Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) ist die Hauptverbindung in Cannabis. Dabei beeinflusst die Länge der Seitenalkylkette die biologische Aktivität dieses Cannabinoids. Insbesondere haben synthetische Analoga von THC mit einer längeren Seitenkette Cannabimimetikaigenschaften gezeigt, die weit über denen von THC selbst liegen.
(Cannabimimetika sind cannabinoid-ähnliche Substanzen, die verschiedene Pflanzen produzieren. Mehr dazu in diesem Artikel „Phytocannabinoide und ihr therapeutisches Potenzial“.)
Bei dem Versuch, das Phytocannabinoidprofil zu definieren, das eine medizinische Cannabissorte kennzeichnet, haben italienische Forscher ein neues Phytocannabinoid mit der gleichen Struktur von THC, jedoch mit einer siebenfachen Alkylseitenkette identifiziert, nämlich das Delta-9-Tetrahydrocannabiphorol (THCP).
Allgemeines zu Cannabinoiden
Die Besonderheit von Cannabis ist die Fähigkeit, eine Klasse von organischen Molekülen zu produzieren, die als Phytocannabinoide bezeichnet werden und aus einer enzymatischen Reaktion zwischen einer Resorcin- und einer Isoprenoidgruppe stammen. Die Modularität dieser beiden Teile ist der Schlüssel für die extreme Variabilität des resultierenden Produkts, die zu fast 150 verschiedenen bekannten Phytocannabinoiden geführt hat.
Die Vorläufer für die am häufigsten natürlich vorkommenden Phytocannabinoide sind Olivetolsäure und Geranylpyrophosphat, die an einer Kondensationsreaktion teilnehmen, die zur Bildung von Cannabigerolsäure (CBGA) führt. CBGA kann dann durch Einwirkung eines bestimmten Cyclaseenzyms in Tetrahydrocannabinolsäure (THCA) oder Cannabidiolsäure (CBDA) oder Cannabichromeninsäure (CBCA) umgewandelt werden.
Alle Phytocannabinoide werden in carboxylierter Form biosynthetisiert, die durch Hitze in die entsprechende decarboxylierte (oder neutrale) Form umgewandelt werden kann. Die bekanntesten neutralen Cannabinoide sind zweifellos Delta-9-Tetrahydrocannabinol (9-THC) und Cannabidiol (CBD). Während THC für die berauschende Wirkung bekannt ist, kann CBD unter anderem entzündungshemmend und krampflösend wirken.
Alle diese Cannabinoide zeichnen sich durch das Vorhandensein einer Alkylseitenkette am Resorcinylrest aus fünf Kohlenstoffatomen aus. Es sind jedoch auch andere Phytocannabinoide mit einer anderen Anzahl von Kohlenstoffatomen an der Seitenkette bekannt. Diese heißen Varinoide (mit drei Kohlenstoffatomen). Hierzu gehören zum Beispiel Cannabidivarin (CBDV), Δ9-Tetrahydrocannabivarin (Δ9-THCV) sowie Orcinoide (mit einem Kohlenstoffatom).
Identifizierung des Cannabinoids THCP
Die Forscher isolierten und charakterisierten die natürliche Verbindung THCP im Rahmen ihrer Untersuchung. Zudem isolierten die Forscher auch das entsprechende Cannabidiol (CBD) -Homolog mit der siebenfachen Seitenalkylkette (CBDP). Weiter stellten sie fest, dass die Bindungsaktivität von THCP gegen den menschlichen CB1-Rezeptor in vitro war ähnlich der von dem synthetischem Cannabinoid CP55940, einem potenten vollständigen CB1-Agonisten.
In verschiedenen Labortests konnten die Forscher zeigen, dass THCP vermutlich eine ähnliche Wirkweise wie THC besitzt. So schlussfolgerten die Forscher, dass das neue Cannabinoid für die pharmakologischen Eigenschaften einiger Cannabissorten mitverantwortlich sein könnte. THCP scheint sogar eine noch höhere Bindungsaffinität für den CB1-Rezeptor und eine größere cannabimimetische Aktivität als THC selbst aufzuweisen.