Synthetisches CBD kann Pharmaunternehmen dabei helfen, CBD-basierte Medikamente zu niedrigeren Kosten und mit minimalen regulatorischen Problemen zu entwickeln und zu vermarkten. Einem Medienbericht zufolge erforschen und entwickeln aktuell zahlreiche kleine und große Pharmaunternehmen CBD-Therapeutika als mögliche Behandlungen für eine Vielzahl von Krankheiten und Erkrankungen. All dies hat dazu geführt, dass die Pharmaunternehmen die Nachfrage nach guten Herstellungspraktiken für CBD deutlich erhöht haben.
Die Tatsache, dass Cannabis auf US-Bundesebene illegal bleibt, stellt eine Herausforderung für Pharmaunternehmen dar, die medizinische Produkte entwickeln wollen. Einen großen Schritt machte die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) im Juni 2018, als sie das CBD-Medikament Epidiolex von GW Pharmaceuticals genehmigte (Leafly berichtete).
„CBD, das aus Cannabis stammt, ist weiterhin gesetzlich verboten, mit Ausnahme der begrenzten Umstände, unter denen ein medizinisch anerkannter Vorteil festgestellt wurde“, erklärte die Drug Enforcement Administration (DEA) in ihrer Entscheidung. „In solchen Fällen wie hier, wird das Medikament der Öffentlichkeit in geeigneter Weise für medizinische Zwecke zur Verfügung gestellt.“
Synthetisches CBD ist einfach herstellbar
Unternehmen wie GW Pharmaceuticals müssen eigene Cannabisanbau und -Extraktionsanlagen aufbauen und betreiben, um die CBD-Vorräte ordnungsgemäß zu sichern. Das ist ein kostspieliges Unterfangen, das erhebliche Investitionen erfordert. Da nach wie vor ein erhebliches Risiko besteht, dass ein auf CBD basierendes Therapeutikum nicht einmal von der FDA zugelassen wird, operieren pharmazeutische Unternehmen, die mit CBD arbeiten, in einem schwierigen Umfeld.
Was wäre, wenn Pharmaunternehmen die Kosten, den logistischen Aufwand und die regulatorischen Hürden durch die Entwicklung synthetischer Cannabinoide vollständig vermeiden könnten? Wäre es denkbar, dass synthetisches CBD eher von der FDA zugelassen wird?
Synthetisches CBD ist ein aktiver pharmazeutischer Bestandteil (API), der in Form eines ultrareinen kristallinen Pulvers hergestellt wird und auf molekularer Ebene chemisch mit dem natürlichen pflanzlichen CBD identisch ist. Dabei hat CBD eine relativ einfache molekulare Struktur, die es in pharmazeutischer Umgebung leicht macht, eine synthetische Form herzustellen. So erfolgt die Herstellung von chemisch synthetisiertem CBD ähnlich wie bei anderen Arzneimitteln in behördlich zugelassenen API-Anlagen. Außerdem hat es einen Wiederholbarkeitsfaktor, der die Entwicklung konsistenter Chargen ermöglicht.
CBD ist nicht das erste Pflanzenextrakt, das synthetisch hergestellt werden kann
Denken wir dabei doch an die Blätter und Rinden der Weide, die seit Jahrhunderten in verschiedenen Formen zur Behandlung von Schmerzen und Fieber eingesetzt werden. Denn sie enthalten die Verbindung, aus der Aspirin gewonnen wird.
Im Jahr 1828 isolierte Johann Andreas Buchner das Salicin, das im Körper zu Salicylsäure umgewandelt wird, aus Weidenrinden-Extrakten. Der Chemiker Charles Frédéric Gerhardt synthetisierte dann 1853 die Acetylsalicylsäure, die das Pharmaunternehmen Bayer später unter dem Namen „Aspirin“ verkaufte.
Hersteller pflanzlicher CBD-Therapeutika kritisieren synthetisches CBD
Hersteller pflanzlicher CBD-Produkte argumentieren, dass synthetisches CBD mit dem CBD-Extrakt einfach nicht mithalten kann. Pharmazeutische Unternehmen, die synthetisches CBD verwenden, sind jedoch der Meinung, dass dies der beste Ansatz ist, um ein qualitativ hochwertiges, hochreines Produkt zu gewährleisten.
Das sei bei pflanzlichen CBD-Produkten nicht immer offensichtlich und sie könnten Schimmel, Pestizide, scharfe Extraktionslösungsmittel und Schwermetalle wie Blei enthalten. Diese Verunreinigungen stellen ein Risiko für die Benutzer dar. Außerdem seien sie auf dem bestehenden CBD-Markt weitaus stärker verbreitet, als die Verbraucher erkennen könnten. Dies mache das hochreine, chemisch synthetisierte CBD zu einer attraktiveren Alternative für den Markt.
Das Nationale Institut für Drogenmissbrauchsanalysen testete das synthetische CBD-Produkt von Insys Therapeutics. Im Ergebnis heißt es, dass das synthetische CBD nicht nur chemisch identisch ist mit pflanzlichem CBD, sondern auch eine höhere Reinheit von 99,9 Prozent besaß. Im Vergleich dazu besaß das pflanzliche CBD eine Reinheit von 98,7 Prozent. Zudem hätte das synthetische CBD auch keine Verunreinigungen im Vergleich zu der aus Pflanzen stammenden CBD gezeigt. Dem Test zufolge gab es beim pflanzlichen CBD wohl Verunreinigungen, die über den Richtlinien des National Institute of Health lagen.
Unternehmen, die synthetische CBD-Pharmazeutika entwickeln
Epidiolex war zwar das erste aus der Cannabispflanzen gewonnene Medizinprodukt, das von der FDA zugelassen wurde, es war jedoch nicht das erste Produkt auf Cannabinoid-Basis. Bereits 1985 genehmigte die FDA Marinol, einen synthetischen THC-haltigen Wirkstoff als Mittel gegen Übelkeit für Chemotherapie-Patienten. Das Unternehmen Johnson Matthey, das APIs für die Pharmaindustrie produziert, entwickelte später eine generische Form des Arzneimittels.
Das britische multinationale Unternehmen hat jetzt ein neues chemisch synthetisiertes CBD-Produkt entwickelt. Paul Evans, Vice President bei Johnson Matthey erklärte:
„Als führendes Unternehmen in der API-Entwicklung freuen wir uns, unser wachsendes Portfolio an Pharma-Lösungen um die hochwertige Synthese von Cannabidiol erweitern zu können. Dies ermöglicht es den Unternehmen, die medizinischen Eigenschaften von Cannabinoiden leicht zu erforschen. Und in Kombination mit unseren Entwicklungs- und Herstellungskapazitäten können Patienten neuartige Behandlungen und Medikamente angeboten werden.“
Noramco und Cardiol
Derzeit ist das einzige Unternehmen, das synthetisches CBD im kommerziellen Maßstab herstellt, Noramco Inc. mit Sitz in Delaware. Hierbei handelt es sich um einen der weltweit größten FDA-zertifizierten und cGMP-Hersteller von kontrollierten Arzneimittelsubstanzen. Das Unternehmen ist weltweit tätig und führend in der Herstellung und Lieferung von Wirkstoff-APIs mit kontrollierten Wirkstoffen. Hierzu gehören auch ausgesuchte Cannabinoide, deren Herstellung im März 2017 begann.
Noramco hat einen exklusiven Liefervertrag mit Cardiol Therapeutics abgeschlossen, einem Biotechnologieunternehmen, das firmeneigene Nanoformulierungen von CBD-basierten Medikamenten entwickelt (Leafly berichtete). Die klinischen Studien sind für das zweite Halbjahr 2019 geplant.
Darüber hinaus hat Cardiol eine exklusive Produktionsvereinbarung mit Dalton Pharma Services aus Toronto für die Lieferung von pharmazeutischem Cannabidiol mit einer Reinheit von über 99,5 Prozent und THC-frei abgeschlossen. Dalton ist ein von der Health Canada und FDA zugelassener cGMP-Hersteller von über 200 APIs. Diese Vereinbarung wird den Forschungsprogrammen von Cardiol dienen. Zudem wird sie die kommerzielle Einführung von CBD-Produkten auf dem kanadischen Markt unterstützen.
Pflanzliches oder synthetisches CBD?
Laut Michael McCoy, Chefredakteur von Chemical & Engineering News, „behaupten Unternehmen wie Noramco und Johnson Matthey, dass sich GW Pharmaceuticals in der Cannabinoid-Welt als Ausnahme erweisen wird“. Weiter heißt es, dass James Mish, CEO von Noramco, auf der CPhI Worldwide erklärt haben soll, dass er den Markt für CBD in zwei Hälften teile. So werden THC und CBD zukünftig den Freizeit- und Nahrungsergänzungsmittelmarkt beherrschen und synthetisches CBD und THC den Pharmamarkt.
Darüber hinaus bezeichnete Mish den Erfolg von GW Pharmaceuticals mit Epidiolex als einmalig und nicht als etwas, was sich auf dem Markt wiederholen wird, sobald die kommerzielle Versorgung mit synthetischem CBD verfügbar sei. Weiter erklärte Mish:
„Um die von den Aufsichtsbehörden geforderte Qualität zu erhalten, ist der einzige Weg, dies zu erreichen, synthetisches CBD herzustellen.“
Synthetisches CBD und CBD-Extrakt: Studien
Erst vor kurzem haben wir über eine aktuelle Studie berichtet, in der die Forscher der St George’s University of London synthetisches CBD auf das Tumorwachstum von Krebspatienten untersucht haben. Im Ergebnis heißt es, dass bei einigen Patienten ein Rückgang der Metastasen zu beobachten war. Bei anderen Patienten verlangsamte sich hingegen die Ausbreitung der Krebszellen.
Im Vergleich dazu untersuchten Forscher der North-West University in Südafrika im Labor die Wirkung des pflanzlichen CBD-Extrakts auf Gebärmutterhalskrebszellen. Das Ergebnis zeigte hier ebenfalls eine Verlangsamung der Krebszellenausbreitung.
Pflanzliches CBD-Extrakt: Entourage-Effekt
Israelische Forscher der Hebrew University of Jerusalem untersuchten im Rahmen ihrer Studie die entzündungshemmende Wirkung von pflanzlichem und isoliertem CBD an Mäusen. Hier verlief die Wirkung des CBD-Isolats in Form einer Glockenkurve, weshalb eine höhere Dosis die Wirkung wieder hemmte. Dies war beim CBD-Extrakt nicht zu beobachten.
Die Forscher nahmen an, dass andere Komponenten in dem Extrakt mit CBD synergisieren (Entourage-Effekt), um die gewünschte entzündungshemmende Wirkung zu erzielen, die zur Überwindung der glockenförmigen Dosisreaktion von gereinigter CBD beitragen kann. Aus diesem Grund nehmen die Forscher an, dass das CBD-Extrakt bei der Behandlung entzündlicher Erkrankungen überlegen ist.
Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.