Mehr als 14.000 Cannabispatienten in Deutschland – die Nachfrage steigt stetig
Die Nachfrage nach Cannabis als Medizin wächst kontinuierlich. Laut der Zeitung Mannheimer Morgen hat sich die Zahl der Cannabispatienten stark erhöht. Anfragen bei den drei größten Krankenkassen in Deutschland – AOK, Barmer und Techniker – ergaben, dass bundesweit mehr als 20.000 Anträge auf eine Behandlung mit Cannabis als Medizin gestellt wurden.
Die Krankenkassen gaben im Schnitt eine Genehmigungsquote von 70 Prozent an. Bei 20.000 Anträgen macht das rund 14.000 Cannabispatienten allein bei den drei großen gesetzlichen Krankenkassen. Hinzu kommen noch die Menschen, die ihr Cannabis-Medikament auf Privatrezept beziehen.
Bei der AOK sind bundesweit 14.500 Anträge auf Kostenübernahme von Cannabis als Medizin eingegangen. Davon hat die AOK 80 Prozent bewilligt. Die Barmer registrierte bundesweit 3.113 Anträge, wovon sie 62 Prozent angenommen hat. Bei der Techniker Krankenkasse sind 3.465 Anträge eingegangen, von denen die Kasse 65 Prozent bewilligt hat. Die Zahlen sind teils gerundet und beziehen sich auf den Zeitraum März bis Dezember 2017.
Süden liegt vorn bei Cannabis-Verordnungen
Eine kürzlich durchgeführte Analyse des Informationsdienstleisters INSIGHT Health zeigt, dass es in Deutschland starke regionale Unterschiede bei den Cannabis-Verordnungen gibt. Die südlichen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg sind die Spitzenreiter im Verschreiben von Cannabis. Das Schlusslicht dagegen ist Sachsen, gefolgt von Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. Leafly.de berichtete.
Kann die Cannabis-Ausschreibung die hohe Nachfrage decken?
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) scheint nicht mit diesem Run auf Cannabis als Medizin gerechnet zu haben. Zurzeit wird Medizinalhanf aus Kanada und den Niederlanden importiert. Die Ausschreibung für die Produktion von Cannabis in Deutschland hat das BfArM bereits von 6,6 Tonnen auf 10,4 Tonnen über vier Jahre erhöht. Aber auch diese größere Menge wird laut Meinung vieler Experten nicht ausreichen, um den steigenden Bedarf der Patienten an Cannabis als Medizin zu decken.
Der Hamburger Apotheker und Gesundheitswissenschaftler Gerd Glaeske ist hingegen überzeugt, dass die ausgeschriebenen Mengen reichen werden. Er zweifelt an einem Boom, wie er im Gespräch mit dem Mannheimer Morgen erklärt: „Man hat mehr erwartet – vor allem bezüglich des Nutzens für die Patienten.“ In der Schmerztherapie sei Cannabis zwar „weit vorne“, es gebe aber Anwendungsbereiche, bei denen die Wirksamkeit noch nicht ausreichend erforscht sei.
Kritik von Experten an mangelnder Evidenz
Der Gesundheitsexperte Glaeske kritisiert, dass das Cannabisgesetz „zu frei“ formuliert sei. Seiner Meinung nach sollten Ärzte Cannabis nur für bestimmte Krankheitsbilder verschreiben dürfen. „Wenn dann weitere Indikationen erforscht wurden, kann man sie hinzufügen“, so Glaeske. Darüber hinaus kritisiert der Mediziner die Darreichung von Cannabis in Form von Blüten:
„Seit wann werden pflanzliche Heilmittel wieder der standardisierten Medizin vorgezogen? Es gibt viele Cannabis-Präparate – also chemisch hergestellte Arzneien – bei denen die Konzentrationen reguliert sind.“
Hausärzte befürworten Cannabis als Medizin
Laut einer aktuellen Umfrage unter 300 Hausärzten in Deutschland findet die Mehrheit der Befragten Cannabis eine sinnvolle Therapieoption. Das Vertrauen in den therapeutischen Nutzen von Cannabis als Medizin ist hoch: Nur 16 Prozent der befragten Mediziner zweifeln an der Wirkung. Trotzdem hat über die Hälfte der Befragten noch nie ein Rezept für Medizinalcannabis ausgestellt. Grund dafür ist der hohe bürokratische Aufwand sowie die hohen Ablehnungsquoten der Krankenkassen. Leafly.de berichtete.