Auf einmal war der da, der Dottersacktumor
Am 25. Juli 2015 wurde durch Zufall ein Dottersacktumor bei Vanessa diagnostiziert: Ein Ovarialkrebs mit Keimzellen, der sich zystenartig ausbreitet und meist sehr früh mit dem wachsen beginnt. Selten, jedoch überwiegend leicht heilbar, in Vanessas Fall leider nicht, sie ist eine Ausnahme. Bei ihr lief alles von Anfang an anders. Auch ist sie wohl der weltweit einzig bekannte Fall mit einem Dottersacktumor an der Nebenniere.
Nach dem Chemo kam der Schock
Im August 2015 wurde ihr weiteres Tumorgewebe aus dem Unterleib entfernt – dies war jedoch keines. Die anschließende Chemotherapie brachte nicht viel: Im Januar 2016 kam es zu einem Rezidiv an der Nebenniere und zu Lebermetastasen. Um dies zu bekämpfen bekam sie von Februar bis Mai 2016 drei Runden einer Hochdosischemotherapie, welche dazu führten, dass im Juni 2016 ihre Tumormarker im Normalbereich waren. Die pathologische Untersuchung der entfernten Restbestände der anschließende Operation waren jedoch unbefriedigend: eine Metastase war nicht tot.
Polyneuropathie als Chemo-Folge
Als wäre das alles nicht schon genug, fingen nun die Nebenwirkungen all dieser Therapien an, Vanessa zu quälen: Ihre Koordinationsleistung für den Körper funktionierte nicht mehr richtig, ihr Körper schien ihr nicht mehr zu gehorchen. Der Facharzt nennt dies „Polyneuropathie“.
Sativex brachte Schmerzlinderung
Sie hatte starke Schmerzen in den Beinen. Kein Schmerzmittel konnte hier helfen. Eine intensive Suche ihrer Familie nach Hilfe führte dazu, dass sie medizinisches Cannabis entdeckte. Sativex-Spray, eine Mischung aus THC und CBD half ihr tatsächlich gegen die Schmerzen und sie bekam ihre Beine wieder unter Kontrolle. Als positive Nebenwirkung entdeckte sie, dass es sie sehr entspannte – ein Punkt, der in ihrer Situation Gold wert ist.
Im August 2016 ging es weiter mit der TIP Chemotherapie (Paclitaxel, Ifosfamid, Cisplatin), die aufgrund von neuen Metastasen im Bauchraum wieder abgebrochen werden musste und somit durch eine Chemotherapie nach dem GOP-Schema (Gemcitabine, Oxaliplatin, Paclitaxel) ersetzt wurde. Nun zeigten sich die Tumormarker endlich wieder im Normbereich und eine Operation nach Hipec (Hypertherme Intraperitoneale Chemoperfusion) erlaubte, welche währenddessen abgebrochen wurde, da Metastasen in der Leber gefunden wurden.
Medizin Kenner wissen spätestens jetzt: Es handelt sich hier darum, noch ein wenig Lebenszeit zu gewinnen – die echten Therapien waren erfolglos. Eine weitere palliative Chemotherapie von Januar bis März 2017 ließ die Tumormarker, die anfangs im Normbereich waren explodieren, so dass sie diese abbrechen musste. Im März hat Vanessa dann mit der Immuntherapie begonnen. Derzeit lässt sie eine zweite Runde Chemo nach der PIPAC-Methode (Präparat wird direkt in den Herd geleitet) durchführen – ungebrochen tapfer!
Dem Krebs ein Gesicht geben
Vanessa nimmt kein Blatt vor den Mund. Der unausweichliche Tod macht ihr auch keine Angst: „Es ist nun mal so, daran lässt sich nichts ändern“, sagt sie ruhig und sehr freundlich. Sie ist ein offener Mensch. Sie schreibt über Ihren Dottersacktumor unter „auf einmal war er da – Dottersacktumor“ und engagiert sich zusätzlich mit ihrem Fotoprojekt „Krebs hat ein Gesicht“ für die Krebsaufklärung. Sie ließ sich von unterschiedlichen Fotografen inszenieren, um zu zeigen, wie unterschiedlich die Sicht auf Krebs ist. 100% der Erlöse aus dem Verkauf des daraus entstehenden Kalenders geht an ein neues Patenprogramm des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen, Heidelberg.
Mit diesem beeindruckenden Fotoprojekt möchte Vanessa darauf hinweisen, dass noch immer zu wenig über Krebs geredet wird. Jeder kennt irgendwen, der unter irgendeiner Auswucherung dieser heimtückischen Krankheit leidet, doch die wenigsten wollen darüber sprechen, obwohl es doch so wichtig ist. Niemand möchte über den Tod reden, doch wir werden ihn alle erleben, das ist unausweichlich.
Die entstandenen Fotos zeigen allesamt auf unterschiedliche Weise eine kraftvolle, mutige Frau. Jeder Fotograf hat eine andere Sichtweise auf die Krankheit und auf den Tod, doch sie haben alle einen gemeinsamen Punkt: Sie bilden eine Frau ab, die mit sich selbst im Reinen ist, die weiß, was kommt und nichts fürchtet.
Vanessa hat ihre Aufgabe darin gefunden, Krebs ein Gesicht zu geben – für all die, die keine Hoffnung mehr haben, für all die, die nur noch traurig sind. Im Gegensatz zu vielen anderen Menschen hatte und hat Vanessa viele liebe Menschen um sich herum, die sie begleiten.
Anfangs dachte Vanessa, dass der Weg dazu führt, gesund zu werden, nun hat sie erkannt, dass der Weg das Ziel ist.
Patienteninfos:
Name: Vanessa Weil
Alter: 39
Wohnort/Bundesland: Baden-Württemberg
Krankenkasse: Techniker
Anamnese: Dottersacktumor Nebenniere, Polyneuropathie
Medikation: Sativex, 6-8 Sprühstöße
Das gesamte Leafly.de Team hat sehr großen Respekt vor diesem Mut.
Wir ziehen in Demut unseren Hut!
DAS LEAFLY PATIENTEN INTERVIEW
Leafly.de: Seit wann wendest Du medizinisches Cannabis an?
Vanessa: Ich habe es von Juni 2016 bis Januar 2017 genommen.
Leafly.de: Wie bist Du darauf gekommen?
Vanessa: Zum einen durch die Medien zum anderen habe ich mich mit meiner Familie informiert. Nach einer Informationsveranstaltung bei Herrn Dr. Grotenhermen habe ich es mir vom Hausarzt verschreiben lassen.
Leafly.de: In welchen Momenten hast Du es angewandt?
Vanessa: Ich habe es jeden Abend genommen um entspannter zu sein und gegen die Schmerzen im Rahmen der Polyneuropathie.
Leafly.de: Welchen Wirkstoff hat das Präparat und in welcher Dosierung nimmst Du?
Vanessa: Sativex Spray, 6-8 Stöße am Abend. Es enthält THC und CBD.
Leafly.de: Hattest Du Schwierigkeiten bei der Beantragung der Kostenübernahme durch Deine Krankenkasse?
Vanessa: Es gab gar keine Probleme – die Techniker Krankenkasse hat mich sehr gut unterstützt.
Leafly.de: Gibt es heute noch Probleme mit der Verschreibung?
Vanessa: Heute nehme ich es nicht mehr.
Leafly.de: Hast Du Angst vor einer Abhängigkeit?
Vanessa: Nein, ich hatte nie Angst davor, abhängig zu werden. Ich habe Palladon genommen – das hat mir mehr Angst gemacht, auch bei Lyrica war es nicht ohne. Einmal habe ich es zwei Tage vergessen zu nehmen, da ging es mir nicht so toll.
Fotonachweis: Claus Baumann
Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.