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Leafly.de Patientenakte: Dominique, 36, MS, Spasmen, Fatigue, Polyneuropathie, Hessen

Gesa-2019 Autor:
Gesa Riedewald

Mit 23 Jahren erhielt Dominique die Diagnose Multiple Sklerose. Zunächst ließ er sich davon nicht beeinflussen, lebte sein Leben wie gehabt. Dann traten die ersten Symptome auf, seit dem lebt Dominique mit Schmerzen, Spasmen, neuropathischen Störungen, Depressionen und vielen weiteren Schwierigkeiten. Über seine Patientengeschichte haben wir im letzten Jahr berichtet. Dank Cannabis als Medizin ließen seine Schmerzen merklich nach. Allerdings hatte Dominique nur eine befristete Kostenübernahme von seiner Krankenkasse erhalten. Ohne Cannabis-Medikamente verschlechterte sich sein Zustand rasant.

Leafly.de Patientenakte: Dominique, 36, MS, Spasmen, Fatigue, Polyneuropathie, Hessen
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Update vom 8.2.19: Dominique hatte nur eine befristete Kostenübernahme

Zu dem Zeitpunkt, als wir mit einer Patientenakte über Dominique berichteten, lag ihm nur eine befristete Kostenübernahme seiner Krankenkasse vor. Dank der Behandlung mit Cannabis ging es ihm sehr gut. Er konnte in die Zukunft sehen, war positiv gestimmt. Aber nachdem die Genehmigung der Kasse auslief, konnte Dominique vier Monate kein Cannabis als Medizin einnehmen.

Plötzlich litt er wieder mehrmals täglich unter schmerzhaften, spastischen Krämpfen in den Beinen. Solange er Medizinalhanf anwendete, konnte er sich in der eigenen Wohnung frei bewegen und auf dem Radtrainer bis zu 3,5 km strampeln. Ohne Cannabis war dies nicht mehr möglich – Dom wurde immobil.

Ohne Cannabis als Medizin verlor Dom seine Mobilität

Die Bewegungseinschränkung bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS) wird durch verschiedene Faktoren hervorgerufen, wie mangelnde motorische Koordination, Muskelschwäche, Spastik, Gleichgewichtsprobleme und Fatigue. Für die Betroffenen wird es zur Herausforderung, die Aufgaben ihres täglichen Lebens zu erledigen.

Dominiques unbehandelte Krankheitssymptome haben ihn stark mitgenommen und eingeschränkt. Er kann nicht nachvollziehen, weshalb die Barmer seine Cannabis-Behandlung nicht weiterhin genehmigte. Dank Cannabis als Medizin konnte Dom 70 Prozent seiner opioiden Schmerzmittel einsparen. Er konnte Gabapentin und Baclofen (Medikamente gegen Spastik und Krämpfe) ausschleichen und absetzen. Darüber hinaus hat er durch die Cannabis-Therapie mindestens zehn Kilo Übergewicht verloren.

Cannabis als Medizin hat bei Dominique die Lebensqualität deutlich verbessert: “Mir ging es psychisch so gut, wie schon seit 10 Jahren nicht mehr”, berichtet der junge Mann.

Cannabis privat besorgen war keine Option

Auf dem Schwarzmarkt wollte und konnte sich Dominique kein Cannabis besorgen. Und hochwertigen Medizinalhanf aus der Apotheke auf eigene Kosten kaufen, das konnte er sich ebenfalls nicht leisten. Durch Zufall kam er in Kontakt mit einem Juristen, der sich seinen Fall genauer ansah und bei der Krankenkasse nachhakte. “Danach dauerte es nicht mehr lange, und ich hatte meine unbefristete Kostenübernahme”, erzählt der MS-Patient.

Heute bekommt Dominique wieder Cannabis auf Rezept

Dom ist erleichtert, dass er inzwischen wieder Medizinalhanf auf Kosten der Krankenkasse erhält. Allerdings erfüllt ihn mit Sorgen, dass er bald umziehen wird und dann einen neuen Arzt finden muss, der ihm Cannabis verschreibt. Eine Phase ohne Medizinalhanf möchte er nicht wieder erleben. Dafür hat sich sein Zustand in dieser Zeit zu sehr verschlechtert:

“Inzwischen kann ich zumindest wieder Krankengymnastik machen – das war zwischenzeitlich ja überhaupt nicht möglich”, erzählt Dominique. “Es ist sehr schwer, Abgebautes wieder aufzutrainieren. Aber wenigstens habe ich wieder einen Lebenswillen, bin nicht mehr pausenlos depressiv und kann sogar täglich über irgendetwas laut lachen! Das alleine müsste der Krankenkasse die Therapie mit Cannabis doch wert sein, oder?”

 

Ursprüngliche Patientenakte vom 6.3.2018:

Im Sommer 2006 war Dominique beim Campen. Plötzlich verschluckte er sich und musste husten. Im Anschluss daran bemerkte er, dass zwei seiner Finger taub waren. Auch eine professionelle Massage seiner damaligen Freundin brachte keine Linderung. Kaum wieder zu Hause, besuchte Dominique einen Neurologen. Dieser sagte ihm, er habe eine Entzündung im Gehirn und stellte ihm eine vierwöchige Krankschreibung aus.

Aus „Entzündung im Gehirn“ wird MS

Da ein vierwöchiges Attest bestätigt werden muss, ging Dominique zur Amtsärztin. Diese sah auf die Diagnose, guckte Dominique traurig an und sagte nur: „Oh ne, was für ein Mist. Mit 23 Jahren eine solche Diagnose“. Erst in diesem Gespräch erfuhr Dominique, was er eigentlich hatte: Multiple Sklerose. Als gelernter Rettungssanitäter wusste er sofort, was dies für sein künftiges Leben bedeutete.

Dominique lässt sich nicht unterkriegen

Da die Symptome anfangs erträglich waren, setze Dominique alles daran, die Zeit zu nutzen, um sich ein gutes Fundament zu bauen. Er absolvierte erfolgreich eine Ausbildung zum Eurokaufmann, währenddessen die erste Schmerzen anfingen. Die Ärztin verschrieb ihm Schmerzmittel. Zwei Wochen nach dem Abschluss ging es jedoch richtig los. Ein Symptom nach dem anderen zeigte und verschlimmerte sich.

Infolgedessen wurde Dominique zum Schmerzpatienten. Die Medikamente türmten sich. Ihm wurden verschiedene Opioide, Antispatika und Antiepileptika verschrieben. Es zeigten sich leichte Linderungen, doch nun kamen neue Beschwerden hinzu. Es waren die Nebenwirkungen der Präparate. Dominique begann zu verzweifeln. So gesellte sich zu allem noch eine schwere Depression hinzu.

Hilfe findet er in der medizinischen Anwendung von Cannabis

Dominique hatte schon immer Interesse an Naturheilmitteln. Er interessierte sich besonders für Hanf, seit dem er gelesen hatte, dass er auch einen medizinischen Nutzen haben kann. So setzte er sich mit seinem Hausarzt, einem ganzheitlichen Mediziner,  zusammen. Im September 2017 bekam er sein erstes Rezept. Zunächst wollte seine Krankenkasse die Kosten nicht übernehmen, doch nach einem Einspruch gaben sie schnell klein bei. Dominique hatte eine vorübergehende Kostenübernahme erkämpft.

Cannabis für Dominique ab jetzt nur noch auf Privatrezept von seinem Arzt

Kaum war ein Problem überwunden, kündigte sich schon das Nächste an: Sein Hausarzt verschreibt in Zukunft Cannabis lediglich über ein Privatrezept. Dies hat mit einem aktuellen Verfahren gegen Dr. Grotenhermen zu tun. Für einen Rentner wie Dom ist Cannabis auf Privatrezept jedoch kaum finanzierbar. Aus diesem Grund sucht er nun einen neuen Arzt.

Dominique geht es gut, dank Cannabis

Seitdem er Cannabis bekommt, geht es Dominique sehr gut. Er kann mit seiner Freundin und seinem Sohn wieder in die Zukunft sehen. Er empfindet endlich wieder Freude. Wir wünschen ihm, dass er bald einen Arzt findet, der ihm die so dringend benötigte Medikamente auf Kassenrezept verordnet. Immerhin gibt es einen Hoffnungsschimmer, da gerade in Frankfurt ein Drei-Jahres-Projekt für genau solche Patienten wie ihn gestartet ist.

Patienteninfos
Name: Dominique
Alter: 35
Wohnort/Bundesland: Hessen
Krankenkasse: Barmer
Diagnose: Multiple Sklerose, Spasmen, Polyneuropathie, Fatigue, Depression, chronisches Schmerzsyndrom
Medikation: 3-5 g pro Tag, Blüten, Tagsüber: Sativa, Nachts: Indica
Bevorzugte Sorte: Red No.2
Fachrichtung des verschreibenden Arztes: Allgemeinmediziner

Polyneuropathie und Medizinalcannabis: Lesen Sie hier mehr.

Das Leafly.de Patienteninterview

Leafly.de: Seit wann wendest Du Cannabis als Medizin an?
Dominique: Mein Hausarzt hat mir das erste Rezept im September 2017 ausgestellt.

Leafly.de: Wie bist Du denn darauf gekommen?
Dominique: Seit vielen Jahren beschäftige ich mit dem Thema Hanf. Ich lese alles, was ich finden kann: Stoffproduktion, Öle, medizinische Einsatzmöglichkeiten – die Pflanze interessiert mich einfach sehr.

Leafly.de: Wie war das erste Mal mit Cannabis als Medizin?
Dominique: Ich habe sofort gemerkt, dass es mir hilft. Mein Körper entspannte sich. Der Schmerz ließ merklich nach. Ich konnte die Spasmen kontrollieren und das Kribbeln in den Fingern und Zehen war auch kaum noch zu spüren. Ab dem Moment wusste ich: ich war auf dem richtigen Weg.

Leafly.de: In welchen Momenten wendest Du es an?
Dominique:  Als Dauermedikation

Leafly.de: Welches Präparat in welcher Dosierung nimmst Du?
Dominique: Ich nehme 3-5 g am Tag. Tagsüber verdampfe ich Sativa-Sorten, damit ich nicht schläfrig werden und abends wähle ich eine eine Indica-Sorte, damit ich gut einschlafen kann. So komme ich hervorragend zurecht.

Leafly.de: Gibt es Schwierigkeiten mit der Krankenkasse?
Dominique: Anfangs hatte ich Schwierigkeiten. Meine Krankenkasse wollte die Kosten nicht übernehmen, doch nach einem Einspruch haben die eingelenkt. Seit dem habe ich eine vorübergehende Kostenübernahme. Allerdings hat mein Hausarzt mir gerade erklärt, dass er in Zukunft nur noch Privatrezepte über Cannabis ausstellen wird. Das hat wohl mit der aktuellen Lage um Dr. Grotenhermen zu tun. Ich benötige nun einen neuen Arzt.

Leafly.de: Hast Du Angst vor einer Abhängigkeit?
Dominique: Nein, wirklich überhaupt nicht.

Leafly.de: War Dein Medikament schon einmal in der Apotheke nicht lieferbar? Wenn ja, wie lange nicht und wie hast Du die Situation lösen können?
Dominique: Ich lasse mir einfach Cannabisblüten verschreiben. Irgendwelche Sorten sind dann meistens in Apotheken zu finden.

Leafly.de: Was ist Dein Job? Bist Du Frühpensioniert?
Dominique: Ja, ich bin Rentner.

Leafly.de: Geht es Dir gut? Bist Du glücklich?
Dominique: Ja. Seit dem ich das Cannabis bekomme, kann ich wieder lachen. Ich empfinde wieder Freude und Zuversicht. Endlich kann ich wieder planen, ich habe eine Zukunft. Meine wunderbare Freundin steht voll hinter mir. Wir haben einen tollen Sohn.

Vielen Dank, lieber Dominique. Wir drücken Dir für Deine Zukunft und Deine Pläne die Daumen.

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Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.

 

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