StartseiteAlle ArtikelRatgeberKrebsWelt Krebs Tag: Medizinischer Einsatz von Cannabis in der Krebstherapie

Welt Krebs Tag: Medizinischer Einsatz von Cannabis in der Krebstherapie

Uta Melle Gand Mal Epilepsie Überleben Autor:
Uta Melle

Am 4. Februar ist Welt Krebs Tag - ein Anlass für die Patientenbeauftragte von Leafly.de, Uta Melle, eine Übersicht über die gängigen Krebstherapien sowie die medizinischen Einsatzmöglichkeiten von Cannabis in der Krebstherapie zu geben. Dabei wird klar: Cannabis ist vielseitig verwendbar und kann die Therapien enorm erleichtern und unterstützen. Ein Nachweis, dass Cannabis Krebs heilen kann, wurde trotz intensiver Forschung bisher jedoch nicht erbracht.

Welt Krebs Tag: Medizinischer Einsatz von Cannabis in der Krebstherapie

Ich bin eine Krebs Überlebende, eine Brustkrebsüberlebende. Eine Amazone. Neben den traditionellen Therapien hat mir dabei auch Cannabis geholfen, dass ich mir in Eigenregie organisieren musste. Denn zu meiner Zeit gab es Cannabis als Medizin noch nicht auf Rezept.

Es fing im April 2009 an. Da spürte ich einen Knoten in meiner linken Brust. Schnell bestätigte sich meine Ahnung, dass es sich um einen bösartigen Tumor handelte. Da meine Mutter Brustkrebserkrankungen in der linken und später in der rechten Brust hatte und zu der Zeit auch noch im Sterben lag, entschied ich mich sofort für die beidseitige Mastektomie.

Da der Krebs schon gestreut hatte, ließ ich auch eine Chemotherapie durchführen. Die Nebenwirkungen waren grauenhaft. Ich musste ganz neue Schmerzerfahrungen machen. Klar war auch: Ich wollte nicht noch mehr Chemie auf die bereits Vorhandene draufpacken. So suchte ich nach anderen Mitteln, um meine Schmerzen und meine Appetitlosigkeit in den Griff zu bekommen.

Cannabis half mir, wieder hungrig zu werden – denn man benötigt Substanz, um die Chemo zu überstehen. Es half mir, die Schmerzen zu überwinden und es half mir dabei, die Situation ein wenig entspannter zu sehen. Inzwischen geht es mir sehr gut.

Geschichte wie meine gibt es Unzählige. Brustkrebs gehört zu den weit verbreitenden Krebsarten. Doch was genau ist Krebs eigentlich, woher kommt er und welche Rolle spielt Cannabis als Medizin?

Krebs und die Ursachen

Mein Name für Krebs ist „kriegerisches Eroberungsvolk“. Krebszellen können sich unkontrolliert teilen und in andere Gewebe eindringen. Es gibt etliche Krebsarten, nur wenige davon – circa 100 – sind charakterisiert.

Die Hauptkategorien sind Karzinome, Sarkome, Leukämie, Myelome und Krebsarten des zentralen Nervensystems.

Die Ursachen sind sehr vielfältig und liegen meist in einer Kombination aus vielen Umständen. Rauchen, Ernährung, Umweltgifte, Hormone und genetische Mutationen oder Veranlagungen spielen hier eine Rolle.

So erkranken Raucher achtmal häufiger an Lungenkrebs als Nichtraucher. Auch in Gegenden mit höherer Umweltbelastung ist das Risiko an Lungenkrebs zu sterben höher.

Beim Brustkrebs gibt es mehrere Gene, in denen Mutationen die Wahrscheinlichkeit für die Erkrankung erhöhen. Die Forschung geht jedem Hinweis nach den Ursachen sehr intensiv nach.

Gängige Therapiemöglichkeiten bei Krebs

Chemotherapie

Neben der operativen Entfernung des Tumors ist die Chemotherapie am wirkungsvollsten gegen die meisten Krebserkrankungen. Die Wirkstoffe werden ständig überarbeitet und die Dosierungen angepasst. Meist werden die Infusionen über einen permanenten Zugang (Port) gegeben. Dies vermindert das Infektionsrisiko. Die Chemotherapie greift die Krebszellen an und wirken wachstumshemmend auf sie. Diese Therapie ist für die Betroffenen belastend. Die Nebenwirkungen sind Haarausfall, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen, Schlaflosigkeit und vieles mehr.

Bestrahlung

Ebenfalls ein wichtiger Baustein der Krebstherapie ist die Bestrahlung. Hier wird der Tumor lokal mit ionisierender Strahlung oder Teilchenstrahlung behandelt. Die Dosis und Intensität ist ganz von der genauen Diagnose abhängig. Zu den Nebenwirkungen gehören hier Verbrennungen, Übelkeit, Erbrechen, Schleimhautentzündungen, Appetitlosigkeit und bei Hirnbestrahlung auch Haarverlust.

Stammzellen- oder Knochenmarktransplantation

Bei Leukämien oder Lymphomen ist die Knochenmark- oder Stammzelltransplantation oft die einzige Chance zur Heilung. Im Prinzip versucht man, die körpereigenen, kranken Stammzellen, welche eine krebsauslösende Mutation tragen, im ersten Schritt alle abzutöten und, im zweiten Schritt, durch gesunde Stammzellen eines Spenders zu ersetzen. Das Hauptrisiko in dieser Behandlungsform liegt darin, dass die neuen Zellen vom Körper abgestossen werden könnten. Bei Gelingen ist der Betroffene aber geheilt.

Hyperthermie

Die Hyperthermiebehandlung kann die Chemotherapie dadurch unterstützen, dass der Körper für eine Stunde auf 43 bis 44 Grad erhitzt wird. Krebszellen sind für Hitze anfälliger und Tumore werden besser durchblutet, so dass die Mittel besser eindringen können. Nur in Ausnahmefällen kann es hier zu leichten Verbrennungen kommen.

Krebsimmuntherapie

In der Krebsimmuntherapie sehen viele Wissenschaftler eine Hoffnung für die Zukunft. Diese Therapieform aktiviert die Abwehrkräfte des Körpers, damit das Immunsystem selbst die Tumorzellen angreifen kann. Hierzu gehören die Checkpoint-Hemmer, die helfen, dass getarnte Krebszellen entdeckt werden und diese zerstören.

Impfung

Auch die Impfung gegen Krebs, bei denen Krebszellen von Patienten im Labor verändert und ihnen erneut verabreicht werden, ist eine Therapieform. Hier besteht jedoch das Risiko, dass der Körper die Therapieform nicht annimmt.

Um das Risiko einer Ansteckung mit durch HP-Viren zu verringern, die Gebärmutterhalskrebs hervorrufen können, wird von der Ständigen Impfkommission empfohlen, Mädchen im Alter zwischen 9 und 14 Jahren gegen HPV impfen zu lassen.

Die Ansteckung mit HPV erfolgt beim Geschlechtsverkehr – im Laufe des Lebens steckt sich fast jeder sexuell aktive Mensch ein- oder mehrmals mit den Viren an. In den meisten Fällen heilt eine Infektion folgenlos aus. https://www.frauenaerzte-im-netz.de/de_humane-papillom-viren-hpv–impfung-gegen-krebs_919.html

In einigen Fällen bleibt eine Infektion aber bestehen und führt nach vielen Jahren zur Entstehung von Krebsvorstufen und – werden diese nicht rechtzeitig erkannt – zum Krebs.

Da auch seltene Krebsarten von HPV ausgelöst werden können (z.B. Analkarzinome, Kopf-Hals-Tumore) und Jungen oder Männer ebenfalls als Überträger des Virus fungieren, wird diskutiert, die Impfung auch für Jungen zu empfehlen. Derzeit können auch Jungen auf Wunsch der Eltern geimpft werden, die Krankenkassen übernehmen die Kosten aber meistens nicht.

Evidenzlage zum Einsatz von Cannabis als Medizin in der Krebstherapie

Studien zum medizinischen Einsatz von Cannabis innerhalb der Krebstherapie wurden bisher entweder mit Krebszellen im Labor, oder durch Tierversuche durchgeführt. Nachgewiesen ist, dass Cannabinoide bei Labortieren zu den wirksamen Substanzen gehören, die bei einigen Krebsarten Wirkungen auf Krebszellen haben.

So bewirkten Cannabis-Substanzen unter bestimmten Voraussetzungen beispielsweise das Absterben und die Ausbreitung von Krebszellen (Metastasierung), verlangsamten das Tumorwachstum oder hemmten die Blutversorgung von Tumoren.

Von Zell- oder Tiermodellen bis zur Möglichkeit der Anwendung beim Menschen ist es jedoch noch ein weiter Weg. Auch der Vergleich der Wirksamkeit von Cannabis und der anderer Therapien steht noch aus.

Bisher gab es lediglich eine klinische Studie, bei der neun Patienten mit fortgeschrittenem aggressivem Hirntumor, die auf keine Standardtherapie nicht angesprochen hatten mit hoch dosiertem THC behandelt wurden. Das THC wurde mit einem Katheter direkt ins Hirn geleitet. Echte Ergebnisse konnte diese Studie leider nicht liefern, doch leichte Verringerungen der Wachstumsrate konnten beobachtet werden. Somit ermutigen diese Ergebnisse, weitere Studien durchzuführen.

Cannabis und Chemotherapie in Kombination bei Leukämie

Eine stärkere Wirkung der Chemotherapie durch Cannabis bei Leukämie konnten Forscher der Londoner Saint George’s University nachweisen.Unterschiedliche cannabinoide Wirkstoffe, wie CBD und THC wurden einzeln, zusammen oder in unterschiedlichen Reihenfolgen in Kombination mit der herkömmlichen Chemotherapie eingesetzt. Teilweise wurde die krebsheilende Wirkung verstärkt und die Chemotherapie konnte entsprechend verkürzt werden. In den Versuchen wurde mit hoch konzentrierten Wirkstoffen gearbeitet. Es wird an weiteren Tests gearbeitet.

Cannabis bei Hautkrebs

Eine Studie der Newcastle University aus dem Jahr 2015 lässt den Schluss zu, dass Cannabinoide die Aktivierung der Autophagie (Entgiftung und Selbstreinigung der Zellen) und der Apoptose (Zell-Suizid) unterstützen.

Bei einer Studie aus Bonn aus demselben Jahr untersuchten Forscher die Wirkung von Cannabinoiden auf den Hautkrebs bei Mäusen. Die Forscher stellten fest, dass THC das Tumorwachstum hier hemmen konnte. Diese Studien können allerdings lediglich als Hinweise gesehen werden. Weitere Forschungen laufen derzeit auf Hochtouren.

Cannabis als Unterstützung bei Nebenwirkungen der Krebstherapien

Nachgewiesen und anerkannt ist die Wirksamkeit beim medizinischen Einsatz von Cannabis bei Schmerzen, Appetitlosigkeit und Angstzuständen. Da es sich bei diesen Beschwerden um Nebenwirkungen der üblichen Krebstherapien handelt, ist der medizinische Einsatz von Cannabis in der Krebstherapie zu empfehlen.

Bei vielen Patienten wirkt Cannabis gegen die breite Palette der Schmerzarten, die einen in der Chemotherapie treffen kann. In der Chemotherapie ist sehr wichtig, dass man dem Gift etwas entgegensetzen kann: ein Körper muss gefüttert werden, um stark zu sein.

Fatalerweise jedoch ist eine typische Nebenwirkung der Chemotherapie die Appetitlosigkeit. Gerade hier profitieren viele Patienten von der appetit steigernden Wirkung von Cannabis.
Während und nach der Chemotherapie fallen viele Patienten in depressive Stimmungen, oft kommt es zu einer Fatigue. Die stimmungsaufhellende Wirkung von Cannabis kann vielen Menschen hier weiterhelfen.

Nebenwirkungen von Cannabis

Die Nebenwirkungen von Cannabis sind im Vergleich zu chemischen Präparaten gering. Cannabis hat keine bekannten schädlichen Auswirkungen auf die Organe. Die einzige Ausnahme ist das Rauchen von Cannabis, denn dies schädigt die Lungen.

Die bekannten Nebenwirkungen von medizinischem Cannabis können Schwindel, Übelkeit, Müdigkeit, Herzrasen, Bluthochdruck, Mundtrockenheit, Kopfschmerzen oder Angstzustände sein. Wie bei allen anderen Medikamenten gibt es auch Patienten, keine denen Cannabis keine Wirkung erzielt.

Mein Überleben und die Erfahrungen mit der Chemotherapie

Wie eingangs erwähnt, ließ ich mich auf eine Chemotherapie ein. Mit den üblichen Folgen. Die erste Nebenwirkung, mit der ich zu kämpfen hatte, war die Appetitlosigkeit. Dies machte mir große Sorgen, denn ich bin sehr dünn. Mir fehlte die Kraft für die Chemotherapie.

Gegen Appetitlosigkeit gab es Tropfen, doch diese sind auch Chemie und ich durfte sie aufgrund von Wechselwirkungen zu meinem Antiepileptikum, welches ich täglich gegen meine Epilepsie nehmen muss, nicht einnehmen. Ein Cannabistee half mir. Ich konnte wieder essen.

Die nächsten Nebenwirkungen waren Schmerzen – vom Kopf bis in die Füße. Verschrieben wurde mir Iboprofen 800, 3-mal am Tag. Da ich Probleme mit den Nieren habe, ist Ibuprofen nicht wirklich das Mittel meiner Wahl. Auch hier entdeckte ich, dass ein Cannabistee die Schmerzmittel ersetzen konnte.

Nebenwirkungen bei der Einnahme des Cannabistees stellte ich zu keiner Zeit fest. Es blieb nichts außer einer wohligen Wärme und einem leichten Lächeln, welches nicht mehr aus meinem Gesicht verschwinden wollte.

Erkenntnisse aus den Leafly.de Patientenakten

Als Patientenbeauftragte bei Leafly.de habe bereits mit vielen Krebspatienten gesprochen, die Cannabis in ihren Therapien mit eingesetzt haben. Ihre Geschichten erzähle ich in den Leafly.de Patientenakten.

Was fast alle gemeinsam haben: Cannabis setzten sie nur in der Zeit der Chemotherapie ein und waren über die immense Wirkung erstaunt.

Bei Susanna war Cannabis das erste Mittel, das nach einem Jahr Suche gegen die Appetitlosigkeit half. Sie konnte dank dessen die künstliche Ernährung einstellen und nach einigen Monaten im Rollstuhl wieder laufen.

Vanessa half ein Cannabispräparat gegen Polyneuropathie, einer Nachwirkung der Chemotherapie. Yvonne  hilft es gegen Schmerzen und “das Kopfkino”. Johanna profitiert auch von der Angst- und Schmerzminimierenden Wirkung.

Auch Erik fühlt sich von den Bedrocan-Blüten sehr unterstützt.

Cannabis als Medizin ist ein Segen, aber kein Wundermittel

Viele tolle Eigenschaften verstecken sich in der Cannabispflanze. Viele Möglichkeiten wird die Forschung noch ans Licht bringen. Warnen möchte ich jedoch vor einer Überschätzung von THC und CBD.

Auch wenn es Menschen gibt, die sagen sie hätten mit ihrem Cannabis schon Hunderttausende gerettet – es gibt keine Nachweise dafür. Diese “Hunderttausende” Menschen – sollte es sie denn geben – treten nicht in Erscheinung. Fälle, die man hinterfragt, stellen sich häufig als falsch raus.

Ich habe mitbekommen, wie eine Frau ihren Brustkrebs mit einem bestimmten Cannabis-Öl behandelt hat: sie starb sehr schnell. Eine klassische Behandlung von Brustkrebs dagegen, hat derzeit eine Aussicht auf Heilung von ca. 85%.

Die Diagnose Krebs bedeutet nicht nur, dass man um sein Leben kämpfen muss. Die meisten Patienten müssen ihr Leben neu ordnen, da die Heilung lang dauert und meist Wunden hinterlässt. Bei mir war das nicht anders.

Man gewinnt Schwächen und es ist schwer aufzustehen, sich umzudrehen und einen neuen Horizont zu suchen. Doch es ist möglich, neue Stärken zu finden. Wenn ich das kann, dann schaffen Sie das auch!

Ich wünsche jedem und jeder Betroffen von Herzen alles erdenklich Liebe.
Viel Kraft, Gesundheit und noch viele viele Jahre.

Lesen Sie in diesem Beitrag mehr über Krebs und Medizinal-Cannabis.

Hinweis: In diesem Artikel berichten wir über rezeptpflichtiges CBD oder auch Cannabidiol. Dieser Artikel macht zur möglichen Zweckbestimmung keinerlei Vorschlag. Nutzversprechen bleiben den Apothekern überlassen.

Quellen:

Ähnliche Artikel