THCV: Was ist das?
Die Cannabispflanze enthält über 100 unterschiedliche Cannabinoide (Phytocannabinoide), wie die bekannten Cannabinoide Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Auch THCV (Tetrahydrocannabivarin) ist ein Cannabinoid aus der Cannabispflanze, das sich jedoch in seiner Wirkung zum THC unterscheidet.
Die meisten Cannabinoide, wie auch THC und CBD, produziert die Cannabis-Pflanze durch den Vorläufer Cannabigerolsäure (CBGA). Diese wird wiederum aus Geranylpyrophosphat und Olivetolsäure gebildet.
Bei der Bildung des THCV agiert der Stoff Geranylpyrophosphat jedoch mit der Divarinolsäure. Diese Substanz hat zwar Ähnlichkeiten mit der Olivetolsäure, besitzt aber zwei Kohlenstoffatome weniger. Aus der Verbindung von Geranylpyrophosphat und Divarinolsäure entsteht dann die Cannabigerovarinsäure (CBGVA). Diese reagiert wiederum mit dem Enzym THCV-Synthase. Dieses unterstützt auch die THC-Produktion. Auf diese Weise entsteht dann Tetrahydrocannabivarin-Carboxylsäure (THCVA). Bei der Erhitzung (Decarboxylierung) wird dann aus THCVA das Cannabinoid THCV.
In welchen Cannabis Sorten ist THCV enthalten?

Alle Cannabissorten enthalten THCV. Einen besonders hohen Gehalt weisen südostasiatische und südafrikanische Sorten auf.
Im Magazin „American Journal of Botany“ wurde im Jahr 2004 eine Studie veröffentlicht. Die Forscher untersuchten verschiedene Cannabis Sorten auf der ganzen Welt, um den Gehalt an Cannabinoiden zu bestimmt. Dabei fanden die Forscher in allen Sorten das Cannabinoid THCV. Die höchste Konzentration wies eine wildwachsende Indica-Sorte in Südostasien und Südafrika auf.
Bei Indoor-Pflanzen, die für den Freizeitkonsum und den medizinischen Zweck angebaut werden, ist der THCV-Gehalt in der Regel niedrig. Als Beispiel sind hier die medizinischen Cannabisblüten „Bedrocan“ (Sensi-Seeds-Sorte Jack Herer) zu nennen, die einen THC-Gehalt von ca. 22 Prozent und einen CBD-Gehalt von weniger als 1 Prozent aufweisen. Einer Analyse zufolge enthalten die Cannabisblüten zwischen 0 und 0,3 Prozent THCV.
Weitere Informationen zu medizinischen Cannabissorten finden Sie in diesem Artikel.
Cannabis-Pflanzen, deren Zweck für den Freizeitkonsum gedacht ist, können je nach Sorte, vor allem, wenn es sich um eine afrikanische Sativa Sorte (z. B. die Sensi-Seeds-Sorten Durban Poison, Doug´s Varin) handelt, einen höheren THCV-Gehalt aufweisen.
Welches medizinisches Potenzial besitzt das Phtyocannabinoid?
Die Cannabinoide aus der Cannabis-Pflanze wie THC und CBD und andere Cannabinoide binden an die Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2 im menschlichen Körper bzw. im Endocannabinoid-System. Dabei kann sich THCV an den CB1- und den CB2-Rezeptor binden. Untersuchungen zufolge das Phytocannabinoid sogar einen agonistischen (aktivierend) oder aber einen antagonistischen (blockierend) Effekt auf den CB1-Rezeptor haben. In einer höheren Konzentration scheint das Cannabinoid ähnlich wie THC eine agonistische Wirkung aufzuweisen.
Das Cannabinoid könnte also durchaus eine psychoaktive Wirkung besitzen. So soll es im Vergleich zum THC einen energetischen und aktivierendem Rausch („High“) auslösen. Aufgrund dessen, dass das Phytocannabinoid psychoaktiv wirken und einen Rausch auslösen kann, müsste es theoretisch auch unter das Betäubungsmittelgesetz fallen.
Medizinische Anwendung bei Diabetes
Wissenschaftler der University of Buckingham in Großbritannien untersuchten die Wirkung von THCV bei diätischen, adipösen Mäusen. Im Ergebnis heißt es, dass das Cannabinoid keinen signifikanten Einfluss auf die Nahrungsaufnahme, Appetit oder die Gewichtszunahme hatte. Jedoch kam es zu einem vorübergehenden Anstieg des Energieverbrauchs.
Darüber hinaus senkte die Gabe des Phytocannabinoids dosisabhängig die Glukoseintoleranz bei den Mäusen mit Diabetes und verbessert die Glukosetoleranz sowie die Insulinsensitivität. Am Ende führten die Forscher aus, dass Tetrahydrocannabivarin eine neue potenzielle Behandlung gegen mit Adipositas assoziierte Glucose-Intoleranz sein könnte.
Therapeutisches Potenzial bei Fettleibigkeit
Wissenschaftler der University of Reading in Großbritannien führten im Rahmen ihrer Studie aus, dass Störungen in der Regulierung von Belohnung, Appetit und Abneigung im Gehirn zu Fettleibigkeit und Essstörungen führen kann.
Das Medikament Rimonabant gegen Fettleibigkeit, das aufgrund starker Nebenwirkungen vom Markt genommen wurde, verringerte die neuronalen Belohnungsreaktionen.
Weiter heißt es, dass Rimonabant im Vergleich zu THCV ein neutraler CB1-Rezeptor-Antagonist sei und daher unterschiedliche Modulationen des neuralen Belohnungssystems hervorrufen könnte.
Deshalb stellten die Wissenschaftler die Hypothese auf, dass das Phytocannabinoid im Gegensatz zu Rimonabant intakte neuronale Belohnungsreaktionen hinterlässt, aber die aversiven Reaktionen verstärkt.
Durchführung der Studie
20 gesunde Probanden erhielten zweimal in zufälliger Reihenfolge eine Einzeldosis Tetrahydrocannabivarin (verwendet wurden 10 mg) und ein Placebo. Die Wissenschaftler haben die neuronale Reaktion auf Belohnungen (Anblick und/oder Geschmack von Schokolade) und aversive Reize (Bild von schimmeligen Erdbeeren und/oder einen weniger angenehmen Erdbeergeschmack) mit funktioneller Magnetresonanztomographie gemessen. Die Probanden bewerteten den Geschmack, die Intensität und das Verlangen nach jedem Reiz.
Ergebnisse der Untersuchung
Die Wissenschaftler stellten fest, dass es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen bei den subjektiven Bewertungen gab. Das Phytocannabinoid erhöhte jedoch die Reaktionen auf Schokoladenstimuli in verschiedenen Gehirnbereichen.
Die Ergebnisse sind die ersten, die zeigen, dass die Behandlung mit dem CB1-neutralen Antagonisten THCV die neuronale Reaktion auf belohnende und aversive Stimuli erhöht. Dieses Effektprofil deutet auf eine therapeutische Aktivität bei Fettleibigkeit hin, möglicherweise mit einem geringeren Risiko für depressive Nebenwirkungen.
Medizinische Anwendung bei Epilepsie
Wissenschaftler der britischen University of Reading untersuchten ebenfalls die Wirkung von Tetrahydrocannabivarin an Laborratten, allerdings auf krampflösende Eigenschaften hin. Im Ergebnis heißt es, dass das Phytocannabinoid ähnlich wirken konnte wie CBD und die Häufigkeit von Epilepsie Anfällen verringern konnte. Weiter heißt es, dass die Ergebnisse eine mögliche therapeutische Anwendung bei der Behandlung von pathophysiologischen Übererregbarkeitszuständen nahelegen.
Antipsychotisches Wirkungsspektrum
Britische Wissenschaftler der University of Aberdeen wollten im Rahmen ihrer Untersuchung feststellen, ob THCV die Aktivierung von 5-HT1A-Rezeptoren in vitro steigern und damit antipsychotisch wirken kann. Die Ergebnisse legen nahe, dass das Phytocannabinoid die 5-HT1A-Rezeptoraktivierung verbessern kann und dass einige seiner offensichtlichen antipsychotischen Wirkungen von dieser Verbesserung abhängen können. So könnte das Phytocannabinoid medizinisches Potenzial haben, um einige der negativen, kognitiven und positiven Symptome der Schizophrenie zu lindern.
FAZIT
Das psychoaktive Phytocannabinoid THCV scheint medizinisch wertvolle Eigenschaften zu besitzen. Trotz dieser interessanten Studien ist die Forschung in Bezug auf das Phytocannabinoid noch nicht weit fortgeschritten. Dennoch zeigen die Studien aus den letzten Jahren, dass es durchaus medizinisches Potenzial besitzen könnte. Grundsätzlich ist es positiv zu bewerten, dass immer wieder neue Cannabinoide und ihre Wirkung intensiv erforscht werden, sodass sie vielleicht eines Tages in der Medizin Anwendung finden können.
Quellen: