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Herz-Kreislauf-System und die Wirkungen von THC und CBD

Autor:
Dr. Christine Hutterer

Die Wirkungen der bekannten Cannabinoide THC und CBD in Medizinalcannabis auf das Herz-Kreislauf-System sind bisher wenig erforscht. Aussagekräftige Studien am Menschen fehlen. Eine Bestandsaufnahme von dem, was wir bisher wissen.

Herz-Kreislauf-System und die Wirkungen von THC und CBD

Herz-Kreislauf-System und seine Funktionalität

Das Herz-Kreislauf-System besteht aus dem Herz und den Blutgefäßen. Diese beiden Bausteine beeinflussen vielfältige Funktionen im Körper. Der Herzmuskel stößt das Blut aus und durch die Blutgefäße wird es im ganzen Körper verteilt. So werden alle Zellen mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und Stoffwechselprodukte der Zellen über die Venen abtransportiert.

Das Herz

Ein gesundes Herz wiegt etwa 300 g und schlägt in Ruhe etwa 60 bis 90 Mal pro Minute. Dabei pumpt es ca. fünf bis sechs Liter Blut durch das Gefäßsystem. Bei körperlicher Belastung erhöhen sich Herzfrequenz und die Menge an Blut, die pro Herzschlag in die Arterien gepumpt wird (Schlagvolumen). Bis zu 20 Liter Blut pro Minute können dann durch den Körper fließen. Bei Ausdauersportlern ist die Herzfrequenz in Ruhe (<<60) niedriger und das Schlagvolumen (bis zu 35 l/Min) höher.

Blutdruck

Der Blutdruck ist der Druck, mit dem das Blut in einem Blutgefäß gegen die Gefäßwände drückt. Dieser ist abhängig von dem Volumen, das pro Minute vom Herzen gepumpt wird, und dem Widerstand, mit dem die Blutgefäße den Blutfluss “bremsen” (Gefäßwiderstand). Je kleiner der Durchmesser der Gefäße, desto größer ist der Widerstand.

Damit wird klar, warum Verkalkungen in den Arterien (Atherosklerose) den Blutdruck erhöhen: Der Widerstand, den Blut auf seinem Weg durch die Gefäße überwinden muss, ist dann größer.

Normal ist ein Blutdruck von 120/80 mmHg. Ein erhöhter Blutdruck ab Werten von 140/90 mmHg gilt als Risikofaktor für Atherosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Weitere Faktoren, die das Risiko erhöhen sind:

  1. Übergewicht,
  2. Bewegungsmangel,
  3. Stress,
  4. Rauchen,
  5. ungesunde Ernährung und Alkoholkonsum.

Primärer Blutdruck

Bei den meisten Betroffenen liegt ein sogenannter primärer Bluthochdruck vor. Das heißt eine Blutdruckerhöhung, für die keine organische Ursache festgestellt werden kann.

Sekundärer Blutdruck

Nur bei einer geringen Anzahl an Patienten ist der Bluthochdruck sekundär. Also eine Folge einer anderen Erkrankung, z.B. einer Nierenerkrankung, Erkrankungen der Schilddrüse, Gefäßerkrankungen.

Im Falle des sekundären Bluthochdrucks kann der Blutdruck häufig gesenkt werden, wenn die Grunderkrankung behandelt wird. Da Bluthochdruck ein Risikofaktor für die Entstehung weiterer Krankheiten ist, sollte der Blutdruck regelmäßig kontrolliert werden.

Medizinalcannabis für die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen

In der länger zurückliegenden Vergangenheit wurde Medizinalcannabis für eine Vielzahl von Leiden eingenommen. Darunter Atherosklerose, Herzklopfen oder Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck.

Die meisten Untersuchungen, die seit den 1970er Jahren durchgeführt wurden, befassten sich mit den Effekten von THC oder Rauchen von Cannabis. Nur relativ wenige mit anderen Cannabinoiden.

Die Wirkungen von THC auf das Herz-Kreislauf-System

Grundsätzlich wurde festgestellt, dass THC und THC Analoga wie Nabilon oder Dronabinol sowie das Rauchen von Cannabis die Herzfrequenz erhöht. Der Effekt verringert sich bei chronischer Anwendung.

Die Effekte auf den Blutdruck sind nicht so eindeutig. Manche Studien fanden keine Änderung des arteriellen Blutdrucks, andere eine Senkung des Blutdrucks, wieder andere eine Erhöhung.

Weitere Untersuchungen beobachteten, dass sich zwar der diastolische, nicht aber der systolische Blutdruck änderte. Dagegen stellten andere Untersuchungen fest, dass Nabilone und Dronabinol selektiv den Blutdruck senken würden.

Manche Anwender beobachten nach der Einnahme von THC oder Cannabis, dass ihnen im Stehen schwindlig wird. Das könnte durch das Absinken des diastolischen Blutdrucks verursacht sein. Ungewiss ist, warum der Körper den systolischen Druck nicht durch das Verstellen der Gefäßweite “nachreguliert”, wie er das bei anderen Blutdruckschwankungen automatisch tut.

Einhergehend mit dem Schwindel und dem Abfall des Blutdrucks bei einigen Patienten ist eine Verringerung der Geschwindigkeit, mit der das Blut das Gehirn durchströmt. Die Einnahme eine CB1-Rezeptor Antagonisten kann, vor der Einnahme von Cannabis, offenbar den Blutdruckabfall verringern. Auch die regelmäßige Einnahme von THC, wie sie im Rahmen einer medizinischen Behandlung typisch ist, verringert die Wirkungen auf den Blutdruck.

Erhöht wird durch die Einnahme von THC oder THC-Analoga die Hirndurchblutung. Bis zu zwei Stunden nach der Einnahme werden vor allem der frontale, cinguläre und insuläre Kortex stärker durchblutet.

Bekannt ist auch, dass THC oder analoge Substanzen den Augeninnendruck verringern, weswegen sie als Therapie bei einer Glaukomerkrankung mitunter eingesetzt werden. Neueste Studien fanden heraus, dass CBD hingegen den Augeninnendruck erhöhen, und damit ein Glaukom verschlechtern kann.

Die Effekte des THC kommen offenbar durch Änderungen in der Aktivität des autonomen Nervensystems zustande und wird durch den CB1-Rezeptor vermittelt. In der Folge verengen oder erweitern sich die Blutgefäße.

Herz-Kreislauf-System und die Wirkungen von CBD

Für CBD werden zahlreiche therapeutische Effekte vermutet:

  • Diabetes,
  • Magen-Darm-Erkrankungen,
  • Krebs,
  • oxidativem Stress,
  • Entzündungsvorgängen,
  • bei unterschiedlichen neurologischen und psychologischen Krankheiten
  • bei kardiovaskulären Erkrankungen.

Von in vitro (im Laborversuch) Experimenten weiß man, dass CBD zahlreiche kardiovaskuläre Effekte hat. Doch wie die Situation in vivo, also im lebenden Organismus, aussieht, war lange Zeit unklar.

Da CBD in Form des Medikaments Epidiolex inzwischen häufiger verordnet und eingenommen wird (z.B. bei bestimmten Formen der Epilepsie), ist es von Bedeutung, auch die Auswirkungen von CBD auf das Herz-Kreislauf-System genauer zu kennen.

Ein systematischer Review hat untersucht, was auch Studien dazu bekannt ist. Kurz zusammengefasst zeigen die bisherigen Analysen, dass CBD weder bei einer akuten (einmaligen) Einnahme, noch bei einer dauerhaften Behandlung unter Kontrollbedingungen einen Effekt auf den Blutdruck oder die Herzfrequenz hat.

Erfolgt die Einnahme hingegen bei Individuen, die unter Stress stehen, untersucht wurde das u.a. an Tiermodellen für Stress, sinkt durch CBD der Blutdruck und die Herzfrequenz und die Durchblutung des Gehirns verbessert sich.

Fazit

Die Wirkungen anderer Cannabinoide sind bislang nur unzureichend untersucht und lassen keine zuverlässigen Aussagen über die Wirkungen auf das Herz-Kreislauf-System zu. Problematisch an vielen bisherigen Untersuchungen zu THC und CBD ist, dass sie im Tiermodell (z. B. an Mäusen, Ratten oder Hunden) durchgeführt wurden.

Obwohl es auch Säugetiere sind, sind die Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System deutlich unterschiedlich. Bei Tieren sinkt durch die Gabe von THC beispielsweise die Herzfrequenz, während sie beim Menschen ansteigt.

Auch die Ergebnisse aus in vitro-Analysen lassen nicht immer Rückschlüsse auf die in vivo Situation zu. Aus diesem Grund sind weitere Untersuchungen am Menschen nötig, um die Effekte, positive und negative, besser einschätzen zu können.

Wie die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten aussehen und welche Effekte die Kombination auf das Herz-Kreislauf-System hat, ist unklar. Daher  sollte eine Einnahme von Medizinalcannabis (besonders THC), cannabisbasierten Arzneimitteln und in besonderem Maße auch CBD immer nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen.

Quellen:

  • R. G. Pertwee. Handbook of Cannabis. Oxford University Press, 2014

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