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Speiseröhrenkrebs: CB1 zeigt Metastasen an

Autor:
Dr. Christine Hutterer

Speiseröhrenkrebs wird häufig erst erkannt, wenn er schon weit fortgeschritten ist. Für die Behandlung ist wichtig, ob bereits Metastasen vorliegen. Der Cannabinoidrezeptor 1 (CB1) könnte offenbar ein Marker sein, der das anzeigt. Das fanden zumindest nun japanische Forscher heraus.

Speiseröhrenkrebs: CB1 zeigt Metastasen an

Speiseröhrenkrebs ist ein bösartiger Tumor in der Schleimhaut der Speiseröhre. Die Krebsart ist selten und hat häufig eine schlechte Prognose. Das liegt daran, dass ein Ösophaguskarzinom, so der Fachbegriff, oft erst recht spät erkannt wird. Anhand des Zelltyps werden zwei Arten von Speiseröhrenkrebs unterschieden. Und zwar in der westlichen Welt häufigere Adenokarzinom und das hierzulande etwas seltenere Plattenepithelkarzinom.

Speiseröhrenkrebs: Metastasen frühzeitig erkennen

Man weiß, dass der Zustand und das Ausmaß der Metastasierung stark mit der Prognose eines Patienten verknüpft sind. Ein Speiseröhrenkrebs metastasiert zuerst über die Lymphe in die nähere Umgebung – die Lymphknoten am Hals und in den Mittelfellraum. Später dann auch über das Blut in andere Organe wie Leber, Lunge und Knochen.

Japanische Forscher suchen nach Biomarker

Forscher aus Japan haben das Plattenepithelkarzinom genauer untersucht. Es ist ein sehr aggressiver Tumor und auch für eine Behandlung nur schwer zugänglich ist. Um unnötige Behandlungen zu vermeiden und von Anfang an eine gute Behandlungsstrategie anwenden zu können, wäre ein Biomarker hilfreich. Dieser könnte anzeigen, mit welcher Wahrscheinlichkeit bereits die Bildung von Metastasen stattgefunden hat. Oder, was noch bedeutender sein dürfte, quasi vorhersagen kann, ob der Tumor metastasieren wird oder es bereits getan hat, selbst wenn in einer Kernspintomografie, im CT oder im Röntgenbild noch keine Metastasen sichtbar sind.

Untypisch hohe Mengen vom Cannabinoidrezeptor 1 in Krebszellen

Die japanischen Forscher untersuchten 88 Fälle von Plattenepithelkarzinomen und fanden, dass in 54 Fällen (61,4 Prozent) der CB1 im Tumorgewebe deutlich überexprimiert war. Sie fanden CB1 in der Zellmembran, wo es physiologischerweise auch sein sollte, aber auch im Zellinneren.

Zugleich stellten die Wissenschaftler fest, dass bei den Patienten, bei denen CB1 in zu großen Mengen in dem Krebsgewebe anzutreffen war, eine Metastasierung in den Lymphknoten und entfernteren Geweben deutlich häufiger war. Auch beobachteten sie, dass die Prognose dieser Patienten schlechter war als von Patienten, bei denen die CB1-Spiegel in den Krebszellen nicht verändert waren.

Das Endocannabinoidsystem, besonders der CB1-Rezeptor, scheint also in irgendwelchen Prozessen der Entstehung und Metastasierung beim Speiseröhrenkrebs eine Rolle zu spielen. Bei dieser Krebsart, wie auch bei bestimmten Arten von Brustkrebs, Fibrosarkom und Leberzellkrebs, scheint es sogar das Krebswachstum oder die Entartung zu fördern.

Forschungsergebnisse überraschen

Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass der CB1-Rezeptor in verschiedenen Krebsarten untypisch exprimiert wird. Das bedeutet, dass der Rezeptor entweder häufiger oder seltener als sonst in den Zellen üblich in verschiedenen Krebsgeweben anzutreffen ist.

In anderen Krebsarten, wie z. B. beim Prostatakarzinom, Mantelzelllymphom und kolorektalen Krebs, hat man in Versuchen in Zellkulturen das Gegenteil beobachtet. Nämlich dass Cannabinoide das Wachstum von Tumoren verlangsamen können. Bei Speiseröhrenkrebs scheint das jedoch nicht der Fall zu sein.

Das bestätigt auch ein weiterer Versuch. Wurde zu den Krebszellen ein Inhibitor des CB1-Rezeptors zugegeben, so wurde die Vermehrung der Krebszellen gestoppt. Die Zellen konnten sich nicht mehr weiter ausbreiten.

CB1-Rezeptor “nur” ein Marker oder auch ein Ansatzpunkt für die Therapie?

Dass bei bestimmten Krebsarten offenbar das Endocannabinoidsystem aus dem Gleichgewicht geraten ist, ist für die weitere Forschung wichtig. Es ist noch nicht bekannt, wie die unterschiedlichen Mechanismen funktionieren, und warum manchmal eine günstige und manchmal eine ungünstige Wirkung auf Krebszellen auftritt. Dennoch sind solche Erkenntnisse von Bedeutung.

Die vorliegende Untersuchung sieht in der Überexpression von CB1 bei Speiseröhrenkrebs eine Möglichkeit, in einem Stadium, in dem mit bildgebenden Verfahren noch keine Metastasen sichtbar aber schon vorhanden sind, diese zu entdecken. In einem solchen Fall würde eine Behandlung mit im ganzen Körper wirkender Chemotherapie angedacht werden und nicht nur die lokale Entfernung eines Tumors oder einiger Lymphknoten.

Weiter gedacht, könnte ein Therapieansatz sein, den CB1-Rezeptor – möglichst nur – im Tumor zu blockieren, um die Proliferation und Metastasierung zu stoppen. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg und viele weitere Untersuchungen sind notwendig.

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