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Miris Herzensgeschichten: Anna und das Silikon

Miri-2019 Anna Lara Fabe Autor:
Mirian Lamberth

Anna war eine Zufallsbekanntschaft an der Bushaltestelle. Nun ist sie eine meiner Klientinnen und bekommt Medizinalcannabis gegen ihre Schmerzen. Sie litt an unerklärlichen Schmerzen, bis sie zu mir in die Behandlung kam. Ich sah auf den ersten Blick, dass es mit ihren Implantaten zu tun hat. Dies bestätigte auch die Hausärztin. Gemeinsam halfen wir Anna wieder auf die Beine und zu gesunden.

Miris Herzensgeschichten: Anna und das Silikon

Die erste Begegnung mit Anna

Als ich Anna zum ersten Mal traf, stand sie an einer Bushaltestelle gleich neben meinem Haus. Schon von Weitem bewunderte ich ihren selbstbewussten Boheme-Hippy-Luxus Style und ihre auffällig kurvige Figur. Ich wiederum war wie immer beladen mit einem grossen schwarzen Rucksack, in dem sich all meine naturheilkundlichen Instrumente befanden. Von großen und kleinen Schröpfgläsern über Akupunktur Utensilien und Kombucha Fläschchen bis hin zu den recht schweren und großen Atlaskorrekturkissen, die bei meinen Klienten sehr beliebt sind.

Dazu sollte ich erwähnen, lebe ich, wenn ich arbeite, in Jogginghosen und großen T-Shirts, da ich nicht nur als Heilpraktikerin unterwegs bin, sondern auch als Privattrainerin und Yogalehrerin agiere. Anna winkte mir sofort freundlich und familiär zu, obwohl wir uns noch nie vorher gesehen hatten und (an jenem Tag) unterschiedlicher nicht hätten sein können. Sie überschüttete mich mit Komplimenten, die eigentlich besser zu ihr gepasst hätten, dennoch freute ich mich und betrachtete meine neue Bekanntschaft mit großem Interesse.

Im Bus tauschten wir dann Instagram Accounts aus und sie erzählte mir von sich, ihrer Arbeit als Sängerin, ihrem Nomadenleben und den größeren und kleineren Baustellen ihres Lebens. Nach etwa 10 Bushaltestellen flog sie dann mit wehenden Gesten aus dem Bus und flatterte Richtung Kurfürstendamm. Ich war mir eigentlich sicher, dass das wir uns nie wieder sehen würden.

Ein Anruf von Anna

Nach ungefähr drei Wochen, ich hatte unsere kurze freundliche Begegnung schon ganz vergessen, erhielt ich eine Nachricht von Anna. Sie hätte sich mein Profil angesehen und realisiert, dass ich mich mit der alternativen Medizin beschäftige, bzw. Heilpraktikerin bin und ihr deswegen eventuell helfen könne. Wir verabredeten einen Termin und trafen uns dann prompt eine Woche später.

Anna erzählte mir von unerklärbaren Schmerzen und Symptomen wie zum Beispiel einer ständigen und extremen Müdigkeit, die sie oft in Wellen genau dann überkäme, wenn sie sie nicht gebrauchen könne. Außerdem gäbe es dazu noch eine Reihe weiterer Beschwerden wie Muskelschwäche, Schlaflosigkeit trotz chronischer Erschöpfung, Gedächtnisverlust, trockener Mund, kognitive Störungen, Angststörungen und Gelenkschmerzen.

Nach einer ausführlichen Anamnese empfahl ich ihr eine guten Hausärztin, um ein grosses Blutbild erstellen zu lassen. Ich rief die Ärztin, mit der ich eng zusammenarbeite an und besprach mit ihr meine Differenzialdiagnosen. Ich mutmaßte eine Autoimmunkrankheit, der wir gemeinsam auf den Grund gehen wollten.

Annas Symptome deuteten darauf hin, dass sie über zu wenig T-Zellen verfügt, als mögliche Folge einer Viruserkrankung. Daneben galt es aber außerdem unbedingt eine Krebserkrankung auszuschließen. Während Anna auf ihre Resultate wartete, trafen wir uns noch mal, weil sie sich eine Akupressur-Behandlung wünschte, um die ausgeprägten Gliederschmerzen zu mildern.

Silikon, Implantate und das ASIEN-Syndrom

Während sie sich auszog und auf die Behandlungsliege begab, fielen mir ihre Brüste auf und ich sah mit geschultem Blick, dass sie Implantate trägt, die auffällig gespannt erschienen. So sprach ich sie vorsichtig und mit viel Feingefühl darauf an. Sie trägt ihre Silikon Implantate seit acht Jahren in sich, erzählte sie mir. Seit ungefähr einem Jahr hat sie große Schmerzen, da sich ihre Brüste hart anfühlen und jede Berührung unangenehm ist.

Sofort ergaben ihre Symptome gesamthaft einen Sinn für mich. Als ich sie fragte, warum sie mir nicht früher von der OP erzählt hatte, sagte sie, dass sie nicht dachte, dass es einen Zusammenhang mit den Schmerzen gäbe. Ich stellte ihr sofort das ASIEN-Syndrom dar (Autoimmun-Syndrom ausgelöst durch Silikonadjuvans).

Das Asien-Syndrom ist sozusagen eine Vergiftung des Körpers und zunehmend mehr Frauen (quasi die erste Implantate-Generation) leiden unter chronischen Krankheitssymptomen. Oft finden sie erst sehr spät die Ursache hierfür heraus. Es gibt verschiedenste Gründe, warum sich Brustimplantate manchmal in tickende Zeitbomben verwandeln können.

Schimmelproblem bei Silikonimplantaten

Da gibt es zum Beispiel das „große Schimmel-Problem“ (ja Schimmel). Nach der Operation entsteht nicht selten ein Schimmel im Inneren des Implantats, was schwere gesundheitliche Implikationen mit sich bringen kann. Es gibt zahlreiche Videos, auf denen man die verschimmelten Brustimplantate sehen kann.

Außerdem können auch minimal punktuelle Öffnungen entstehen, durch welche die toxische Silikon-Flüssigkeit entrinnen kann. Daneben gibt es noch einige andere Gründe, die zu schweren Antiimmun-Effekten führen können. All das erklärte ich Anna auf behutsamste Art und Weise. Dennoch brach sie weinend zusammen, denn sie hatte sich schon seit längerer Zeit sehr unwohl mit den Fremdkörpern in ihren Brüsten gefühlt.

Sie hatte es aber vermutlich verdrängt, genauso wie ihre damalige Entscheidung zu Implantaten, da sie sich nun acht Jahre später überhaupt nicht mehr mit der Entscheidung identifizieren kann. Stattdessen schämt sie sich dafür und hat Angst vor dem, was da kommen mag.

Anna bekommt Medizinalcannabis

Ich informierte nach dem Gespräch sofort ihre Hausärztin, die meine Vermutung anhand des Blutbildes auch umgehend bestätigen konnte. Sie verschrieb Anna nach einigen Recherchen als erstes eine Cannabistherapie als Medikation, um die neuropathischen Schmerzen zu lindern und zugleich Entzündungen entgegenzuwirken. Anna entschied sich im weiteren Verlauf dafür, die Implantate zu explantieren. Sie bekam einen Termin, der drei Monate auf sich warten ließ.

Ich sah Anna noch einmal vor ihrer OP. Sie war sehr dankbar dafür, dass ich Licht auf ihren blinden Punkt werfen konnte und sie nun gemeinsam mit ihrer Hausärztin einen Weg gefunden hat, den Köper von den Fremdkörpern zu befreien. Sie weiß es wird ein langer Weg, ist aber zuversichtlich und voller Kraft. Es ging ihr schon wesentlich besser und sogar das Schlafen ging wieder.

Recherche zu Schimmelzellen und Silikonkissen

Nach der Erfahrung mit Anna fing ich an, das Thema noch mal genauestens unter die Lupe zu nehmen. Ich entdeckte eine Statistik, die besagt, dass in den meisten Fällen der Großteil der Symptome verschwanden, sobald die Silikonkissen inklusive Schimmelzellen entfernt wurden, wenn nicht sogar alle Symptome.

Auch habe ich amerikanische Studien gelesen, die belegen, dass Medizinalcannabis die Symptome mildern kann, jedoch nicht anstelle von Explantation, sondern als Unterstützung bei der Therapie sehr hilfreich sein kann.

Viele Frauen müssen mehr als drei Monate warten. Auch wird der Eingriff noch nicht von allen Krankenkassen anerkannt. Somit ist es sehr gut, dass Medizinalcannabis auch hier in der Übergangsphase eingesetzt werden kann.

Medizinalcannabis wird Anna noch eine Weile begleiten und ich bin froh, dass sie nicht noch mehr Toxine oder Chemikalien zu sich nehmen muss.

Herzensgrüße,

Miri

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