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Leafly.de Patientenakte: Daniela, 41, Morbus Crohn, Bayern

Gesa-2019 Autor:
Gesa Riedewald

Seitdem Daniela 17 Jahre alt ist, leidet sie an Morbus Crohn – einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, die mit Bauchschmerzen und Durchfall einhergeht. Dennoch ist sie ihren Weg gegangen, hat in der Hotelbranche gearbeitet und war in verschiedenen Ländern zuhause. Nach drei Fehlgeburten erlitt Daniela einen psychischen Zusammenbruch. Inzwischen lebt sie bewusster, hat beruflich zurückgesteckt und achtet besser auf sich. Daniela wurde zwei Mal am Darm operiert. Seit einem halben Jahr hat die Bayerin ihre Darmerkrankung gut im Griff – auch dank Cannabis als Medizin. Und das nach 25 Jahren Krankheitsgeschichte.

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Morbus Crohn – Begleiterin seit der Jugend

Die Darmerkrankung Morbus Crohn begleitet Daniela bereits seit ihrer Jugend – inzwischen seit 25 Jahren. Über fünf Jahre wurde die Frau aus Bayern mit Kortison in hohen Dosen behandelt. Aber sie litt an den starken Nebenwirkungen. Daniela hat durch das Kortison noch immer dünne Haut. Auch die anderen Medikamente, die sie gegen Morbus Crohn erhielt, vertrug sie nicht: Sie reagierte allergisch.

Morbus Crohn: chronisch-entzündliche Darmerkrankung

Morbus Crohn ist, wie auch Colitis ulcerosa, eine chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED). Zu den typischen Symptomen, die auf Morbus Crohn hinweisen, zählen wässriger, schleimiger Durchfall, der über viele Wochen anhält, und krampfartige Bauchschmerzen. Bei länger anhaltenden Schüben kommt es zu Gewichtsverlust, Müdigkeit und Schwäche.

Die Entzündung bei Morbus Crohn kann im gesamten Verdauungstrakt auftreten, vom Mund bis zum Enddarm. Am häufigsten sind jedoch Dickdarm und Dünndarm betroffen. Morbus Crohn verläuft, wie Colitis ulcerosa, meistens in Schüben. So erleben die Betroffenen Phasen, in denen sie keine Probleme haben und kaum etwas von ihrer Erkrankung bemerken. Dann wieder leiden sie an einem Krankheitsschub, der 20 bis 30 Toilettengänge am Tag mit sich bringt.

Darüber hinaus kann sich Morbus Crohn auch in Symptomen außerhalb des Magen-Darm-Traktes zeigen. So können Gelenkschmerzen, Augenentzündungen oder entzündliche Hautveränderungen auftreten. Nicht selten entwickeln Betroffene aufgrund der belastenden Erkrankung auch eine Depression oder depressive Verstimmung.

Weitere Informationen zu chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen finden Sie in diesem Beitrag.

Daniela ist unterernährt

Daniela magerte durch die Darmerkrankung stark ab. Der Tiefpunkt waren 42 Kilo – bei einer Größe von 1,65 Meter. Das entspricht einem Body Mass Index (BMI) von 15. Unter 18,5 gilt bei Erwachsenen als Untergewicht. Aber nicht nur mit dem Gewicht muss die Crohnpatientin kämpfen. Bei chronischen Darmerkrankungen treten häufig Probleme mit dem Enddarm auf. Auch Daniela muss wegen Analfissuren im Krankenhaus behandelt werden.

Diese Kämpfe musste die junge Frau alle allein austragen. Über Jahre hat sie ihr Leben allein bestritten und viel gearbeitet. Daniela war in der Hotelbranche als Rezeptionistin tätig. Dadurch kam sie rum, sah andere Länder und lebte in Österreich und Belgien. “Ich habe immer versucht, so viel zu leisten, wie ein Mensch, der nicht krank ist”, erzählt uns die 41-Jährige. Irgendwann machte ihr Körper das aber nicht mehr mit.

Der Kinderwunsch

Zurück in Bayern, nach ihrer Zeit in der Hotelbranche, arbeitet Daniela in einer Arztpraxis. Zu diesem Zeitpunkt hat sie einen festen Partner – und wünscht sich ein Kind. Daniela leidet aber nicht nur an Morbus Crohn, sondern auch an Hashimoto.

Diese Autoimmunerkrankung führt zu einer Entzündung der Schilddrüse und ist die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion. Da die Schilddrüse eine wichtige Funktion im hormonellen Kreislauf des Körpers einnimmt, können bei einer Schilddrüsenstörung zahlreiche Stoffwechselprozesse in Mitleidenschaft gezogen werden. Die genauen Ursachen von Hashimoto sind bis heute noch nicht eingehend erforscht.

Eine Schilddrüsenfunktionsstörung – egal ob es sich dabei um eine Über- oder eine Unterfunktion handelt – kann den Verlauf einer Schwangerschaft und die Entwicklung des ungeborenen Kindes negativ beeinflussen.

Daniela erleidet drei Fehlgeburten hintereinander. Nach dem jahrelangen Kampf gegen den Morbus Crohn sind diese Schicksalsschläge zu viel: Sie bricht zusammen, verliert ihren Arbeitsplatz und muss in einer Klinik für psychosomatische Erkrankungen behandelt werden. Das ist jetzt zwei Jahre her. Heute arbeitet die Bayerin Teilzeit in einer Agentur – einen großen Teil ihrer Arbeit erledigt sie aus dem Homeoffice. Sie hat ihr Leben entschleunigt, versucht, auf ihre innere Stimme zu hören und auf sich zu achten. Cannabis als Medizin hilft ihr dabei, zur Ruhe zu kommen. Den Kinderwunsch hat sie nicht aufgegeben.

“Essen ist für mich jetzt wieder ganz normal”

Daniela wurde zwei Mal am Darm operiert, das erste Mal im Jahr im 2009, das zweite Mal im März 2018. Seit dieser Operation hat die 41-Jährige nur noch 30 cm Dickdarm. “Dadurch bin ich noch immer etwas eingeschränkt. Der Darm muss hier speziell in seiner Funktion unterstützt werden und mit Hilfe von Cannabis kann ich meinem Körper seine regelmäßige Entspannung geben”, erzählt die junge Frau.

Durch die Debatte um die Legalisierung von Cannabis als Medizin kam Daniela auf die Idee, dass Medizinalhanf auch ihre Symptome lindern könnte. Zunächst erhält sie Cannabis auf Privatrezept, seit August 2018 trägt aber ihre Krankenkasse die Kosten für die Therapie. Daniela verdampft Bedrocan, manchmal bereitet sie sich aus den Cannabisblüten auch einen Tee oder auch mal Kekse.

Medizinalcannabis hilft Daniela gegen ihre Unruhe und die Anspannung. “Es ist schwer, über ein anderes Mittel diese Ruhe zu finden”, erzählt die Morbus Crohn-Patientin. Aufgrund ihrer Erkrankung hat Daniela keinen Appetit: “Das Thema Nahrung war permanent da, mein ganzes Leben drehte sich nur um meinen Appetit – beziehungsweise den Mangel daran. Und dann immer dieser innere Vorwurf: Du isst nicht genug.”

Dank Cannabis als Medizin empfindet die junge Frau wieder Appetit – und denkt nicht mehr ständig über das Thema Essen nach. “Essen ist für mich jetzt wieder ganz normal. Ich kann mich sogar wieder am Essen freuen, aber es liegt nicht mehr so ein Fokus darauf.”

“Das Leben geht für mich weiter”

Kürzlich hatte Daniela wieder eine Magen-Darm-Spiegelung – die erste seit der Operation und die Ergebnisse waren fantastisch. Keinerlei Anzeichen von einer Entzündung. “Das bringt mich jetzt noch zum Heulen”, erzählt sie. An den meisten Tagen merkt sie inzwischen gar nichts von ihrer Erkrankung. Aber sie nimmt auch weiterhin Medikamente gegen den Morbus Crohn: Remicade bzw. Flixabi ist ein Medikament, das sie endlich gut verträgt. Die Hashimoto-Erkrankung behandelt sie mit L-Toryxin.

Cannabis als Medizin hilft Daniela dabei, sich selbst besser wahrzunehmen zu können. Sie kann sich mehr fokussieren und auch mit unangenehmen Dingen leichter umgehen.

“Das Leben geht für mich weiter, ich kann wieder essen und habe Spaß.”

Wo die Reise hingeht, ist für sie noch offen. Vielleicht, so hofft sie, kann sie irgendwann in Zukunft den Medizinalhanf reduzieren. Zurzeit macht Daniela eine Ausbildung zur Aromatherapeutin. Später will sie diesen Beruf auch ausführen – im Moment nutzt sie es zur Selbstbehandlung.

Patienteninfos

Name: Daniela

Alter: 41

Wohnort: Bayern

Krankenkasse: Barmer

Diagnose/n: Morbus Crohn, Hashimoto

Medikation: Bedrocan

Fachrichtung des verschreibenden Arztes: Hausarzt

Das Leafly.de Patienteninterview

Leafly: Seit wann wendest Du Cannabis als Medizin an?

Daniela: Bewusst und legal seit April 2018. Ich habe aber davor auch schon ab und zu gekifft, weil es mir guttat. Aber da war dann immer dieses schlechte Gefühl, etwas Illegales zu tun – und das ist für die Wirkung und Psyche nicht förderlich. Zumindest für mich nicht.

Leafly: Wie bist Du denn darauf gekommen?

Daniela: Durch die öffentliche Diskussion. Und mein Hausarzt ist sehr fortschrittlich.

Leafly: Wie war das erste Mal?

Daniela: Wunderbar – es hat sich alles einfach entspannt und ich kann wieder genießen.

Leafly: In welchen Momenten wendest Du es an?

Daniela: Ich benötige es hauptsächlich, um Essen zu können. Ich habe nur Appetit und kann daher auch nur essen, wenn ich entspannt bin. Und diese Barriere ist nicht so leicht zu durchbrechen.

Leafly: Hattest Du Schwierigkeiten mit der Krankenkasse?

Daniela: Nein

Leafly: Hast Du Angst vor einer Abhängigkeit?

Daniela: Ja schon ein bisschen. Vor allem, weil ich noch schwanger werden möchte.

Leafly: War Dein Medikament einmal nicht lieferbar? Was hast Du dann gemacht?

Daniela: Ja. Ich musste diesen Winter zu einer mir fremden Apotheke und das war wirklich, als hätte ich ein Plutonium-Rezept vorgelegt. Das sind die Momente, wo ich mich immer noch schlecht fühle und denke, ich tue was Illegales.

Leafly: Geht es Dir gut? Bist Du jetzt glücklich?

Daniela: Ja, ja, ja! Mein Leben hat sich im Vergleich zu noch vor einem Jahr um 180 Grad gedreht. Auch bedingt durch meine letzte OP. Also, mein ganz persönliches Résumé ist, dass ich seitdem erst wirklich in der Lage bin, mich gut und liebevoll um mich und meine Gesundheit zu kümmern. Ich kann wachsamer mit mir sein, Zipperleins besser wahrnehmen und verarbeiten, die ich früher oft einfach ignorieren musste. Aus Kraftmangel, keine Nerven, Gereiztheit, dünnhäutig und so weiter. Zusätzlich zum Cannabis habe ich angefangen, mich mit ätherischen Ölen zu unterstützen. Ich habe sogar die Ausbildung zur Aromatherapeutin begonnen, weil ich da meine Zukunft drin sehe.

 

Liebe Daniela, für die Zukunft wünschen wir das alles Gute und viel Erfolg mit Deinen Plänen.

 

 

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