibung

In ihrer Kleinen Anfrage zur gescheiterten Cannabisausschreibung stellt die FDP insgesamt 17 Fragen rund um den Anbau von Medizinalhanf in Deutschland. So erkundigte man sich unter anderem darüber, warum die erste Cannabisausschreibung komplett aufgehoben wurde, und ob es nicht Alternativen zu einer neuen Ausschreibung gegeben habe. Außerdem wurde nachgefragt, ob die ausgeschriebene Menge von 2.600 kg Medizinalcannabis pro Jahr erhöht werden müsse.

Darüber hinaus wurde bekannt, dass die Abgabefrist für die Angebote vom BfArM auf den 20. November verschoben wurde.

Gesundheitspolitik: Was geschah im September 2018?

Anfang September stellte das Bundesversicherungsamt klar, dass eine Befristung von Cannabis-Verordnungen durch die Krankenkassen nicht zulässig seien (Leafly berichtete). Vor dem ersten Cannabis-Rezept muss sich der Patient seine Therapie genehmigen lassen. Danach nicht mehr, was eine Stärkung der Therapiehoheit der Ärzte und der Patientenrechte bedeutet. Anders sieht dies jedoch aus, wenn das Cannabis-Medikament oder die Blütensorte gewechselt wird. In solch einem Fall ist eine erneute Genehmigung erforderlich.

Antwort auf die Kleine Anfrage der FDP

Die Bundesregierung antwortete auf die Kleine Anfrage der FDP im August, dass die Aufhebung der ersten Cannabisausschreibung sowie eine neue Ausschreibung das Ziel habe, das Vergabefahren schnellstmöglich fortzuführen. Zudem seien in der neuen Ausschreibung die Mindestbedingungen zur Eignung präzisiert worden, sodass alle Bieter jetzt die gleichen Chancen haben.

„Das Vorgehen des BfArM mit Medizinalcannabis ist weiter unbefriedigend: Durch eine schlampige Ausschreibung wurde die Produktion in Deutschland um mindestens ein Jahr verzögert“, erklärte Dr. Wieland Schinnenburg, Sprecher für Sucht- und Drogenpolitik der FDP-Bundestagsfraktion.

Die Aufträge für die Produktion von Medizinalhanf sollen nun im ersten Quartal 2019 vergeben werden, sodass mit der ersten Ernte in Deutschland im Jahr 2020 zu rechnen sei.

Darüber hinaus geht aus der Antwort der Bundesregierung hervor, dass das BfArM keinen Export von Medizinalhanf plane und dass die zukünftigen Cannabisanbauer ihre Überschüsse vernichten müssen. Diese Pläne wurden von Schinnenburg heftig kritisiert, denn dies sei „unwirtschaftlich und nicht nachhaltig“. Zudem forderte Schinnenburg Gesundheitsminister Jens Spahn auf, sofort einzugreifen und das BfArM anzuweisen, eine deutlich größere Menge auszuschreiben sowie für den Export vorzusehen.

Gesundheitspolitik: Was geschah im Oktober 2018?

Nachdem Cannabis in Kanada voll legalisiert wurde, erklärte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler, dass dies eine „Kapitulation“ bedeute und ein Schritt in die falsche Richtung sei. Weiter machte sie deutlich, dass sie nach dem Motto „Hilfe statt Sanktion“ agieren wolle. Nähere Angaben zu möglichen neuen Lösungsansätzen machte sie allerdings vorerst nicht.

Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Drogenpolitik, widersprach jedoch Mortler und erklärte, dass die Verbotspolitik gescheitert sei. Nach Meinung von Kappert-Gonther schade „dem Jugend- und Gesundheitsschutz, dass Frau Mortler vehement an der Cannabisprohibition festhält. Kanada ist Deutschland einen Riesenschritt voraus.“

Ärzte sehen den Einsatz von Cannabisblüten skeptisch

Im Oktober diskutierten rund 80 Teilnehmer auf der Veranstaltung „Cannabis als Medizin“ der Ärztekammer Hamburg über verschiedene Fragen zum Thema Medizinalhanf (Leafly berichtete). Für Diskussionsstoff sorgte vor allem die Frage, ob es überhaupt gerechtfertigt sei, Cannabisblüten zu verschreiben und man nicht besser auf Fertigarzneimittel zurückgreifen solle. Ebenso kritisch wurde über die fehlende Evidenz von Medizinalhanf diskutiert.

Gesundheitspolitik: Was geschah im November 2018?

Die Cannabis-Ausschreibung des BfArM verzögerte sich erneut. Bereits zum zweiten Mal hatte das BfArM die Abgabefrist für die Angebote verlängert und gab als neuen Termin den 11. Dezember an. Weder bei der ersten Fristverlängerung im August, noch jetzt, äußerte sich das BfArM zu den Gründen der Fristverlängerung.

Jens Spahn veröffentlicht Cannabis-Sparpläne

Im November veröffentlichte Gesundheitsminister Jens Spahn seine Pläne, nach denen er die Vergütung der Abgabe von Cannabis aus der Apotheke neu regeln will (Leafly berichtete). Der Apothekenzuschlag, wie es ihn bisher gibt, soll demnach wegfallen. Bisher werden die Preise für Cannabis als Medizin durch die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) geregelt. Im Entwurf zum „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ (GSAV) ist jetzt vorgesehen, die bisherige Preisbildung zu reformieren und den Apothekenaufschlag von bis zu 100 Prozent zu streichen. Weiter sieht der Entwurf vor, dass Patienten keine erneute Kostengenehmigung beim Wechsel von einer Cannabisblütensorte auf die andere von ihrer Krankenkasse einholen müssen.

Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen soll weichen

Im November gaben die Grünen bekannt, einen Gesetzesentwurf einzubringen, der es den gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr ermöglicht, Kostenübernahmeanträge für Cannabis als Medizin abzulehnen. Obwohl im Cannabis-Gesetz steht, dass die Behandlung mit Cannabis nur in begründeten Ausnahmefällen durch die Krankenkasse abgelehnt werden dürfen, lehnen die Krankenkassen rund ein Drittel aller Anträge ab. In ihrem Gesetzentwurf erklärten die Grünen:

„Dieser Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen hat sich in der Praxis nicht bewährt. Er kann dazu führen, dass die Linderung der Beschwerden von Patientinnen und Patienten hinausgezögert oder gänzlich verhindert wird.“

Geht es nach den Grünen, soll der entsprechende Passus im Cannabis-Gesetz gestrichen werden.

Der Bundestag hatte dann Ende November ohne Aussprache den Gesetzentwurf der Grünen zur erleichterten Verordnung von Medizinalhanf in den Gesundheitsausschuss überwiesen, in dem er beraten werden soll.

Gesundheitspolitik: Was geschah im Dezember 2018?

Die Linke schloss sich Anfang Dezember der Forderung von den Grünen an und forderte ebenfalls, dass der Genehmigungsvorbehalt der gesetzlichen Krankenkassen gestrichen werden müsse.

„Unser Gesetzentwurf ist notwendig, weil die hohe Ablehnungsquote der Krankenkassen bei der Genehmigung der Kostentragung von Cannabis als Medizin, den gesetzgeberischen Willen unterläuft. Eine Ablehnung nach ärztlicher Indikation darf nur in „begründeten Ausnahmefällen“ gerechtfertigt sein. Dies ist offensichtlich nicht der Fall. Zudem behindern die Krankenkasse mit ihrer Praxis den Willen des Gesetzgebers, die Verschreibung von Cannabis als Medizin mit einer Begleiterhebung zu flankieren, um Forschungserkenntnisse zur Evidenz von Cannabis als Medizin zu erlangen, da die hohe Ablehnungsquote das Ergebnis verzerrt“, erklärt Niema Movassat (Die Linke) gegenüber Leafly.de.

In welchen Bundesländern gab es die meisten Cannabis-Verordnungen?

INSIGHT Health veröffentlichte im Dezember interessante Zahlen (Leafly berichtete). Bei den Cannabis-Verordnungen liegen die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg ganz vorne. In Sachsen verschreiben Ärzte hingegen am wenigsten Cannabis auf Rezept. Außerdem zeigen die Zahlen, dass cannabishaltige Rezepturarzneimittel beliebter sind als Fertigarzneimittel.

Darüber hinaus zeigte sich, dass der Umsatz mit Medizinalhanf-Produkten seit der Zulassung im März 2017 deutlich gestiegen ist. So erzielten Cannabisblüten und cannabishaltige Zubereitungen (ohne Fertigarzneimittel) von Juli bis September 2018 einen Umsatz von mehr als 17 Millionen Euro innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies entspricht fast einer Verdreifachung gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Cannabis-Neubewertung: WHO hält Ergebnisse zurück

Im Dezember sollte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Ergebnisse der wissenschaftlichen Neubewertung zu Cannabis bekanntgegeben. Der Sprecher der WHO verkündete jedoch vor erstaunten Gesichtern, dass die Ergebnisse vertraulich seien.

Cannabiszuschlag – noch immer keine Einigung

Ende November haben wir über die Cannabis-Sparpläne von Gesundheitsminister Jens berichtet. Der Cannabiszuschlag soll entfallen, damit die Kosten für Medizinalhanf halbiert werden können. Während der GKV-Spitzenverband und der AOK Bundesverband dies begrüßen, reagierte die Bundesvereinigung der Deutschen Apothekerverbände e.V. (ABDA) allerdings mit einer Gegenforderung (Leafly berichtete). Eine Einigung dürfte so bald nicht erwartet werden.

Cannabis-Modellprojekte: Der aktuelle Stand

In einem Antrag forderte die FDP-Fraktion im Januar 2018, Cannabis teilweise freizugeben sowie Modellprojekte zur kontrollierten Abgabe von Cannabis. Unterstützt wurde sie dabei von den Grünen und den Linken (Leafly berichtete).

„Rund vier Millionen Cannabis-Konsumenten zeigen, dass die bisherige Strategie der Bundesregierung gescheitert ist“, erklärt FDP-Gesundheitspolitiker Dr. Wieland Schinnenburg.

Auch die Linken hatten eine Kleine Anfrage gestellt und sich nach den bisherigen Anträgen erkundigt. Denn sowohl die Stadt Münster als auch der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg lehnten die Anträge für Modellprojekte ab. Denn Modellprojekte würden weder zur medizinischen Versorgung der Bevölkerung beitragen, noch seien sie zur Verhinderung des Missbrauchs von Betäubungsmitteln sowie zur Verhinderung von Drogenabhängigkeiten geeignet. Damit verstießen Modellprojekte gegen den Schutzzweck des Betäubungsmittelgesetzes.

Weitere Cannabis-Modellprojekte wurden beantragt

MonatAntragaktueller Stand
FebruarDie Linke stellten den Antrag für ein Cannabis-Modellprojekt in Magdeburg.Im Stadtrat lehnten die Abgeordneten im Mai mehrheitlich einen Antrag zur Prüfung eines Modellprojektes ab.
FebruarDie Vertreter der Parteien Die Linke, der Grünen und der Wählergruppe „Deine Freunde“ brachten einen erneuten Antrag auf ein Cannabis-Modellprojekt in Köln ein. Im Jahr 2014 gab es bereits einen ähnlichen Antrag, der abgelehnt wurde.OFFEN
JuniDie Opposition von Liberalen und Grünen forderte die Landesregierung in Niedersachsen dazu auf, in einer Großstadt ein Cannabis-Modellprojekt zu starten.OFFEN
JuniDie Länder Bremen und Thüringen beantragten beim Bundesrat die „Entschließung des Bundesrates für eine Möglichkeit wissenschaftlich begleiteter Versuchsprojekte mit kontrollierter Abgabe von Cannabis“.Die Entschließung wurde im Bundesrat abgelehnt.
SeptemberDie Stadt Münster sowie der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg beantragten beim BfArM die Genehmigung für Modellprojekte.Beide Anträge wurden mit unterschiedlichen Begründungen abgelehnt.
NovemberBerliner SPD fordert kontrollierte Cannabis-Legalisierung und die Einführung eines wissenschaftlichen Cannabis-Modellprojektes. Ein entsprechender Antrag, der sich für eine neue Cannabispolitik ausspricht, wurde auf dem Landesparteitag in Berlin von den Delegierten angenommen.OFFEN
NovemberDie Stadt Berlin plant die Einführung des Drug-Checking-Modellprojektes. Die Ausnahmegenehmigung vom BfArM wurde allerdings noch nicht erteilt. Jedoch sollen den Zuschlag für das Projekt Organisationen der Berliner Drogen- und Suchthilfe erhalten haben.OFFEN

 

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