Endocannabinoide

Was sind Endocannabinoide?

Endocannabinoide (körpereigene Cannabinoide oder endogene Cannabinoide genannt), sind Cannabis-ähnliche Substanzen, die der menschliche Organismus selbst produzieren kann und Teil des Endocannabinoidsystems sind. Zu den wichtigsten (körpereigenen) Cannabinoiden gehören Anandamid (Arachidonylethanolamid), 2-Arachidonyl-glycerol, Noladinether (2-Arachidonylglycerylether) und O-Arachidonylethanolamid (Virodhamin).

Anandamid (Sanskrit-Wort: „Ananda“ – „Freude“) ist eine vierfach ungesättigte Fettsäure und ein Ethanolamin-Derivat der Arachidonsäure, das häufig im zentralen Nervensystem vorkommt. Wenn Linolsäure vorliegt, produziert der Körper das Anandamid über Enzyme im Lipidstoffwechsel selbst, weshalb es sich um eine endogene Substanz handelt.

Bezüglich der Wirkung ist zu sagen, dass Anandamid genau wie THC und CBD an die Cannabinoidrezeptoren bindet. In einer höheren Konzentration ist die Substanz auch in der Lage, andere Cannabinoide zu verdrängen. Außerdem bindet es an die Vanilloid-TRPV1-Rezeptoren.

Darüber hinaus kann das Endocannabinoid durch die Cyclooxygenase-2 zu Prostanoiden verstoffwechselt werden. Allerdings ist deren Funktion nicht bekannt. Zum größten Teil wird das Endocannabinoid jedoch durch die Fettsäureamid-Hydrolase (FAAH) durch die Spaltung zu Ethanolamin und Arachidonsäure abgebaut.

Weitere Informationen zur Wirkung von Anandamid finden Sie hier.

Was ist das Endocannabinoid-System?

Das Endocannabinoid-System (körpereigene Cannabinoidsystem) gehört zum Nervensystem im menschlichen Körper. Wenn von „endogen“ gesprochen wird, geht es um Prozesse im Körper, die nicht auf äußere Einflüsse zurückgeführt werden können. Ein wichtiger Bestandteil des Endocannabinoid-Systems sind die Cannabinoid-Rezeptoren sowie die Endocannabinoide, die an diese Rezeptoren binden und aktivieren. Weiter besteht das Endocannabinoidsystem aus endogenen Liganden sowie verschiedenen Enzymen. Diese sind für die Synthese und den Abbau der Endocannabinoide verantwortlich.

Die Cannabinoide aus der Cannabis-Pflanze wie zum Beispiel Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) binden ebenfalls an die Cannabinoid-Rezeptoren und entfalten so ihre Wirkung.

Entdeckung des Endocannabinoid-Systems

In den 1960er Jahren identifizierten die israelischen Forscher Raphael Mechoulam und Yehiel Gaoni erstmals den psychoaktiven Wirkstoff der Cannabispflanze Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC). Rund 20 Jahre später entdeckten sie dann im Nervensystem spezielle Rezeptoren, an denen der psychoaktive Wirkstoff THC bindet und schlussfolgerten, dass der Körper ein eigenes Endocannabinoid-System besitzt.

Wie ist das Endocannabinoid-System aufgebaut?

Das körpereigene Cannabinoidsystem besteht aus den Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2. Dabei findet sich der Cannabinoid-Rezeptor 1 (CB1) vor allem in den Nervenzellen. Besonders häufig kommt er im Gehirn bzw. im Kleinhirn, im Hippocampus sowie in den Basalganglien vor. Während der Hippocampus für die Informationsverarbeitung zuständig ist, sind das Kleinhirn und die Basalganglien für die Bewegungssteuerung verantwortlich. Zudem finden sich CB1-Rezeptoren im peripheren Nervensystem, wie zum Beispiel im Magen-Darm-Trakt bzw. im Darm oder in den Nieren.

CB2-Rezeptoren (CB2) finden sich sich vorwiegend im zentralen Nervensystem bzw. auf den Zellen des Immunsystems. Außerdem liegen die CB2-Rezeptoren auf den Zellen, die am Knochenaufbau (Osteoblasten) und am Knochenabbau (Osteoklasten) beteiligt sind.

Darüber hinaus nehmen Forscher an, dass die G-Protein-gekoppelte Rezeptoren GPR55, GPR18 und GPR119, an denen unter anderem die G-Proteine andocken, ebenfalls Cannabinoidrezeptoren sind.

Die Aktivierung der Cannabinoidrezeptoren erfolgt wiederum durch die Endocannabinoide, die nicht wie andere Neurotransmitter in den Nervenzellen gespeichert werden. Der Körper stellt die Endocannabinoide nach Bedarf her.

Agonisten und Antagonisten

Das körpereigene Cannabinoid System kann pharmakologisch beeinflusst werden. So können Cannabinoide wie THC agonistisch wirken. Hingegen wirkt ein CB1-Blocker wie Rimonabant antagonistisch.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Agonisten und Antagonisten, die beispielsweise den einen Rezeptor selektiv blockieren oder aktivieren können, ohne dabei einen anderen Rezeptor zu beeinflussen.

Welche Funktionen hat das Endocannabinoid-System?

Das Endocannabinoid-System ist an zahlreichen Körperfunktionen beteiligt. Außerdem hat es Einfluss auf die Aktivierung verschiedener Neurotransmitter wie zum Beispiel Dopamin, GABA und Glutamat. Allerdings sind die genauen Mechanismen und Funktionen noch nicht abschließend geklärt. Deshalb gibt es immer wieder neue Erkenntnisse über die wichtige funktionelle Bedeutung des Endocannabinoid-Systems.

Forscher fanden unter anderem heraus, dass der Eingriff in das körpereigene Cannabinoid System unterschiedliche Auswirken haben kann. Wenn zum Beispiel der CB1-Rezeptor durch das Arzneimittel Rimonabant blockiert wird, löst dies starke Angststörungen aus. Ursprünglich sollte dieses Medikament den Appetit hemmen und damit eine Gewichtsabnahme erleichtern. Nachdem jedoch starke Nebenwirkungen beobachtet wurde, nahm man diesen CB1-Blocker vom Markt.

Dass auch Endocannabinoide bei Angststörungen eine wichtige Rolle spielen können, hat eine Studie gezeigt. Die Forscher gehen davon aus, dass der CB1-Rezeptor für das Löschen negativer Erinnerungen verantwortlich sein könnte. An Mäusen ohne CB1 war beobachtbar, dass diese Schwierigkeiten hatten, negative Erfahrungen zu verlernen.

Weitere physiologische Prozesse mit Beteiligung des endogenen Cannabinoid-Systems sind unter anderem die Temperatursteuerung, Schlafinduktion, Schmerzen, Appetit- und Motilitätssteuerung sowie Neuroprotektion (Verzögerung des Krankheitsverlaufes) und Krebs. Es wurden verschiedene klinische Studien durchgeführt, die jedoch teilweise widersprüchliche Ergebnisse ergaben, und zwar bei Patienten mit den folgenden Beschwerden/Erkrankungen:

  • Bewegungsstörungen im Rahmen der Krankheiten Morbus Parkinson, Chorea Huntington und beim Tourette-Syndrom
  • chronische Schmerzen und Spastizität bei Multipler Sklerose
  • Epilepsie
  • Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapie
  • chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
  • neurologische Schmerzen (Kopfschmerzen, Neuropathien und Neuralgien)

Welche Effekte hat medizinisches Cannabis?

Das wohl bekannteste Cannabinoid aus der Cannabis-Pflanze ist THC. Dieses bindet wie die anderen exogenen Cannabinoide (z. B. Cannabidiol – CBD) an die Cannabinoidrezeptoren. Wie genau Cannabis im Körper wirkt, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, wie zum Beispiel vom Verhältnis der einzelnen Cannabinoide, Terpene und weiteren Inhaltsstoffe, der Dosis, der Konsumart und von der individuellen Persönlichkeit.

Weitere Informationen zu dem Effekt bzw. der Wirkung von Cannabis finden Sie hier.

Generell kann gesagt werden, dass die Cannabinoide wie THC und CBD aus Cannabis im Gehirn, im Immunsystem, im Nervensystem und vielen anderen Bereichen wirken. Deshalb besitzt Cannabis auch ein breites therapeutisches Potenzial. Während THC vor allem zur Schmerzlinderung beitragen kann, wird dem nicht-psychoaktiven Cannabinoid CBD eine angstlösende und entzündungshemmende Wirkung zugesprochen.

 

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