StartseiteAlle ArtikelNewsMedizinalcannabis: Forscher aktualisiert Review

Medizinalcannabis: Forscher aktualisiert Review

Leafly: Alexandra Latour Autor:
Alexandra Latour

In dem wissenschaftlichen Journal „JAMA“ erschien im Jahr 2015 die systematische Review „Medical Marijuana for Treatment of Chronic Pain and Other Medical and Psychiatric Problems“ von Dr. Kevin P. Hill. Diese wurde jetzt aktualisiert.

Medizinalcannabis: Forscher aktualisiert Review

Eine systematische Review (Übersichtsarbeit) ist eine wissenschaftliche Arbeit bzw. eine Art Literaturübersicht, in der zu einem bestimmten Thema das verfügbare Wissen zusammengefasst und kritisch bewertet wird. Aus der Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2015 („Medizinisches Cannabis zur Behandlung von chronischen Schmerzen und anderen medizinischen und psychiatrischen Problemen“) gehen jetzt folgende aktualisierte Informationen hervor.

Review: Wenige akzeptable Studien für Cannabinoide

Einem Bericht zufolge ist das Resümee von Dr. Kevin P. Hill, dass immer noch zu „wenige qualitative akzeptable Studien für die Cannabinoide THC und CBD vorliegen, woraus sich zuverlässige Wirkprofile ableiten lassen“.

Bestätigung soll das Resümee in den wenigen von der FDA zugelassen cannabisbasierten Arzneimittel finden. Dronabinol und Nabilon seien im Jahr 1985 für die Behandlung von Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Chemotherapie zugelassen worden. Im Jahr 1992 erhielt Dronabinol dann eine zusätzliche Indikation und ist für die Appetitanregung bei schweren Krankheiten (z. B. AIDS) zugelassen.

Darüber hinaus erhielt das auf Cannabidiol basierende Fertigarzneimittel Epidiolex Ende letzten Jahres in den USA eine Zulassung für die Behandlung von zwei seltenen Epilepsieformen (Leafly.de berichtete). Eine Zulassung in Europa wird aktuell diskutiert (Leafly.de berichtete).

Medizinalcannabis gegen chronische Schmerzen

Medizinische Cannabisblüten, Rezeptur- und Fertigarzneimittel finden bei zahlreichen weiteren Erkrankungen und Beschwerden Anwendung, insbesondere bei der Behandlung von chronischen Schmerzen.

Dem zuvor genannten Bericht zufolge, führen die US-amerikanischen nationalen Akademien für Wissenschaft, Technik und Medizin aus, dass medizinische Cannabisblüten, Rezeptur- und Fertigarzneimittel chronische Schmerzen wirksam lindern können. Untermauert wird diese Aussage mit einer Metaanalyse von 28 Studien.

Allerdings seien die Studien in Bezug auf die behandelten Krankheiten/Beschwerden und getesteten Wirkstoffe sehr uneinheitlich. Aus diesem Grund könne man zuverlässige Schlüsse nur bedingt ziehen.

Medizinalcannabis schneidet besser als Placebo ab

Weiter wird auf eine neuere Metaanalyse mit 91 Studien Bezug genommen. In den Ergebnissen heißt es, dass Medizinalcannabis chronische Schmerzen um 30 Prozent stärker lindern konnte als ein Placebo.

Der JAMA-Publikation zufolge gebe es dennoch keine schlüssigen Beweise dafür, dass Medizinalcannabis in der Lage ist, chronische Schmerzen wirksam und effizient zu lindern. Nach der Datenlage seien die Risiken im Vergleich zum Nutzen höher einzustufen.

Lesen Sie bitte hier mehr zu Schmerzen und Medizinalcannabis.

Plausible Hypothesen reichen nicht aus

Wie zuvor erwähnt hat die FDA das auf Cannabidol basierende Arzneimittel auf der Grundlage von zwei Studien mit einer ausreichenden Anzahl von Patienten zugelassen. Zwar existieren für andere Erkrankungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung, der Parkinson-Krankheit und dem Tourette-Syndrom plausible Hypothesen, klinische Studien würden jedoch fehlen. Es gab lediglich kleine, unkontrollierte klinische Studien an Patienten.

Hierzu heißt es weiter in dem Bericht, dass es unwahrscheinlich sei, dass die FDA weitere cannabisbasierte Arzneimittel zulässt, die nur wenige Pharmaunternehmen Cannabinoid-Studien durchführen.

Sorge um Nebenwirkungspotenzial

Darüber hinaus wird ausgeführt, dass das Nebenwirkungspotenzial von Cannabis weiterhin Sorge mache.

„Akuter Cannabiskonsum ist mit Lern-, Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Koordinationsstörungen assoziiert, die den normalen Alltag der Patienten zum Teil erheblich beeinträchtigen können“, heißt es.

Mit den Nebenwirkungen von starken Schmerzmitteln gab es keinen Vergleich. Neben den zuvor genannten Nebenwirkungen haben diese noch zahlreiche weitere unerwünschte Nebenwirkungen.

Fazit der Review

Am Ende resümiert Dr. Kevin P. Hill, dass die Wirksamkeit von Medizinalcannabis bei den meisten Krankheiten/Beschwerden unzureichend belegt sei. Dennoch würden zahlreiche US-Bundesstaaten Medizinalcannabis für die Behandlung von über 50 Erkrankungen empfehlen. Zwar könne Medizinalcannabis „nützlich“ sein, aufgrund der großen Evidenzlücken gebe es jedoch bei Ärzten und Patienten große Unsicherheiten.

 

Ähnliche Artikel