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Phytocannabinoide und ihr therapeutisches Potenzial

Leafly: Alexandra Latour Autor:
Alexandra Latour

Die Cannabispflanze ist nicht die einzige Pflanze, die Phytocannabinoide enthält. Tatsächlich existieren einige Pflanzen, die cannabinoidähnliche Verbindungen aufweisen, die ebenfalls ein therapeutisches Potenzial besitzen. Diese sehen wir uns im folgenden Beitrag näher an.

Phytocannabinoide und ihr therapeutisches Potenzial

Die weibliche Hanfpflanze Cannabis Sativa enthält zahlreiche Phytocannabinoide, Terpene, Flavonoide und zahlreiche weitere Inhaltsstoffe. Unter allen Pflanzen auf dieser Welt enthält die Cannabis-Pflanze wohl das reichhaltigste Sortiment von Cannabinoiden.

Das medizinische Wirkungsspektrum von Cannabis ist gerade in den vergangenen Jahren immer mehr in den Fokus der Forschung gerückt. Insbesondere die wichtigsten Cannabinoide Tetrahydrocannabinol (THC) mit seiner psychoaktiven Wirkung und dem nicht-psychoaktiven Cannabidiol (CBD) sind mitverantwortlich für das breite Wirkungsspektrum. Während THC hauptsächlich zur Schmerzlinderung und Appetitsteigerung eingesetzt wird, werden dem Cannabinoid (Cannabidiol) CBD entzündungshemmende, antibakterielle und beruhigende Eigenschaften zugeschrieben.

Neben den bekannten Cannabinoiden THC und Cannabidiol (CBD) enthält die Hanfpflanze natürlich noch zahlreiche weitere Cannabinoide, die für medizinische Zwecke eingesetzt werden können. Allerdings sind diese noch nicht so gut erforscht wie Cannabidiol (CBD) und das psychoaktive THC.

Die Cannabinoide wie THC und CBD interagieren dabei mit den Cannabinoidrezeptoren im Endocannabinoid-System, umso ihre Wirkung entfalten zu können. Allerdings ist Cannabis Sativa nicht die einzige Pflanze, die natürliche Cannabinoide und ähnliche Verbindungen aufweist. Viele andere Pflanzen enthalten derartige Verbindungen, die ebenfalls mit dem Endocannabinoid-System interagieren und ein medizinisches Potenzial besitzen. Hierzu gehören:

Sonnenhüte (Echinacea)

Sonnenhüte (Echinacea)

Die Sonnenhüte sind im östlichen und zentralen Nordamerika beheimatet und gehören zu der Familie der Korbblütler. Zwar wurde der Sonnenhut bereits von den nordamerikanischen Indianern gegen Husten und Halsschmerzen verwendet, die aktuelle Studienlage zur medizinischen Wirkung ist jedoch umstritten.

Trotz der umstrittenen Wirksamkeit kam die European Medicines Agency im Jahr 2014 zu dem Schluss, dass die vorliegenden Studien bei Erwachsenen einen positiven Effekt von Medizinprodukten auf Echinacea-Basis auf den Verlauf einer Erkältung haben kann.

Besonders interessant ist, dass verschiedene Studien gezeigt haben, dass der Sonnenhut Substanzen enthält, die den Cannabinoiden aus der Cannabispflanze ähnelt. Allerdings treten keine psychoaktiven Effekte ein wie es beim Cannabinoid Tetrahydrocannabinol (THC) aus der Cannabispflanze der Fall ist.

Diese Substanzen werden auch als Alkylamide bezeichnet und sind den körpereigenen Anandamiden ähnlich. Hierbei handelt es sich um Liganden der Cannabinoidrezeptoren im Körper. In Laborversuchen konnte gezeigt werden, dass die Alkylamide aus dem Sonnenhut an diese körpereigenen Cannabinoid-Rezeptoren binden.

Schweizer Forscher konnten sogar zeigen, dass die Alkylamide (N-Isobutylamide) aus dem Sonnenhut sogar Cannabino-Mimetika darstellen könnten, die sich an die Cannabinoidrezeptoren 2 (CB2) auf den Zellen des Immunsystems binden. An den Cannabinoidrezeptoren 1 (CB1) im zentralen Nervensystem scheinen die Substanzen jedoch nicht zu wirken.

Jambu (Acmella oleracea)

Die Pflanze Jambu gehört ebenfalls zu den Korbblütlern und stammt aus Nordbrasilien. In englischsprachigen Gebieten heißt sie auch „Zahnweh-Pflanze“, da sie eine schmerzbetäubende, entzündungshemmende und antibakterielle Wirkung haben soll. In der Volksheilkunde werden die Blätter nicht nur gegen Zahnfleischentzündungen verwendet, sondern auch gegen Hautpilze, Rheuma und Gicht.

Jambu (Acmella oleracea)

Wenn die Blätter zerkaut werden, erzeugen die Inhaltsstoffe ein prickelndes und leicht betäubendes Gefühl auf der Zunge. Dieser Effekt wird der Substanz Spilanthol zugeschrieben. Forscher der Cambridge University haben gezeigt, dass die cannabinoidähnlichen Stoffe in Acmella oleracea auf die CB2-Rezeptoren wirken und damit entzündungshemmende und schmerzlindernde Eigenschaften haben könnten.

Strohblume (Helichrysum umbraculigerum)

Strohblume (Helichrysum umbraculigerum)

Die Strohblume ist eine Pflanzengattung, die rund 600 andere Pflanzenarten umfasst und in Südafrika sowie in Madagaskar beheimatet ist. Eine Pflanzenart ist die Helichrysum umbraculigerum. Diese Pflanze wird noch heute bei verschiedenen Stämmen Afrikas bei Ritualen und Zeremonien genutzt. Denn der Rauch, der beim Verbrennen der Pflanze entsteht, hat eine leicht psychotropische Wirkung. Aktuell wird noch untersucht, ob diese Wirkung vergleichbar mit der THC-Wirkung ist.

Israelische Forscher erklären in ihrer Studie aus dem Jahr 2016, dass die Helichrysum umbraculigerum einen Gehalt des Cannabinoids Cannabigerol (CBG) enthält. Dieses Cannabinoid kommt auch in Cannabis vor und soll entzündungshemmende sowie stimmungsaufhellende Eigenschaften besitzen.

Weitere Informationen zu dem Cannabinoid CBG und seinem therapeutischen Potenzial finden Sie in diesem Artikel.

Kakaobaum (Theobroma cacao)

Kakaobaum (Theobroma cacao)

Kakaobäume gehören zu den Malvengewächsen und wachsen vorwiegend in den tropischen Regenwäldern in Lateinamerika. Forscher konnten in Kakaopulver Anandamid isolieren. Hierbei handelt es sich um das Ethanolaminderivat der Rachidonsäure. Zuvor konnte diese mehrfach ungesättigte Fettsäure nur im Gehirn nachgewiesen werden. Hier bindet das körpereigene Cannabinoid Anandamid an den gleichen Rezeptor im Körper wir THC. Dies könnte eine mögliche Erklärung dafür sein, dass Schokolade „glücklich“ macht.

Obwohl die pharmakologischen Profile von THC und Anandamid ähnlich sind, unterschieden sie sich jedoch in ihrer Struktur sowie in ihrer Pharmakokinetik. Anandmid wird vom Körper innerhalb von ca. 30 Minuten abgebaut.

Hingegen verbleibt THC noch Stunden nach dem Cannabis-Konsum im Körper.

Schwarzer Pfeffer (Piper nigrum)

Schwarzer Pfeffer (Piper nigrum)

Der Schwarze Pfeffer (Pfefferstrauch) gehört zu der Familie der Pfeffergewächse (Piperaceae) und ist ein scharf schmeckendes Gewürz aufgrund des darin enthaltenen Alkaloids Piperin. Das Aroma erhält der Pfeffer durch das Pfefferöl (ätherisches Öl), das in schwarzem und grünem Pfeffer in erhöhter Menge vorkommt.

Das Pfefferöl enthält wie die Cannabispflanze Terpene, insbesondere Pinene, Limonen und Beta-Caryophyllen. Der Pfeffer erregt die Wärme- und Schmerrezeptoren im menschlichen Körper, sodass die Speichel- und Magensaftsekretion angeregt wird. Auch die Produktion der Verdauungsenzyme wird angeregt. Deshalb soll Pfeffer eine verdauungs- und appetitfördernde Wirkung besitzen.

Das Terpen Beta-Caroyophyllen soll an den CB2-Rezeptor binden können, um hier eine Immunreaktionen zu modulieren. Infolge dessen können Schmerzen und Entzündungen gelindert werden. Außerdem soll der CB2-Rezeptor ein potenzieller Angriffspunkt sein, um die Beschwerden einer Osteoporose oder Arteriosklerose zu lindern. Inwieweit Beta-Carophyllen weitere physiologische Prozesse im Endocannabinoid-System beeinflusst, ist noch unklar.

Chinesischer Rhododendron (Rhododendron anthopogonoides)

Die Rhododendren gehören zu der Familie der Heidekrautgewächse und mit rund tausend Arten eine sehr große Pflanzengattung. Hierzu gehört auch der chinesische Rhododendron. In China ist die Pflanze ein fester Bestandteil der traditionellen Medizin.

Japanische Forscher fanden heraus, dass die Pflanze Folsäure, Tannine, Triterpene und Flavinoide enthält, die ähnlich wirken sollen wie die Cannabinoide aus der Cannabis-Pflanze. Ein Pflanzenextrakt soll den Forschern zufolge verschiedene Erreger und Bakterien wie Staphylokokken abtöten können. Allerdings fehlen hier noch weitere Untersuchungen, um diese Aussagen zu bekräftigen.

Kava (Piper Methysticum)

Kava (Rauschpfeffer) gehört zu den Pfeffergewächsen und gilt im westpazifischen Raum als Zeremonialgetränk, das bei religiösen Anlässen getrunken wird. Die Pflanze enthält Verbindungen namens Kavalactone. Yangonin ist eines dieser Kavalactone, das Studien zufolge mit dem CB1-Rezeptor interagiert. So sollen die Kayapyrone aus der Wurzel und der Rinde der Kavapflanze angstlindernd wirken.

Kava (Piper Methysticum)

In einer Studie zeigte sich Kava bei einer Sozialphobie gegenüber einem Placebo überlegen. Zudem soll Kava schmerzlindernd und antioxidativ wirken. Außerdem soll Kava Muskelverkrampfungen lösen. Ganz nebenwirkungsfrei ist Kava jedoch nicht. So können beim Verzehr folgende Nebenwirkungen auftreten:

  • Eingeschränkte Reaktionsfähigkeit
  • vorübergehende Taubheitsgefühle in Zunge und Lippen
  • vermindertes Sehvermögen
  • Gelbfärbung der Haut
  • allergische Hautreaktionen

Darüber hinaus stehen Kava-Extrakte unter dem Verdacht, Leberschäden zu verursachen. Aus diesem Grund wurden kavahaltige Medikamente vom Markt genommen. Zur aktuellen Rechtslage von Kava-Produkten können Sie sich hier informieren.

Schwarzer Trüffel (Tuber Melanosporum)

Schwarzer Trüffel (Tuber Melanosporum)

Der schwarze Trüffel (Perigord-Trüffel) ist weltweit der teuerste Speisepilz und ist vor allem in Italien, Spanien und Frankreich beheimatet. Experten schätzen, dass der Perigord-Trüffel seit mehr als 156 Millionen Jahren existiert. Hingegen ist die Hanf-Pflanze (Cannabis-Pflanze) „erst“ rund 70 bis 110 Millionen Jahre alt.

Italienische Forscher fanden heraus, dass im Perigord-Trüffel genau wie im Kakaobaum Anandamid-Verbindungen vorkommen. Wie schon zuvor beschrieben, bindet Anandamid an den CB1-Rezeptor und löst damit eine entspannende Wirkung aus. Auch gegen chronische Schmerzen soll Anandamid wirksam sein.

Lebermoos (Radula Marginata)

Dass das aus Neuseeland stammende Lebermoos in der Lage ist, natürliche Cannabinoide zu produzieren, ist nicht neu. Schon in den 1990er Jahren fanden Forscher heraus, dass in der Radula-Gattung die natürliche Cannabinoidverbindung Perrotettinen vorkommt. Dabei ähnelt diese chemische Verbindung dem THC (Δ9-THC) aus der Hanf-Pflanze (Cannabis-Pflanze). Bereits seit vielen Jahren wird das Lebermoos deshalb auch als „legales High“ angeboten (Leafly.de berichtete).

Da die Wirkung des Perrotettinen der THC-Wirkung ähnelt, könnte es durchaus medizinisches Potenzial besitzen. In der Volksheilkunde wird das Lebermoos seit langem bei Bronchitis sowie bei Blasen- und Gallenblasenproblemen angewendet.

 

Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.

 

 

Quellen:

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