Forscher der Universität von New Mexico haben mithilfe einer mobilen Software-Technologie den Echtzeiteffekt von Cannabis-Produkten gemessen. Das berichtete kürzlich Science Daily. Das Ergebnis der Studie: Die psychoaktive Chemikalie Tetrahydrocannabinol, oder THC, zeigte den stärksten therapeutischen Nutzen. Der nicht-psychoaktive und daher gesellschaftlich anerkanntere Wirkstoff Cannabidiol, CBD, zeigte dagegen weniger Wirkung.
THC und CBD wichtigste Faktoren für Linderung von Symptomen
Die Forscher Sarah See Stith, Assistenzprofessorin am Department of Economics, und Jacob Miguel Vigil, Associate Professor am Department of Psychology, stellten fest, dass der Gehalt an THC und CBD der wichtigste Faktor für die Symptomlinderung bei einer Vielzahl von Erkrankungen war. Die Studie wurde in der Zeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht.
Die Ergebnisse der Untersuchung basieren auf der größten Datenbank von Echtzeitmessungen über die Auswirkungen von Cannabis in den USA. Die Daten wurden mit der sogenannten „ReleafApp“ erhoben.
App wertet Patientendaten aus
Die kommerziell entwickelte ReleafApp ist seit 2016 auf dem US-amerikanischen Markt. Sie ist die einzige öffentlich zugängliche App zur Aufklärung von Patienten über Cannabis-Produkte. Hier erhalten Benutzer Information dazu, wie Produkttyp (beispielsweise Blüte oder Extrakt), Cannabis-Unterarten (wie Indica, Sativa und Hybrid) und Cannabinoidgehalt (THC und CBD) den Schweregrad ihrer Symptome beeinflussen. Die App zeigt Feedback der Benutzer zu ihrem Gesundheitszustand und der Auswahl ihrer Cannabis-Medikamente. Außerdem veröffentlicht das Programm die klinischen Ergebnissen dieser Entscheidungen, wie Symptomlinderung und Nebenwirkungen.
Ziel der Studie war, eine praktische Fragen zu klären. Und zwar, wie wirken sich grundlegende Merkmale der derzeit verfügbaren und häufig verwendeten Cannabisprodukte auf die Intensität der gesundheitlichen Symptome aus.
Die Cannabis-App hat rund 20.000 Benutzersitzungen erfasst und 27 verschiedene Symptomkategorien ausgewertet, von Depression bis zu Anfällen. Der durchschnittliche Patient zeigte in der Auswertung eine sofortige Verbesserung der Symptome um 3,5 Punkte. Bezogen auf eine Skala von 0 bis 10. Getrocknete Cannabisblüten waren das am häufigsten verwendete Produkt. Außerdem waren diese im Allgemeinen mit einer stärkeren Symptomverbesserung verbunden als andere Arten von Cannabis-Produkte.
„Wir konnten die bedeutendste Lücke in der bisherigen medizinischen Literatur füllen. Und die Wirksamkeit, Dosis, Verabreichungswege sowie Nebenwirkungen von häufig verwendeten und im Handel erhältlichen Cannabis-Produkten in den Vereinigten Staaten verstehen“, so der Wissenschaftler Jacob Miguel Vigil.
THC wirkungsvoller als CBD
Durch die Untersuchung von Produkten, die sowohl THC als auch CBD enthielten, konnten die Autoren die Bedeutung dieser Cannabinoide für die Linderung von Symptomen und das Auftreten von Nebenwirkungen analysieren. Eines der auffälligsten Ergebnisse war, dass THC im Vergleich zu CBD eine stärkere Linderung der Symptome zeigte. Der Wirkstoff ging aber auch mit intensiveren positiven wie negativen Nebenwirkungen einher.
„Trotz der gängigen Meinung, sowohl in der Presse als auch häufig in der wissenschaftlichen Gemeinschaft, dass nur CBD medizinischen Nutzen hat, während THC nur einen Rausch erzeugt, legen unsere Ergebnisse nahe, dass THC möglicherweise wichtiger ist als CBD, um therapeutischen Nutzen zu erzielen. Unserer Studie weist darauf hin, dass CBD nur wenig Effekt hat, während THC messbare Verbesserungen bei der Linderung von Symptomen bewirkt“, erklärt Vigil.
Erfahrungsevidenz besonders relevant für Cannabispatienten
Sarah See Stith erklärt, wieso gerade bei Cannabis als Medizin die Erfahrungsberichte von Patientinnen und Patienten wertvoll sind:
“Ein umfassenderes Verständnis der Beziehung zwischen Produktmerkmalen und Patientenergebnissen ist angesichts der fehlenden medizinischen Anleitung für medizinische Cannabispatienten besonders wichtig. Die meisten erhalten nur eine Überweisung zur Behandlung mit Cannabis, wobei alle anderen Behandlungsempfehlungen von früheren Freizeiterfahrungen, dem Internet, sozialen Kontakten und / oder oft nur minimal geschultem Personal stammen. Dies unterscheidet sich sehr davon, wie Patienten mit herkömmlichen Arzneimitteln behandelt werden, die klare Dosierungsanweisungen und ein standardisiertes, einheitliches Produkt enthalten.“
Die Autoren der Cannabis-Studie weisen darauf hin, dass Cannabis das Risiko einer Abhängigkeit und kurzzeitiger Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen birgt. Darüber hinaus ist es möglicherweise nicht für jeden wirksam.
„Ich habe jedoch gesehen, dass viele Menschen es als ein primäres Medikament gegen ein breites Spektrum von Erkrankungen einsetzten, als Teil ihres übergeordneten Wunsches, mehr Kontrolle über ihre medizinische Behandlung zu erhalten“, erklärt Vigil.
Cannabis gewinnt rasch an Popularität als Analgetikum (Schmerzmittel) und als vielversprechender Ersatz für verschreibungspflichtige Opioide und andere Medikamente. Diese können unerwünschte Nebenwirkungen, gefährliche Wechselwirkungen oder sogar ein Todesrisiko mit sich bringen.
Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.