Gleich eingangs erklären die Forscher in ihrer Studie, dass Cannabis für Freizeitzwecke im US-Bundesstaat Colorado seit dem Jahr 2012 legal sei. Seitdem gebe es mehr Patienten, die Cannabis konsumieren. Ziel der Untersuchung war es, die Frage zu beantworten, ob ein Narkosemittel bei regelmäßigen Cannabiskonsumenten in der Dosis erhöht werden muss.
Durchführung der Studie
Die US-Forscher analysierten insgesamt 250 medizinische Aufzeichnungen eines Endoskopiezentrums. Es wurde eine retrospektive Überprüfung der Krankenakten durchgeführt, um Daten zu Alter, Geschlecht und Alkoholkonsum, Opiaten, Benzodiazepinen und Cannabis zu sammeln, die sich auf die Sedierungsmenge für die Durchführung endoskopischer Eingriffe beziehen. Die Daten wurden zu Fällen erhoben, die vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2017 nach der Cannabis-Legalisierung in Colorado durchgeführt wurden.
Weiter führten die Forscher aus, dass man eine Kohorte von mindestens 25 Personen erreichen wollte, die regelmäßig Cannabis verwendeten, um sie mit einer Population von Menschen zu vergleichen, die nicht regelmäßig Cannabis konsumierten. Patienten, die täglich oder wöchentlich Cannabis konsumierten, wurden als normale Cannabiskonsumenten eingestuft. Als Nichtanwender wurden Patienten betrachtet, die nur sporadisch Cannabis konsumierten. Patienten, die angaben, dass sie kein Cannabis konsumierten, kamen in die Nichtbenutzer-Gruppe.
Cannabiskonsumenten benötigen höhere Narkosemittel Dosis
Das wichtigste untersuchte Ergebnis war die Dosis sedativer Medikamente (Narkosemittel), die erforderlich sind, um endoskopische Eingriffe bei Cannabiskonsumenten gegenüber Nichtbenutzern durchzuführen. Ein statistisch signifikanter Unterschied bestand in den Mengen der folgenden drei Narkosemittel:
- Fentanyl
- Midazolam
- Propofol
Cannabiskonsumenten benötigten im Mittel folgende Dosen:
- 125,93 µg Fentanyl
- 9,15 mg Midazolam
- 44,81 mg Propofol
Im Vergleich dazu benötigen Nichtkonsumenten im Mittel folgende Dosen:
- 109,91 µg Fentanyl
- 7,61 mg Midazolam
- 13,83 mg Propofol
Das bedeutet, dass Cannabiskonsumenten 14% mehr Fentanyl, 19,6% mehr Midazolam und 220,5% mehr Propofol für die Dauer des endoskopischen Verfahrens benötigten.
Schlussfolgerungen der Forscher
„Cannabis hat einige Stoffwechseleffekte, die wir nicht verstehen, und die Patienten müssen wissen, dass ihr Cannabiskonsum andere Medikamente möglicherweise weniger wirksam macht“, so Studienleiter Twardowski.
Die Bestimmung des Cannabiskonsums vor der Sedierung kann ein wichtiges Instrument für die Planung der Patientenversorgung und die Beurteilung sowohl des Medikamentenbedarfs als auch der möglichen Risiken sein, die mit einem erhöhten Dosierungsbedarf bei endoskopischen Verfahren zusammenhängen, erklärten die Forscher abschließend.
Einem Medienbericht zufolge, sei die Problematik „Narkosemittel und Cannabis“ unter Fachärzten seit längerem bekannt, so Götz Geldner, ärztlicher Direktor der Klinik für Anästhesiologie am Klinikum in Ludwigsburg. Aus diesem Grund werde seit ungefähr zehn Jahren immer nach dem Drogenkonsum gefragt, bevor ein operativer Eingriff mit Narkosemittel erfolgt. Neben Cannabis können zudem Alkohol, verschiedene Drogen, Beruhigungsmittel sowie Psychopharmaka die Wirkung von Narkosemitteln beeinflussen.
Laut Geldner sei die Gefahr, plötzlich während eines Eingriffs aufzuwachen, dennoch nicht sehr hoch.
„Es ist die Aufgabe der Anästhesisten, dafür zu sorgen, dass auch solche Patienten sicher und gut schlafen und nicht aufwachen. Dies gelingt den Kollegen auch“, erklärte Geldner.
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