Mein Körper erinnert deshalb manchmal an eine klare Nacht. Wie an einem Sternenhimmel kann man auch auf meiner Haut Muster und Sternzeichen erkennen. Manchmal könnte ich sogar schwören, auf meinem Körper Milchstraßen Formationen und jegliche astrologische Konfigurationen zu entdecken. Und bei jedem Blick in den Spiegel entdecke Leberfleck-Planeten, die von den glücklicherweise ungefährlichen Petechien, kleinen roten Einblutungen, umzingelt sind.
Meine Haut Geschichte
Je älter ich werde, desto wilder, eigensinniger und dominanter wird mein Körper und dessen Landschaft. Deshalb wurden mir auch schon unzählige Nävi entfernt und alle drei Monate lasse ich mich wegen meiner familiären Krankheitsgeschichte untersuchen. Bei diesen Untersuchungen stelle ich dann die wilden Muster meines Rumpfes zu Schau und mir wird mit Skalpell und Tupfer zu Leibe gerückt, um Veränderungen und bösartige Verwachsungen zu entfernen.
Bei einem dieser Besuche lernte ich zum GLÜCK Frau Dr. Kerstin Lommel, Chefärztin für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Hautklinik Buch, kennen. Schon beim ersten Besuch stellen wir fest, dass wir gemeinsam haben und freundeten uns darauf hin ohne Umschweife während einer effizienten FKK Ganzkörperuntersuchung an.
Normalerweise hat Kerstin keine Zeit mehr um neue Patient*innen wie mich auf zu nehmen, da sie sich mit voller Leidenschaft um ihre stationären Patient*innen kümmert und sehr viele Vorträge hält. Doch trotz ihrer Wahnsinns Arbeitsmoral, den überfüllten Warteräumen und ihren zahlreichen Hobbys und Fortbildungen willigte sie ein, mir ein paar meiner naiven Fragen zum Thema HAUTKREBS zu beantworten.
Interview mit Frau Dr. Kerstin Lommel, Chefärztin für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Hautklinik Buch
Miri: Stimmt es, dass der schwarze Hautkrebs oft durch Sonnenbrände die wir in der Kindheit erlebt haben entsteht ?
Kerstin: Ja, das stimmt auf jeden Fall. Dazu gibt es eine interessante Studie. In dieser Studie geht es um irische und englische Auswanderer, die sich in Australien niederließen. Die Hautkrebsrate in Australien ist extrem hoch. Besonders davon betroffen, sind die europäischen Auswanderer, vor allem aus England und Irland, die eine sehr helle Haut haben und sich nicht richtig schützen. Dabei sind statistisch mehr Melanome bei Personen, die vor der Pubertät ausgewandert sind nachweisbar. Das lässt uns zu dem Schluss kommen, dass Kinderhaut besonders schutzbedürftig ist.
Miri: Ist Sonnencreme eigentlich Krebserzeugend oder Krebsverhindernd?
Kerstin: Konsequenter Lichtschutz, Schatten oder Bekleidung ist sehr wichtig, besonders für Menschen mit einer familiären Historie oder sehr heller Haut. Das Problem ist allerdings, dass wir durch den Lichtschutz viel zu wenig Vitamin D aufnehmen und Vitamin D schützt bekanntlich auch vor Krebs. So geraten wir in einen unnatürlichen Kreislauf. Ich würde fast jedem raten Vitamin D zu substituieren, denn ob mit oder ohne Sonnencreme, haben wir meistens einen Vitamin D Mangel.
Miri: Hast du Erfahrungen mit Cannabis als Medizin in der Behandlung gemacht?
Kerstin: Wir nutzen pharmazeutisches Cannabis gerne als Schmerzmedikament, damit habe ich gute Erfahrungen gemacht. Ich selber verschreibe es in der Klinik nicht, dafür lassen wir einen Schmerz Therapeuten kommen, der unsere Patient*innen berät und medizinisch einstellt. Ich bin sehr dankbar für das pflanzliche Schmerzmittel.
Miri: Hat die Ernährung was mit der Haut zu tun?
Kerstin: Ja, die Ernährung hat sogar sehr viel mit der Haut zu tun. Ich empfehle oft Tomatenmark, grünen Tee und Karotten. Die Carotinoide in den Karotten, schützen unsere Haut – genau wie sie es mit dem Blatt oder der Frucht der Pflanze tun – von innen, und erhöhen so den körpereigenen Lichtschutzfaktor bzw. verringern die Empfindlichkeit der Haut gegen UV-Strahlung. Genauso verhält es sich mit den Flavanoiden in grünem Tee. Grüntee wirkt sich vielseitig und positiv auf die Haut aus. Die hohe Anzahl an Antioxidantien bekämpft die schädlichen freien Radikale, welche gebildet werden, wenn die Haut übermäßig den UV-Strahlen der Sonne ausgesetzt ist. Untersuchungen zeigten sogar, dass 55 Gramm Tomatenmark pro Tag den natürlichen Sonnenschutz der Haut um 33 Prozent erhöhen kann, was auf die Wirkung von Lycopin, einem sekundären Pflanzenstoff, zurückzuführen ist. Ernährungstechnisch sind natürlich auch Vitamin-D-haltige Speisen wichtig und genügend Omega3 Fettsäuren! Also Guten Appetit.
Miri: Was passiert, wenn es mich erwischt hat?
Kerstin: Nur vor 10 Jahren wäre die Diagnose sehr schlecht. Heute sind wir jedoch sehr viel weiter mit den heilsamen Therapien. Ein Beispiel für den Fortschritt in der Melanom Medizin ist die Immuntherapie, die den Erkrankten sehr viel mehr Zeit schenken kann. Leider ist dieses Verfahren noch sehr teuer, aber wir kämpfen darum, dass sich das möglichst bald ändert. Es ist mir ein sehr großes Anliegen, dass die Pharmaindustrie ihre Preise überdenkt und mehr Studien erlaubt. Ich wünsche mir hierfür eine Regulierung von Seiten der Politik.
Miri: Hat die Psyche etwas mit Hautkrebs zu tun?
Kerstin: Psychoimmunologische Faktoren spielen bei jeder Erkrankung eine Rolle. Es ist immer ein Zusammenspiel von mehreren Faktoren.
Miri: Du warst die erste Ärztin die nicht sofort an mir herum geschnippelt hat. Warum?
Kerstin: Meiner Meinung nach geht es darum, die Haut gut zu beobachten und die richtigen stellen isoliert kennen zu lernen um Entgleisungen zu erkennen. Da helfen keine Luxus Technologien, sondern vielmehr Erfahrung und ein gutes Auge. Es ist wie bei den Urlaubsfotos: was nutzen mir viele schlechte Fotos, wenn es darum geht ein gutes zu haben? Genauso ist es bei der Hautuntersuchung. Ich nehme lieber die wirklich wichtigen Veränderungen unter die Lupe, lerne die Haut meiner Patient*innen gut kennen, und bringe ihnen bei, wie sie auch selber auf Abweichungen achten können. Das ist viel effektiver, als einfach nur wie wild herum zu schneiden.
Miri: Liebe Kerstin, ich danke dir für alles was du tust! Wenn du willst, kannst du dir was wünschen…
Kerstin: Toll! Natürlich wünsche ich mir, dass die Politik die Pharmaindustrie besser kontrolliert, weil wir dadurch viel mehr Patient*innen helfen könnten! Außerdem würde ich mich über mehr Verständnis der Patient*innen freuen, denn wir tun tatsächlich alles, was uns das System erlaubt. Oft sind uns dabei die Hände gebunden und wir haben als Fachärzt*innen sehr wenig Unterstützung. Daraus folgt, dass es oft einen kaum zu bewältigenden Arbeitsaufwand gibt. Deswegen würde ich mich über Verständnis und Geduld von Seiten der Patient*innen freuen, denn ich tue tatsächlich alles was ich kann und noch viel mehr.
Nach meinem Gespräch mit Frau Dr. Lommel habe ich mir erstmal einen grünen Tee gekocht und ein Tomatenmark Brot gegessen! Im Sommer fahre ich wieder nach Griechenland und wie immer werde ich viel Zeit im Schatten verbringen, langärmlige T-Shirts tragen und meine Baseball Kappen Sammlung einpacken.
Sonnengrüsse,
Miri
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