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Kann Cannabis Antibiotika ersetzen?

Leafly: Alexandra Latour Autor:
Alexandra Latour

Jedes Jahr fordern gefährliche Erreger, insbesondere in Krankenhäusern und Pflegeheimen, viele Todesopfer. Antibiotika sind bei diesen multiresistenten Erregern wirkungslos. Forscher nehmen jetzt an, dass Cannabis gegen diese Erreger wirksam sein könnte.

Kann Cannabis Antibiotika ersetzen?

Aus dem Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse geht hervor, dass niedergelassene Ärzte viel zu häufig Antibiotika verschreiben. Und das schon bei relativ harmlosen Erkrankungen, wie zum Beispiel einer Erkältung. Hier sind antibiotische Medikamente jedoch wirkungslos. 27 Prozent der Beschäftigten, die wegen einer Erkältung krankgeschrieben wurden, bekamen im Jahr 2017 Antibiotika verordnet. Gefährlich ist, dass durch den falschen Einsatz dieser Mittel multiresistente Keime entstehen können, die sich medikamentös nur schwer behandeln lassen.

Bereits in den 1950er Jahren beschrieb Prof. Dr. J. Kabelik von der Medical Faculty of the Palacky University in Olmouc (Tschechischen Republik) die antibiotische Wirkung von Cannabis Sativa. Auch aktuelle Studien weisen darauf hin, dass die Phytocannabinoide aus der Cannabis-Pflanze wie THC und CBD eine antibiotische Wirkung entfalten können.

Wie wirken Antibiotika?

Die Wirkstoffe der antibiotischen Medikamente sollen die lebensnotwendigen Stoffwechselvorgänge spezieller Zellen und deren Vermehrung blockieren. Demnach zielen die Wirkstoffe auf die Zellen von Krankheitserregern wie Bakterien oder Keime ab und kommen bei der Bekämpfung von Infektionen zum Einsatz.

Darüber hinaus werden bestimmte antibiotische Mittel wie Doxorubicin, Dactinomycin oder Epirubicin auch bei der Tumorbehandlung eingesetzt. Denn sie können für krebsartig veränderte Zellen schädlich sein. Aufgrund des starken Nebenwirkungsprofils werden diese in der Regel aber nicht bei Infektionen verordnet.

Antibiotika werden nach ihrer chemischen Form und ihrer Wirkungsweise in die folgenden Wirkstoffgruppen eingeteilt:

  • Penicilline
  • Aminoglycosid-Antibiotika
  • Gyrasehemmer
  • Sulfonamide/Trimethoprim
  • Makrolid-Antibiotika
  • Tetrazykline
  • Tuberkulostatika
  • Cephalosporine

Falls diese Wirkstoffe versagen, werden die sogenannten Reserveantibiotika genutzt, wie zum Beispiel Monobactame, Lincosamide oder Carbapeneme. Zu den neuen Antibiotika gehören Ketolide mit Telithromycin sowie Streptogramine wie Dalfopristin.

Multiresistente Erreger (MRE) – eine schleichende Epidemie

MRSA-Keime können lebensgefährliche Erkrankungen auslösen.

Bakterien können gegen Antibiotikawirkstoff resistent werden. Infolge dessen entfaltet das Antibiotikum keine Wirkung mehr auf diese Bakterien. In solch einem Fall müssen dann verschiedene andere antibiotische Arzneimittel ausprobiert werden.

Problematisch ist, dass mit der Zeit zahlreiche Bakterien entstanden sind, die gegen bestimmte antibiotische Arzneimittel resistent sind. Dies ist vor allem auf Einnahmefehler zurückzuführen.

In Krankenhäusern und Pflegeheimen stellen diese multiresistenten Bakterien ein enormes Problem dar. Denn für die behandelnden Ärzte ist es dann schwierig, ein wirksames Medikament zu finden.

Einer der bekanntesten Erreger ist der MRSA (methicillin-resistente Staphylococcus aureus), der umgangssprachlich als „Krankenhauskeim“ bezeichnet wird. Der Krankenhauskeim MRSA zeigt gegenüber dem Antibiotikum Methicillin keine Wirksamkeit.

Für Menschen mit einem gesunden Immunsystem ist der Kontakt mit dem Krankenhauskeim Staphylococcus in der Regel ungefährlich. Wenn sie jedoch den Erreger MRSA in sich tragen, können sie diesen auf andere Menschen übertragen. Patienten mit geschwächten Abwehrkräften sind besonders gefährdet, vor allem in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Multiresistente Erreger können bei Patienten Infektionen auslösen, zum Beispiel an der Haut oder in der Lunge. Diese können die Gesundheit erheblich beeinträchtigen und schlimmstenfalls lebensgefährlich verlaufen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Vereinten Nationen (UN) warnen immer wieder vor Antibiotikaresistenzen und bezeichnen diese sogar als schleichende Epidemie, der man den Kampf ansagen muss. Weltweit sterben jedes Jahr hunderttausende Menschen, weil antibiotische Arzneimittel versagen und auch die Zahl der Infektionen mit multiresistenten Keimen steigt. Es wird sogar befürchtet, dass die Resistenzen in den kommenden Jahrzehnten eine der häufigsten Todesursachen sein könnten. Um der schleichenden Epidemie Herr zu werden, ist es unbedingt notwendig, den Antibiotikaeinsatz sowohl beim Menschen als auch bei Tieren zu reduzieren.

Cannabis und seine antibakteriellen Eigenschaften

Wie schon zu Beginn erwähnt, sind die antibakteriellen Eigenschaften von Cannabis seit Langem bekannt. Auch in den 1990er Jahren wurden interessante Untersuchungen durchgeführt. So beispielsweise von nigerianischen Wissenschaftlern. Sie verabreichten Ratten, die mit Trypanosomen (Parasiten, die bei Menschen die Schlafkrankheit auslösen können) infiziert waren, ein wässriges Extrakt aus Cannabissamen. Das Ergebnis war positiv. Warum die Forschung hier nicht weiter vorangetrieben wurde, ist unklar.

Cannabis als Medizin zur Behandlung von MRSA-Stämmen

Im Jahr 2008 stellten die Forscher Giovanni Appendino (Universität Piemonte Orientale) sowie Simon Gibbons (University of London) im Rahmen einer Studie fest, dass Extrakte aus den Cannabinoiden Cannabidiol (CBD), Cannabigerol (CBG), Cannabichrome (CBC) und Cannabinol (CBN) in einer Reinheit von über 98 Prozent in Bakterienkulturen von MRSA-Stämmen ähnlich wirkten wie medizinische antibiotische Mittel. Im Ergebnis hieß es, dass die Abtötungswirkung auf die MRSA-Keime der Cannabinoidextrakte effektiv war.

Cannabinoide können eine antibiotische Wirkung entfalten.

Zu den Ergebnissen erklärten die Forscher, dass alles darauf hindeute, dass die Pflanze die Cannabinoide entwickelt hat, um eine Verteidigungswirkung gegenüber Bakterien und keimen zu haben. Der genaue Mechanismus, mit dem das funktioniert, ist jedoch nicht geklärt.

Weiter führten die Forscher aus, dass die Cannabinoide womöglich zur Therapie von Hautinfektionen Anwendung finden könnten. Möglich wäre das Auftragen von Cremes oder Salben auf Geschwüre oder Wunden. Unklar ist, ob sie in Form von Tabletten oder Injektionen die gleiche Wirkung zeigen, da das Blutwasser die Wirkung hemmen oder ganz außer Kraft setzen könnte.

Ob die Phytocannabinoide als Antibiotika irgendwann innerlich eingesetzt werden können, müssen klinischen Studien zeigen. Bisher gehen die Forscher davon aus, dass zumindest eine äußerliche Anwendung vielversprechend ist, um resistente Bakterien-Stämme wie den Staphylococcus aureus auf der Haut zu reduzieren.

Medizinisches Cannabis zur Behandlung von Herpes-Viren

An der Universität von Südflorida stellten Wissenschaftler fest, dass das psychoaktive Phytocannabinoid THC die Infektiosität des Virus Herpes simplex (Lippen-Herpesinfektion) um bis 80 Prozent reduzieren konnte. Wenn in den für die Versuche genutzten Glasschalen etwas Blutserum gegeben wurde, verminderte sich die Wirkung des Phytocannabinoids. Die Wissenschaftler nehmen an, dass die Aktivität des Phytocannabinoids gegen die Herpesviren durch die Eiweißstoffe im Blut beeinträchtigt wird. Eine Behandlung des Lippenherpes mit THC kann deshalb womöglich nur äußerlich erfolgen.

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Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.

 

 

Quellen:

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