Natürliche und synthetische Cannabinoide – was ist der Unterschied? Natürliche Cannabinoide sind die Wirkstoffe, die die Hanfpflanze bildet. Bisher fand die Identifzierung von 85 Stück statt, die bekanntesten sind das THC und das CBD. Synthetische Cannabinoide werden hingegen künstlich hergestellt und haben eine ähnliche Wirkung wie natürliche Cannabinoide. Und dann gibt es noch die Methode, Cannabinoide aus Bakterien oder Hefe herzustellen. Natürliche und synthetische Cannabinoide haben ihre Vor- und Nachteile, die wir im Folgenden näher betrachten.
Extraktion von Cannabinoiden aus Cannabis
Die Voraussetzung, um Cannabinoide einzeln oder in Kombination in anderer Form als direkt aus dem Pflanzenmaterial einnehmen zu können ist, dass man sie aus der Pflanze herausbekommt. Dazu gibt es unterschiedliche Methoden, so genannte Extraktionsmethoden. Im Folgenden soll es ausschließlich um die Extraktion von Cannabinoiden für den medizinischen Einsatz gehen.
Ausgangspunkt für die Extraktion ist das Pflanzenmaterial. Je nach Art der Extraktionsmethode, nach verwendetem Lösungsmittel und Temperatur erhält man entweder einen Vollspektrumextrakt – also einen Extrakt, in dem weitgehend alle Substanzen enthalten sind, die auch in der Pflanze vorlagen – oder bereits Extrakte, die sich auf die Konzentration einer bestimmten Substanz aus der komplexen Mischung in der Pflanze fokussieren (z.B. THC oder CBD).
Aktuell gibt es verschiedene Methoden:
- Überkritische CO2-Extraktion
- Ethanol-Extraktion
- Destillation
Überkritische CO2-Extraktion
Bei der Überkritischen CO2-Extraktion wird dasselbe Gas eingesetzt, das wir in unserer Atmosphäre möglichst reduzieren müssen: CO2 oder Kohlendioxid. Im Labor wird es als organisches Lösungsmittel geschätzt und eingesetzt. Denn es ist sicher, ungiftig, umweltverträglich und kostengünstig. Mit dieser Methode wird beispielsweise Kaffee entkoffeiniert, Gewürze und Aromen extrahiert oder der Geschmack von Bier beeinflusst.
Unter hohem Druck wird das Gas soweit verdichtet, bis es quasi flüssig wird. Es weist sowohl die Merkmale eines Gases als auch einer Flüssigkeit auf. Dieser Zustand ist gewünscht, denn nun kann das CO2 als Lösungsmittel fungieren. Man nennt diesen Zustand “überkritisch” oder “superkritisch”. Die hohe Fließfähigkeit bewirkt, dass überkritisches CO2 in kleinste Poren eindringen und die gewünschten Stoffe herauslösen kann. Man kann sich den Vorgang vorstellen wie bei einer Espressomaschine. Mit großem Druck wird das Lösungsmittel durch fein gemahlenes Cannabis-Pflanzenmaterial gedrückt. Dabei lösen sich die Cannabinoide und Terpene heraus. Senkt man den Druck und erhöht man die Temperatur wieder, wird das superkritische CO2 gasförmig, sodass allein das reine Extrakt übrig bleibt.
Ethanol-Extraktion
Die andere häufig verwendete Extraktionsmethode ist die mit Alkohol (Ethanol). Das Verfahren mit Ethanol ist schneller und führt ebenfalls zu einer guten Ausbeute, hat aber einige Nachteile. Aufgrund der unterschiedlichen chemischen Eigenschaften von CO2 und Ethanol werden bei der letzteren Methode mehr Substanzen isoliert, die man nicht dabei haben möchte, wie beispielsweise Chlorophyll, Farbpigmente oder Tannine. Über weitere Reinigungsschritte müssen diese entfernt werden. Zudem ist ein weiterer Schritt notwendig, um den Ethanol wieder vollständig aus der Probe zu entfernen.
Manche Cannabinoide reagieren empfindlich auf Hitze oder auf das Ethanol, sodass sie während des Prozesses beschädigt oder zerstört werden können. CBDA und THCA sind mit Ethanol nur schwer extrahierbar, während das mit superkritischem CO2 möglich ist. Auch die Terpene könne mit dem superkritischen CO2 gut erhalten werden. Die CO2-Extraktion bietet einige Vorteile gegenüber der Extraktion von Cannabinoiden mit anderen Lösungsmitteln und ist im medizinischen Bereich bereits weit verbreitet. Doch das Verfahren ist aufwändiger, teurer und dauert länger.
Destillation
Die Destillation, genauer fraktionierte Destillation, dient dazu, aus einem (Voll-)Extrakt Cannabinoide, Terpene oder andere Pflanzenstoffe voneinander zu trennen. Die Grundlage für diese Trennmöglichkeit sind die unterschiedlichen chemischen Strukturen der Substanzen, die unterschiedliche Schmelzpunkte zur Folge haben. Erhitzt man nun einen Extrakt mit einer Mischung an Wirksubstanzen langsam, so werden erst die Substanzen mit einem niedrigen Schmelzpunkt aus der Lösung in die gasförmige Phase aufsteigen und dann über Kondensation wieder gefällt und in einem anderen Gefäß aufgefangen. So kann man, sofern die Schmelzpunkte bekannt sind, die Fraktionen nach und nach voneinander trennen. Je nach verwendeter Temperatur und dem Ausgangsextrakt sind die Substanzen am Ende mehr oder weniger rein.
Vor- und Nachteile von Isolaten und (Vollspektrum)Extrakten
Bis vor einigen Jahren war die vorherrschende Methode, Cannabis anzuwenden, das Rauchen der Blüten oder von Hasch. Im medizinischen Bereich, wo man sich bessere Kontrolle über die aufgenommene Menge eines Wirkstoffs wünscht und die Zusammensetzung eines Medikaments entscheidend ist, ist das Streben groß, die Inhaltsstoffe auch unabhängig von der Pflanze in reiner und gut dosierbarer Form verfügbar zu haben. Daneben ist es leichter, (zuerst) einzelne Substanzen zu erforschen, als ein Gemisch. Daher hat man in den letzten Jahren intensivere Bemühungen gestartet, die Extraktionsmethoden reproduzierbar zu machen und die Ausbeute und Qualität der erhaltenen Extrakte und Wirkstoffe zu verbessern.
Unterschied zwischen Isolat und Vollspektrumextrakt
Ein Destillat einer Substanz, z.B. THC oder CBD, das extrem rein (>99% Reinheit) ist, nennt sich Isolat. Ein Isolat ist quasi das reine Pulver einer Substanz. Isolate (oder ggf. relativ reine Destillate) dienen als Grundsubstanzen für die Herstellung von Produkten mit zugefügten Cannabinoiden (Getränke, Lebensmittel) oder (und besonders) zur Herstellung von Medikamenten (u.a. Sprays, Salben, Cremes).
Der Ausgangspunkt für die Destillation kann ein Vollspektrumextrakt sein. In diesem sind die Cannabinoide, Terpene, Flavonoide und andere sekundäre Pflanzenstoffe enthalten. Das Verhältnis der Inhaltsstoffe zueinander entspricht mehr oder weniger den Gegebenheiten in der Pflanze. Ganz exakt ist die Übereinstimmung jedoch nicht, denn, wie beschrieben, können einige Substanzen durch das Extraktionsverfahren beschädigt werden und dann nur noch in geringerer Konzentration oder gar nicht mehr enthalten sein.
Warum möchte man denn aber nun nur einzelne Substanzen in Reinform verwenden, wenn man doch den bunten Regenbogen an Cannabinoiden in einem Vollspektrumextrakt haben kann? Es gibt für beide Ansätze gute Gründe und Vor- und Nachteile.
Vor- und Nachteile
Für die medizinische Anwendung gibt es in Deutschland aktuell zwei Vollspektrumextrakte mit unterschiedlichen Konzentrationen an THC. Diese können im Rahmen der Therapie verschiedener Krankheiten eingesetzt werden. Die Vollspektrumextrakte eignen sich beispielsweise für Patienten, die ihr therapeutisches Cannabis nicht verdampfen möchten oder können. Die Einnahme einiger Tropfen ist im Alltag deutlich unauffälliger als das Vaporisieren von Blüten. Außerdem ist es mit Hilfe der Extrakte deutlich einfacher, die passende Dosierung zu finden. Man beginnt mit einer bestimmten, mit dem Arzt festgelegten, Anzahl an Tropfen und kann diese bis zur benötigten/gewünschten Dosis langsam steigern. So erfolgt ein langsamer Gewöhnungseffekt an das THC, das vielen zu Beginn Unwohlsein verursacht. Auch die Wirkdauer kann sich zwischen der Einnahme von Tropfen oder dem Vaporisieren unterscheiden.
Ein Vollextrakt kann auch sinnvoll sein, wenn das THC die überwiegend benötigte Wirksubstanz ist. Was zunächst paradox klingt, lässt sich dadurch erklären, dass sich die Cannabinoide in Kombination mit Terpenen und evtl. anderen Pflanzenstoffen sich in ihren Wirkungen gegenseitig beeinflussen. Man nennt diese Beobachtung Entourage-Effekt. Im Speziellen kann CBD die psychoaktiven Wirkungen des THC abschwächen, so dass eine Kombination der beiden Cannabinoide häufig günstig ist. Auch die Terpene scheinen einen Einfluss auf die Wirkung zu haben. Die Forschungen hierzu laufen noch.
Für andere Erkrankungen oder Krankheitssymptome ist hingegen angezeigt, dass genau ein bestimmtes Cannabinoid (z.B. CBD) die gewünschte Wirkung vermittelt. In diesen Fällen ist es gut, die Substanz in Reinform zur Verfügung zu haben.
Was sind synthetische Cannabinoide?
Natürliche und synthetische Cannabinoide muss man unterscheiden. Häufig hört man auch von “synthetischen Cannabinoiden”. Sind das einfach die bekannten Cannabinoide aus der Hanfpflanze, deren Herstellung im Labor stattfindet?
Trotz intensiver Forschung ist es bis heute nur mit großem Aufwand möglich, die “natürlichen” Cannabinoide im Labor nachzubauen. Aber was sind dann bitte synthetische Cannabinoide?
Psychoaktiv aber kein THC
Synthetische Cannabinoide sind eine Gruppe von Substanzen, die die Wirkungen von THC imitieren. Sie wirken, wie THC, als Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten. Ursprünglich waren sie für die medizinische Anwendung gedacht, inzwischen sind sie in der Drogenszene verbreitet. Mit “natürlichem” Cannabis haben sie aber nichts zu tun. Auch ist in synthetischen Cannabinoiden kein THC enthalten, sondern Moleküle mit ähnlicher chemischer Struktur.
Synthetische Cannabinoide – Vorsicht!
Synthetische Cannabinoide finden sich auf dem illegalen Markt als “Legal Highs” (obwohl sie alles andere als legal sind), Spice oder Kräutermischungen. Was so harmlos klingt kann sehr gefährlich sein, denn über die Wirkungsweise, toxische Auswirkungen und Nebenwirkungen ist in der Regel wenig bekannt. Teilweise kommt es zu schweren Vergiftungen oder Todesfällen. Viele dieser Substanzen wirken deutlich stärker und/oder länger als THC, was zu unangenehmen Rauschzuständen führen kann.
Synthetische Cannabinoide sind in Deutschland verboten. Allerdings werden in kurzen Abständen neue Substanzen entwickelt, sodass die Verbote und die Kontrolle der Substanzen dem Geschehen am illegalen Drogenmarkt immer hinterher hängt.
Cannabinoide aus Mikroorganismen
Trotz aller Verbesserungen der Extraktionsmethoden bleibt ein Nachteil, dass man auf das Pflanzenmaterial als Ausgangsstoff angewiesen ist. Wissenschaftler haben inzwischen unterschiedliche Methoden entwickelt, um die Cannabinoide auf andere Art zu gewinnen. Wie bereits erwähnt, ist der “Nachbau” (die Synthese) im Labor schwierig. Daher zielen die neuen Ansätze darauf ab, die Cannabinoide von Mikroorganismen herstellen zu lassen. Bislang ist es gelungen, Hefepilze und bestimmte Bakterien so zu verändern, dass sie einzelne Cannabinoide produzieren.
Das erfolgt mit Hilfe gentechnischer Veränderung dieser Organismen. Das Gen, das für die Herstellung eines bestimmten Cannabinoids kodiert, wird mit den dazugehörigen wichtige Teilen des Erbguts in Bakterien oder Hefepilze eingebracht. Nun beginnen diese Organismen mit der Herstellung des gewünschten Cannabinoids. Anschließend ist es notwendig, die Substanzen von den Bakterien oder Hefen zu trennen und aufzureinigen. Mit dieser Art der Produktion wird man unabhängig von Wachstums- und Lebenszyklen der Cannabispflanzen und kann rund um die Uhr Cannabinoide in reiner Form von Mikroorganismen produzieren lassen. Wie gut die Methoden wirklich funktionieren, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Dennoch ist die Hoffnung und Erwartung groß, sich auf diese Weise unabhängig zu machen und Lieferengpässe vermeiden zu können. Ob sich dann auch der Preis langfristig erniedrigt, bleibt abzuwarten.
Natürliche und synthetische Cannabinoide – Fazit
Natürliche und synthetische Cannabinoide – was ist denn jetzt besser? Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es sowohl für Cannabinoide aus unterschiedlichen Quellen jeweils Vor- und Nachteile gibt.
Die Verwendung des Pflanzenmaterials garantiert für ein Produkt, das den Gegebenheiten in der Pflanze entspricht: Die Cannabinoidmengen und deren Verhältnis zueinander sind so, wie sie in der Pflanze gebildet wurden. Der Nachteil daran ist, dass die Bildung der Cannabinoide in der Pflanze von den Wachstums-, Licht-, Temperatur- und Bodenbedingungen beeinflusst werden können. Zwar arbeiten die Hersteller von medizinischem Cannabis mit standardisierten Verfahren, doch ganz ausschließen lassen sich Varianzen nicht. Daneben gab es immer wieder Berichte über Funde von Pflanzenschutzmitteln in medizinischem Cannabis. Ein Vorteil ist, dass die Zusammensetzung aus Cannabinoiden, Terpenen und anderen sekundären Pflanzenstoffen für die Wirkung eine Rolle zu spielen scheint (Entourage-Effekt). Die Anwendung von pflanzlichem Cannabis kann Rauchen oder Vaporisieren erfolgen – Vaporisieren sollte grundsätzlich dem Rauchen vorgezogen werden. Doch auch beim Vaporisieren ist die Dosierung ist nicht so einfach möglich und die aufgenommene Menge an Arzneistoff variiert.
Nachteile von Cannabis-Extrakten
Bei Extrakten besteht häufig das Problem, dass das Lösungsmittel nicht vollständig entfernt werden kann oder dieser Vorgang nur mit dem Verlust an bestimmten Cannabinoiden einhergeht. Dadurch kann sich in so genannten Vollspektrumextrakten das Verhältnis der Cannabinoide zueinander verändern. Es ist dann verschieden von den Ausgangsmengen in der Pflanze. Vorteil von Extrakten ist die einfach und unauffällige Anwendung und die leichte Dosierbarkeit. Offenbar ist auch die Bioverfügbarkeit bei der oralen Einnahme besser als beim Vaporisieren oder Rauchen.
Hier gibt es weitere Infos zu den Vor- und Nachteilen der unterschiedlichen Einnahmearten.
Cannabinoide, die in Mirkoorganismen hergestellt werden, sind in beliebiger Zusammensetzung oder auch als einzelne Substanzen in der medizinischen Therapie einsetzbar. Das hat für die Herstellung standardisierter Medikamente eine Reihe von Vorteilen. Die Reinheit der Substanzen garantiert dafür, dass der Patient nur geprüfte Substanzen erhält. Zudem sind Reinsubstanzen für die Forschung von Bedeutung. Grundsätzlich ist die Wirkung von aus der Pflanze isoliertem oder in einem Bakterium hergestellten THC, CBD und jedem anderem Cannabinoid dieselbe. Inwieweit der Entourage-Effekt für medizinische Wirkungen von Bedeutung ist oder bei welchen Krankheiten oder Symptomen besser Medikamente aus der Pflanze (z.B. Vollspektrumextrakte) im Gegensatz zu Isolaten angewendet werden sollen, kann noch nicht eindeutig gesagt werden.