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Pädiatrie: Medizinalhanf für krebskranke Kinder

Leafly: Alexandra Latour Autor:
Alexandra Latour

Der Einsatz von Medizinalhanf in der Pädiatrie ist ein häufig diskutiertes Thema. Bislang spricht die aktuelle Datenlage nur bei chemotherapieinduzierter Übelkeit/Erbrechen sowie bei Epilepsie für die Gabe von Cannabis als Medizin bei Kindern und Jugendlichen. Und selbst bei diesen Anwendungsfeldern müssen die Risiken sorgfältig abgewogen werden.

Pädiatrie: Medizinalhanf für krebskranke Kinder

Shane Shucheng Wong von der psychiatrischen Abteilung des Massachusetts General Hospitals in den USA führte in einem Bericht zum Thema Medizinalhanf in der Pädiatrie Ende 2017 aus:

„Aktuell haben wir keine gute Evidenz, dass Cannabis Kindern und Jugendlichen für andere Erkrankungen als Chemotherapie-bedingte Übelkeit und Erbrechen sowie Epilepsie helfen könnte.“

Das Forscherteam um Wong sah sich die aktuelle Literatur zum Einsatz von Medizinalhanf in der Pädiatrie an und stellte fest, dass lediglich 21 Studien mit 795 Teilnehmern den Einschlusskriterien entsprachen. Und auch bei den gefundenen Studien sei der Evidenzgrad niedrig einzustufen. Außerdem waren nur fünf Studien randomisiert kontrolliert. Zwei interessante Studien stellen wir im Folgenden vor.

Pädiatrie: Einsatz von Delta-8-Tetrahydrocannabinol (Delta-8-THC)

Das Delta-8-THC besitzt eine geringere psychotrope Wirkung als Delta-9-THC. An der israelischen Studie nahmen acht krebskranke Kinder im Alter zwischen 3 und 13 Jahren teil. Diese wurden seit mindestens acht Monaten mit unterschiedlichen Antikrebsmitteln behandelt.

Im Rahmen der Studie erhielten die Kinder 18 Milligramm orales THC pro Quadratmeter Körperoberfläche in Speiseöl. Dabei begann die Behandlung mit THC zwei Stunden vor jeder Krebsbehandlung. Danach wurde die Behandlung alle sechs Stunden für eine Gesamtdauer von 24 Stunden fortgeführt.

Im Ergebnis heißt es, dass das Erbrechen vollständig verhindert wurde und dass die beobachteten Nebenwirkungen vernachlässigbar waren.

Pädiatrie: Einsatz von Nabilon

In dieser Studie wurde die Wirkung des synthetischen Cannabinoids Nabilon und des Medikaments Domperidon gegen Brechreiz verglichen. An der Studie nahmen 23 krebskranke Kinder im Alter von 10 Monaten und 17 Jahren teil, wobei nur 18 Kinder die Studie beendeten. Alle Kinder erhielten identische Chemotherapie-Zyklen.

Die Forscher berichten im Ergebnis, dass die Kinder dank des Nabilons wesentlich seltener unter Episoden mit Erbrechen und Übelkeit litten. Zudem hätten zwei Drittel Nabilon bevorzugt. Als häufige Nebenwirkungen traten Schläfrigkeit und Schwindel auf. Außerdem erlebte ein Kind Halluzinationen. Dennoch schlussfolgerten die Forscher, dass Nabilon ein wirksames brechreizhemmendes Mittel sei und bei Kindern während einer Chemotherapie eingesetzt werden kann.

Darüber hinaus führten die Forscher aus, dass das Nabilon dem Domperidon überlegen zu sein scheint. Auch wenn unter Nabilon Nebenwirkungen auftraten, so seien diese meist akzeptabel für die Kinder gewesen.

Aktuelle Studie zu Nabilon

Erst im August 2018 bestätigten die Ergebnisse kanadischer Forscher die gute Wirksamkeit von Nabilon bei krebskranken Kindern, die sich einer Chemotherapie unterziehen mussten. So heißt es, dass das synthetische THC-Derivat Nabilon im Rahmen einer retrospektiven Analyse von 110 Kindern gut toleriert wurde. Die häufigsten Nebenwirkungen waren auch hier Müdigkeit und Schwindel.

Risiken und Nutzen abwägen

Sowohl Familien als auch Ärzte sollten den bisherigen wissenschaftlichen Kenntnisstand zum Thema Medizinalhanf in der Pädiatrie kennen, um eine Therapieentscheidung treffen zu können. Vor allem sind die Risiken für die Gehirnentwicklung zu bedenken. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Cannabis für Genusszwecke die Aufmerksamkeitsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen, das Lernen sowie die Problemlösungskompetenzen negativ beeinflussen kann. Denn die Gehirne von Kindern und Jugendlichen sind sehr viel empfindlicher als die von Erwachsenen.

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