Jedes Jahr werden in den USA ungefähr 1 000 Kinder mit der Sichelzellenkrankheit geboren. In Deutschland leben aktuell etwa 3 000 bis 5 000 Patienten unter dieser genetisch bedingten Erkrankung.
Da Schmerzen ein Symptom für die Sichelzellenanämie sind, wächst die Hoffnung, dass Medizinalhanf hier hilfreich eingesetzt werden kann. Zurzeit gibt es jedoch nur bescheidene Forschungsergebnisse zu Medizinalhanf und der Sichelzellenkrankheiten. Aus einem aktuellen Medienbericht ist zu entnehmen, dass ein starker Bedarf an groß angelegten Studien besteht.
Was ist die Sichelzellenkrankheit?
Bei der Sichelzellenkrankheit (Sichelzellenanämie) handelt es sich um eine erbliche Erkrankung der roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Die Bildung der roten Blutkörperchen findet im Knochenmark statt und sobald sie reif sind, gelangen sie in den Blutkreislauf. Hier haben sie verschiedene Aufgaben, wie zum Beispiel den Sauerstoff aus den Lungen in weitere Körperregionen zu transportieren. Dabei ist der Sauerstoff an das Hämoglobin (roter Blutfarbstoff) gebunden.
Normalerweise besteht das Hämoglobin aus zwei unterschiedlichen Eiweißketten, und zwar den Alpha- und Beta-Ketten. Bei der Sichelzellenanämie ist die Beta-Kette jedoch krankhaft verändert (Sichelzellhämoglobin). Aufgrund dieser Veränderung formen sich die roten Blutzellen ähnlich wie eine Sichel. Problematisch ist, dass diese Sichelzellen unbeweglich sind und zudem früher als gesunde rote Blutkörperchen sterben (Hämolyse). Infolge dessen kommt es zu einer Anämie (Blutarmut) sowie zu einer Verstopfung der Blutgefäße, sodass bestimmte Körperregionen nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden.
Dieser Sauerstoffmangel hat wiederum Gewebeschädigungen zur Folge. Und bei einer dauerhaften Gewebeschädigung produziert der Körper dann bestimmte Substanzen, die Schmerzen auslösen. Durch die verstopften Blutgefäße kann es außerdem zu Organschäden kommen, unter anderem im Zentralnervensystem, im Magen-Darm-Trakt, in den Lungen und in der Milz. Infolge dessen besteht bei Sichelzellpatienten ein hohes Risiko für lebensbedrohliche Infektionen.
Aktuelle Studienlage: Medizinalhanf und Sichelzellenkrankheit
Die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2018 zeigen, dass 42 Prozent der befragten Patienten in den letzten zwei Jahren Medizinalhanf zur Symptombehandlung ihre Sichelzellenerkrankung verwendeten.
Doch nicht alle Studien haben gezeigt, dass Cannabis bei einer Sichelzellenanämie von Vorteil ist. In einer veröffentlichten Studie aus dem Jahr 2017 wurde beispielsweise festgestellt, dass der Cannabiskonsum mit der Häufigkeit von Krankenhauseinweisungen aufgrund von Gefäßverschlusskrisen oder dem Auftreten schwerer Schmerzen im Zusammenhang mit der Sichelzellenanämie stand.
Es ist jedoch unklar, ob der Zusammenhang zwischen dem Cannabiskonsum und den Krankenhausaufenthalten direkt war oder ob andere Faktoren beteiligt waren. Unabhängig davon rieten Forscher, dass die Ergebnisse durch kontrollierte Studien geklärt werden sollten.
Medizinalhanf gegen Schmerzen
Eine klinische Studie an der Universität von Kalifornien in San Francisco (UCSF) untersuchte die Auswirkungen von verdampftem Cannabis auf chronische Schmerzen im Zusammenhang mit der Sichelzellenkrankheit. Nach Abschluss der Rekrutierung der Teilnehmer im Jahr 2018 sollten die Ergebnisse innerhalb der nächsten zwei Jahre zur Analyse vorliegen.
Während weiterhin unklar bleibt, ob Cannabis Schmerzen behandeln kann, die für Sichelzellenanämie spezifisch sind, ist bekannt, dass Medizinalhanf vielen Menschen hilft, die unter Schmerzen leiden aufgrund anderer Erkrankungen (z. B. wie Fibromyalgie).
Weitere klinische Studien, die denen von UCSF ähneln, werden in Zukunft Aufschluss darüber geben, inwieweit Cannabis in das Spektrum der Schmerzbehandlung bei der Sichelzellenanämie passt. Darüber hinaus könnte Cannabis vermutlich weitere Symptome der Sichelzellenkrankheit lindern, wie zum Beispiel Schwellungen der Hände und Füße sowie Entzündungen.