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Lieferausfälle bei medizinischem Cannabis

Gesa-2019 Autor:
Gesa Riedewald

Lieferschwierigkeiten wegen fehlender Lizenzen vom Bundesamt für Strahlenschutz waren bereits Ende letzten Jahres unser Thema. Das Problem betrifft die Cannabisblüten von Bedrocan und Aurora. Im Update erklärt der Importeur GECA Parma, dass seine Lieferfähigkeit gesichert ist.

Lieferausfälle bei medizinischem Cannabis

Update vom 17.01.2020

Um Cannabisblüten dauerhaft vor Schimmel und Bakterien zu schützen, erhalten diese oft eine ionisierende Bestrahlung. Wenn aber Händler Arzneimittel, die auf diese Art behandelt wurden, in den Verkehr bringen wollen, benötigen sie eine Sonder-Genehmigung.

Im Dezember berichteten wir, dass dieses Problem jetzt erst aufgefallen sei, nachdem die Behörden in Köln und Düsseldorf einem Cannabis-Großhändler, dem die entsprechenden Zulassungen fehlten, den Verkauf verboten hatten.

Diese Problematik betrifft nicht die GECA Pharma GmbH aus Köln, wie das Unternehmen in einer Pressemeldung bekannt gibt. GECA „zählt zu den wenigen Importeuren, die zurzeit über alle notwendigen Genehmigungen gemäß der AMRad-Verordnung verfügen“, so der Cannabis-Importeur.

Alexander Rieg, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens, erklärt dazu:

„Aufgrund von verschiedenen Meldungen aus der Presse erhalten wir vermehrt Anfragen zu unserer Lieferfähigkeit. Der Markt zeigt sich angespannt, da einige Großhändler ihre Auslieferungen stoppen mussten. Wir haben aber dafür Sorge getragen, dass die Produktqualität und Lieferfähigkeit von unserer Seite aus sichergestellt sind. So stehen wir weiterhin Versorgungsengpässen auf dem Markt für Medizinalcannabis entgegen.“

 

Ursprünglicher Beitrag vom 9.12.2019

Obwohl Zwischenhändler bereits seit über zwei Jahren Medizinalcannabis an die Apotheken liefern, scheint den Behörden jetzt erst aufgefallen zu sein, dass den meisten dieser Händler eine Lizenz vom Bundesamt für Strahlenschutz fehlt. Das berichtet die apotheke adhoc.

Bestrahlung von Cannabisblüten – Händler benötigen Strahlenlizenz

Um Cannabisblüten vor Schimmel und Bakterien zu schützen, erhalten diese Pflanzen eine ionisierende Bestrahlung. Wenn aber Händler Arzneimittel, die auf diese Art behandelt wurden, in den Verkehr bringen wollen, benötigen sie eine Sonder-Genehmigung.

Dieses Problem betrifft vor allem die Cannabisblüten von Bedrocan, der wichtigste europäische Importeur für Deutschland. Dieser gibt seine Ware an das Büro für Medizinisches Cannabis am Gesundheitsministerium, das dann einen Dienstleister die Produkte mit Gammastrahlung aus Kobalt 60 bestrahlen lässt. Dafür hat das Unternehmen auch eine entsprechende GMP-Zulassung. Die bestrahlten Blüten werden dann nach Deutschland exportiert.

Bei den Zwischenhändlern, die Importlizenzen für Bedrocan haben, wurde aber anscheinend nie überprüft, ob sie auch die nötige Lizenz des Bundesamts für Strahlenschutz besitzen, um bestrahlte Arzneimittel in den Verkehr zu bringen. Dieses Problem ist erst kürzlich aufgefallen, als die Behörden in Köln und Düsseldorf einem Großhändler den Verkauf von Cannabisblüten ohne die nötige Bestrahlungszulassung verboten haben.

CannaMedical aus Köln teilte allerdings auf Anfrage mit, dass sie alle nötigen Zulassungen besitzen und weiterhin Bedrocan liefern können.

Unterschiedliche Einstufung von Cannabisblüten

Ein weiteres Problem: Die jeweiligen Bundesländer und zuständigen Aufsichtsbehörden stufen Cannabisblüten unterschiedlich ein. So werden sie entweder als Wirkstoff, als Arzneimittel, als Fertigarzneimittel oder als Grundstoff eingeordnet. Abhängig von der Kategorie gelten auch unterschiedliche arzneimittelrechtliche Regelungen.

Diesen Zustand will das BfArM angeblich in 2020 beheben. Dann soll eine „bundeseinheitliche Klärung der Einstufung von Cannabisblüten“ umgesetzt werden.

Lieferausfälle auch bei Aurora

200 kg Cannabis pro Monat liefert Bedrocan derzeit für den deutschen Markt – diese fehlen jetzt. Darüber hinaus hat auch der Cannabishersteller Aurora mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen (Leafly.de berichtete).

Zurzeit ist kein medizinisches Cannabis von Aurora in Deutschland verfügbar. Auch hier liegt es an einem „Schritt im Produktionsprozess“, wie Aurora bekannt gab, für die sie eine zusätzliche Genehmigung benötigen. Bis die Behörden diese ausgestellt haben, werden keine Cannabis-Produkte von Aurora verkauft.

Geht es bei diesem „Schritt im Produktionsprozess“ ebenfalls um Bestrahlung und die dafür fehlende Lizenz? Dazu hat sich Aurora bisher nicht geäußert.

Wie schwer werden die Lieferausfälle?

Wer versorgt jetzt die deutschen Cannabispatientinnen und -patienten mit ihrem Medikament, wenn Bedrocan und Aurora ausfallen? Cannabisunternehmen wie Canopy, Tilray und CannaMedical gaben an, weiterhin lieferfähig zu sein. Ob sie aber in der Lage sind, die Lieferausfälle komplett auszugleichen, ist sehr fraglich. Vor allem für die Patientinnen und Patienten, die auf Blüten angewiesen sind, könnte es schwierig werden.

Apotheker Peter Waßmuth von der BEZIRKSapotheke Berlin denkt allerdings nicht, dass es zu schweren und langfristigen Lieferengpässen kommen wird:

„Schwierig zu sagen, ob es zu großen Engpässen kommen könnte, aber ich nehme an, dass es dann nur von kurzfristiger Natur ist. Einige Importeure haben nicht bedacht, dass sie das importierte Cannabis, sofern es bestrahlt wurde, auch zulassen müssen. Also wenn die Hausaufgaben ordentlich und schnell gemacht werden, wird sich Situation um die Verfügbarkeit von Cannabis auch wieder entspannen.“

Um massive Lieferausfälle bei Cannabis abzuwenden, haben sich Behörden und Cannabisunternehmen scheinbar auf eine Übergangslösung geeinigt: Demnach dürfen wohl manche Unternehmen Cannabisblüten von Bedrocan als Einzelimport bestellen.

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