Medizinisches Cannabis soll nach Aufzeichnungen bereits ein chinesischer Kaiser im Jahre 2700 v. Chr. genutzt haben. Experten glauben, dass dies eine der ersten Nennungen von Cannabis ist, das für medizinische Zwecke eingesetzt wurde. In vielen Teilen Asiens galt Cannabis als Heilpflanze und wurde gegen Schlaflosigkeit, Muskelverspannungen, Brechreiz, Asthma sowie Depressionen verabreicht. Auch in vielen weiteren früheren Berichten wird Hanf als wichtige Heilpflanze beschrieben, um verschiedene Beschwerden und Krankheiten zu lindern.
Hier können Sie mehr über Cannabis Sativa, Indica und Ruderalis lesen.
Woher stammen die Cannabis Sorten Sativa, Indica und Ruderalis?
Der schwedische Naturforscher Carl von Linné (latinisiert: Carolus Linnaeus) klassifizierte erstmals im Jahre 1753 die Hanfsorte Cannabis Sativa („Gewöhnlicher Hanf“). In Indien fand der französische Entwicklungsbiologe, Zoologe und Botaniker Jean Baptiste de Lamarck 32 Jahre später eine weitere Cannabissorte, die sich von Cannabis Sativa stark unterschied und gab ihr den Namen Cannabis Indica („Indischer Hanf“). Im Jahr 1926 beschrieb dann der aus Russland stammende Botaniker Dmitrij E. Janischwesky die Sorte Ruderalis („Ruderal-Hanf“).
Cannabis Sativa – Die bekannteste Pflanze aus der Cannabaceae-Familie
Die Pflanze Sativa (lat. für kultiviert, gezüchtet) ist die bekannteste Hanfsorte. Hauptsächlich findet der Anbau der Pflanze in äquatorialen Ländern statt. Das Blatt von Cannabis Sativa ist schmal, lang und fingerähnlich und die Pflanze wird für ihre langen Vegetationsperioden und die hohen Erträge geschätzt. Sativa weist einen hohen Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) sowie einen niedrigen Cannabidiol (CBD) Gehalt auf, weshalb sich folgende Cannabiswirkung entfalten kann:
- Zerebrales High bzw. Rausch (anregend, aktivierend, motivierend)
- Steigerung von Inspiration und Kreativität
- Förderung der Konzentration und der Wachsamkeit
- Reduzierung von Übelkeit
- Förderung des Appetits
- Förderung des Wohlbefindens
Cannabis Indica – die zweitwichtigste Cannabissorte
Im Vergleich zu Cannabis Sativa besitzt die Indica-Pflanze eine kleine und kompakte Statur sowie viel breitere Blätter. Sie entstand in subtropischen Ländern wie Afghanistan oder Pakistan. Das Cannabis Blatt der Indica Hanfsorte ist sehr viel breiter als das der anderen Cannabispflanzen.
Bekannt ist die Cannabis Pflanze Indica für ihren hohen CBD-Gehalt. Deshalb wird Cannabis Indica auch dazu genutzt, um die THC-Wirkung im Körper und im Geist abzumildern. So kann Indica folgende Cannabiswirkung haben:
- Körperlicher Rausch
- Reduzierung von Entzündungen
- Schmerzlinderung
- Förderung des Schlafes
- Anregung des Appetits
- Reduzierung von Stress und Angst (beruhigende Wirkung)
- Förderung der Muskelentspannung
Die Cannabis Sorten Indica und Sativa sind mit Abstand die bekanntesten sowie meist kultivierten Arten der Hanfpflanze. Beide Sorten teilen sich zum größten Teil ihre Genetik und können daher leicht zur Erschaffung von Hybriden gekreuzt werden.
Herkunft von Cannabis Sativa
In der Natur wächst die Hanfsorte Cannabis Sativa L. in Ländern, die zwischen 30 Grad südlich und 30 Grad nördlich des Äquators liegen. Demnach sind Thailand, Jamaika, Kolumbien und Mexiko die Herkunftsländer. Reine Sativa bzw. fast reine Sativa-Pflanzen für den Freizeitkonsum sind zum Beispiel Kali Mist, Dutch Haze oder Durban Poison.
Herkunft von Cannabis Indica
Cannabis Indica wächst in subtropischen Gebieten. Erstmals wurde Indica in Indien beschrieben. Aber auch in Pakistan, Afghanistan, Marokko und dem Libanon wachsen Indica-Sorten (z. B. Hindu Kush). Eine der bekanntesten Sorten ist Northern Lights, die zu 95 Prozent eine Indicasorte ist. Die Pflanze kann eine Höhe von bis 1,2 Meter erreichen. Außerdem besitzt sie eine hohe Widerstandskraft und hat nur eine kurze Blütezeit, was für den Anbau im Freien von Vorteil ist. Im Aroma ist die Sorte kräftig und im Geschmack fruchtig.
Darüber hinaus sind aus Northern Lights einige bekannte Hybrid-Sorten entstanden, wie zum Beispiel Super Silver Haze und Shiva Skunk. Zudem findet die Sorte Northern Lights auch im medizinischen Bereich Anwendung, da sie einen hohen THC-Gehalt aufweist. Je nach Züchtung kann dieser zwischen 16 und 26 Prozent liegen.
Unterschied zwischen Cannabis Indica Sativa
Die Unterschiede zwischen Indica und Sativa liegen vor allem im Wirkungsspektrum und Wachstum. So wird die Wirkung von Sativa als zerebraler und energiegeladener Rausch beschrieben, der beispielsweise Lachanfälle auslösen kann oder kreative Ideen fördert. Hingegen bewirkt Cannabis Indica eher eine Sedierung bzw. Beruhigung und Entspannung. Demnach eignen sich Indica-Sorten beispielsweise zur Schlafförderung.
Das Wirkungsspektrum von Indica und Sativa fällt aufgrund des Cannabinoid-Gehaltes unterschiedlich aus. Sativa-Sorten enthalten in der Regel einen hohen THC- und niedrigen CBD-Gehalt, während Indica-Sorten einen höheren CBD- und niedrigeren THC-Gehalt aufweisen.
Zu den bekanntesten Indica-Sativa-Hybriden gehört die Sorte White Widow. Diese wurde in den 1990er Jahre gezüchtet und ist eine der bekanntesten kommerziellen Sorten für den Freizeitkonsum. Dabei beträgt der THC-Gehalt der Blüten ungefähr 12 Prozent. In der Medizin kommt auch oft die Indica-dominante Sorte OG Kush zum Einsatz, die sie ebenfalls einen hohen THC-Anteil aufweist. Das Gleiche gilt für die Sorte Jack Herer und Amnesia Haze (Sativa-Hybrid).
Unterscheiden sich die Gene von den Cannabis Sorten Indica und Sativa?
Bis heute bestätigen drei unabhängige Studien mit unterschiedlichen Forschungszielen, dass sich als Indica und Sativa bezeichnete Pflanzen genetisch kaum voneinander unterscheiden. So konnte beim Vergleich von 83 Züchtungen von lizenzierten kanadischen Züchtern kein einheitliches genetisches Muster ausgemacht werden. Demnach war eine Sorte mit 100 % Sativa-Genen mit einer reinen Indica-Sorte aus Afghanistan genetisch nahezu identisch. Vielmehr scheinen laut Forschern die sogenannten Terpene bzw. Geschmacksaromen der Pflanzen Rückschlüsse auf deren Herkunft zuzulassen. Folglich tendieren Forscher zu einer eindeutigen und wissenschaftlich nachvollziehbaren Klassifizierung der Pflanzen mithilfe der Wirkstoffe anstatt der Gene.
Cannabis Ruderalis – kaum genutzte Cannabissorte
Die Cannabispflanze Ruderalis wächst vorwiegend in kälteren Regionen wie beispielsweise in Russland. Eine Besonderheit ist, dass sie selbstblühend ist und sehr schnell wächst. Zudem produziert sie nur wenige Seitenzweige und kleine Blätter.
In einem über 2400 Jahre alten mongolischen Grab wurde ein Beutel mit Hanfsamen gefunden. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass es sich hierbei um Ruderalissamen handelt. So soll die Sorte bei schamanischen Ritualen von den Mongolen genutzt worden sein, um in einen tranceähnlichen Zustand zu gelangen. Noch heute wird die Sorte in der Mongolei und in Russland zur Behandlung von Depressionen eingesetzt.
Für die Medizin ist sie sehr interessant, da die Cannabispflanze über einen relativ hohen CBD-Gehalt und einen niedrigen THC-Gehalt verfügt. Deshalb eignen sich Ruderalishybriden für medizinische Anwendungen, wenn der therapeutische Nutzen des CBDs im Vordergrund steht.
Unterschied zwischen Nutzhanf und medizinische Hanfsorten
In den Wörtern Nutzhanf und Medizinalhanf ist der Unterschied bereits erklärt. So bezieht sich der Nutzhanf auf die industrielle Nutzung von Cannabis, während Medizinalhanf bzw. medizinische Hanfsorten (wie Indica und Sativa) für medizinische Zwecke eingesetzt wird.
Der Nutzhanf enthält nur einen geringen THC-Anteil und wird vor allem zur Gewinnung von Hanffasern angebaut. Auch die Hanfschäben und Hanfsamen sind von Bedeutung, da hieraus Hanföl gewonnen wird. Die Hanfblüten und Hanfblätter werden genutzt, um ätherisches Hanföl herzustellen.
Die weltweiten Cannabisanbau-Flächen betragen bis zu 100.000 Hektar, wobei die Größe von Jahr zu Jahr schwankt. Im Jahr 2005 wurde die Cannabisanbau-Fläche auf rund 115.000 Hektar geschätzt. Allein 80.000 Hektar fallen hier auf Asien, 19.700 Hektar auf die EU-Länder, 14.300 Hektar auf Nord- und Südamerika sowie 250 Hektar auf Australien. Zu den führenden Cannabisanbau-Ländern gehören China, Russland, Frankreich und Kanada.
Phytocannabinoide in der Hanfpflanze
Experten gehen davon aus, dass sich in Cannabis mehr als 80 Phytocannabinoide (Cannabis Inhaltsstoffe) befinden. Geht es um den medizinischen Einsatz, sind vor allem die Cannabis Inhaltsstoffe Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) von Bedeutung. Daneben spielen aber auch die folgenden Phytocannabinoide eine wichtige Rolle, die unterschiedliche Wirkungen haben:
Phytocannabinoid | Wirkung |
Cannabinol (CBN) | nicht psychoaktiv, antibiotische, antiepileptische, beruhigende und leicht halluzinogen |
Cannabigerol (CBG) | leicht psychoaktiv, antibiotischer und schlafanstoßender Effekt |
Cannabichromen (CBC) | entzündungshemmend, antibiotisch und beruhigend; unterstützt die schmerzhemmende Wirkung des THC |
Interessante Studien über die Phytocannabinoide CBN, CBG und CBC
An der West Virginia University fanden Forscher heraus, dass TCH und CBG therapeutisches Potenzial für die Behandlung von Glaukomen („Grüner Star“) haben könnte. Dem Phytocannabinoid CBC wird zudem ein Antidepressiva-ähnliches Wirkungsspektrum nachgesagt. Forscher der University of Mississippi untersuchten im Jahr 2010 die antidepressive Wirkung von Cannabis sowie die Wechselwirkung zwischen dem Endocannabinoidsystem und Antidepressiva an Mäusen. Während die Phytocannabinoide CBG und CBN keine Antidepressiva-ähnliche Wirkung zeigten, konnte diese jedoch bei CBD und CBC festgestellt werden. Auch das Wirkungsspektrum von THC und CBC wurde bestätigt. Außerdem soll CBC auch eine entzündungshemmende Wirkung besitzen. Bereits im Jahre 1981 wurde im The Journal of Clinical Pharmacology berichtet, dass CBC eines der vier großen Phytocannabinoide ist und entzündungshemmende Eigenschaften besitzt.
Das (körpereigene) Endocannabinoidsystem
Das Gehirn produziert den Neurotransmitter Anandamid, also ein Endocannabinoid. Die Anandamid-Rezeptoren sind im gesamten Körper verteilt; so im Nervensystem, im Gehirn und in Organen wie dem Darm. Weiter umfasst das Endocannabinoidsystem auch die beiden Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2. Während sich der CB1-Rezeptor hauptsächlich in den Nervenzellen des Gehirns findet, legt sich der CB2-Rezeptor auf die Zellen des Immunsystems und ist ein Bestandteil der Osteoklasten (Zellen im Knochenmark).
Medizinalcannabis zielt auf die Aktivierung dieser beiden Cannabinoid-Rezeptoren ab, denn die Phytocannabinoide aus der Cannabis Pflanze können sich an die endocannabinoiden Rezeptoren binden und diese aktivieren.
Wirkung von Sativa, Indica und Ruderalis: Welche Cannabis Sorte findet in der Medizin Anwendung?
Die Cannabissorten Indica, Sativa und Ruderalis unterscheiden sich hinsichtlich ihrer psychoaktiven und therapeutischen Effekte. Cannabis-Sativa-Sorten eignen sich für Anwendung am Tage, wenn ein hoher Grad an Aufmerksamkeit erwünscht ist. Hingegen besitzen Cannabis-Indica-Sorten eine beruhigende Wirkung, weshalb sie meist zur Nacht verschrieben werden. Auch Kombinationen aus Sativa und Indica sind möglich und für Patienten geeignet, die für eine individuelle Therapie beide Effekte benötigen. Wenn es um den Einsatz von Medizinalhanf geht, werden die Phytocannabinoide THC und CBD in Betracht gezogen.
Hoher THC- und niedriger CBD-Gehalt: Sativa-Sorten entfalten im Körper einen energiegeladenen und zerebralen Effekt („High“), der von Patienten körperlich und geistig gespürt wird. Eingesetzt werden Cannabis-Sativa-Sorten gegen Übelkeit, Brechreiz, Appetitlosigkeit und chronische Schmerzen im Rahmen einer Chemotherapie oder HIV-/AIDS-Therapie. Auch gegen Migräne und Depressionen wird Sativa angewendet.
Hohe THC- und hohe CBD-Konzentration: Cannabis-Indica-Sorten weisen einen hohen Gehalt an THC und CBD auf. Die Cannabiswirkung zeigt sich hier beruhigend. Deshalb wird Indica zur Behandlung von Tremor-Symptomen, Multipler Sklerose, Muskelspasmen und bei Parkinson eingesetzt. Auch bei chronischen Schmerzen stellt Medizinalcannabis eine Alternative zu Opiaten dar, die bekannt sind für ihre Nebenwirkungen und die Suchtgefahr. Zusätzlich finden Indica-Sorten noch Anwendung bei Schlafstörungen sowie rheumatischer und arthritischer Steifheit.
Niedriger THC- und hoher CBD-Gehalt: Der hohe Cannabidiol-Gehalt mildert die THC-Wirkung ab und entfaltet deshalb beruhigende und angsthemmende Effekte. Eingesetzt werden Kreuzungen aus Sativa, Indica und Ruderalis zur Behandlung von chronischen Darmentzündungen, ADHS, Anorexia, Depressionen, Angsterkrankungen, Multipler Sklerose, Epilepsie und chronischen Schmerzen.
Darüber hinaus werden in der Medizin auch synthetische Cannabinoide genutzt. „Künstliche“ Cannabinoide können halbsynthetisch, also aus natürlichen Cannabinoiden, und vollsynthetisch auf einfachen Grundstoffen hergestellt werden. Diese synthetischen Cannabinoide dienen der Neurowissenschaft dazu, das Wirkungsspektrum von Cannabis im menschlichen Gehirn besser verstehen zu können.
Einsatz von Medizinalcannabis in Deutschland
In Deutschland ist Medizinalcannabis seit dem 1. März 2017 verschreibungsfähig (Cannabis auf Rezept). Das bedeutet, dass Ärzte Cannabis Medikamente (Medikamente auf Cannabis-Basis wie Sativex, Nabilon oder Dronabinol) und medizinische Cannabisblüten auf einem Betäubungsmittelrezept verschreiben dürfen und keine Ausnahmeerlaubnis mehr notwendig ist. Dabei beträgt die Verschreibungshöchstmenge 100.000 Milligramm (100 Gramm in 30 Tagen). Auf dem Rezept muss die Cannabissorte sowie die Menge angegeben werden. Möglich ist auch die Verschreibung von Cannabissorten mit unterschiedlichen THC-Anteilen. Daher können Cannabisblüten für verschiedene Indikationen verschrieben werden.
Hier mehr Informationen zu den Darreichungsformen.
Vor der Behandlung mit medizinischem Cannabis muss jedoch eine Genehmigung der Krankenkasse eingeholt werden. Dieser Antrag darf von den Krankenkassen nur in begründeten Ausnahmefällen abgelehnt werden.
Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.